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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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einen Kinderspielplatz zu. Das war seine übliche Abkürzung. Sie war polizeiwidrig, sparte ihm aber den Umweg durch zwei Nebenstraßen.
    Als er die Mitte des Platzes erreicht hatte, passierte es.
    Wie aus dem Boden gewachsen, stand plötzlich ein rundes Dutzend Maximilianschüler vor ihm. Hinter den Büschen, den Kinderrutschbahnen und Schaukeln versteckt, mußten sie ihn erwartet haben.
    »Ich würde keine Dummheiten machen«, sagte Ulli Buchholz. Er hatte die Hände in den Taschen seiner Lederjacke und die
    Beine gespreizt. Zwei andere Jungen hielten Karlchens Lenkstange in ihren Fäusten.
    »Sagt mal, habt ihr nicht alle Tassen im Schrank?« fragte der Junge mit dem Bürstenhaarschnitt und guckte die Maxen der Reihe nach feindselig an. Schließlich hatte er nur noch ihren Anführer im Blick.
    »Soll ich dir sagen, wo’s langgeht, ja?« fragte Ulli Buchholz.
    »Ich bin gespannt«, erwiderte Karlchen Kubatz. Wenn er Bammel hatte, ließ er sich das jedenfalls nicht anmerken. »Aber zuerst will ich klarstellen, daß wir uns nicht im Kriegszustand befinden. Dies ist, gelinde gesagt, eine Freiheitsberaubung und grenzt an Völkerrechtsbruch. Hab’ ich mich klar genug ausgedrückt, ihr Pfeifenheinis?«
    »Schnauze«, sagte Ulli Buchholz nur. Erst nach einer langen Pause fügte er hinzu: »Und jetzt kletterst du gefälligst von deinem Drahtesel und kommst hierher zu mir.«
    »Ich denke nicht daran«, antwortete Karlchen und verschränkte herausfordernd die Arme vor der Brust.
    »Dann wird Gewalt leider nicht zu vermeiden sein.«
    »Hau dir doch selber in die Fresse«, schlug der kleine Kubatz vor. »Ich hab’ keine Lust, mich mit euch zu prügeln. Das wär’ bei eurer Überlegenheit sowieso hirnrissig und aussichtslos. Ihr haltet mich wohl für blöd?« Karlchen betrachtete sich die Maxen wieder einer nach dem anderen. Und dabei entdeckte er hinter ihnen den Rollschuh-Honeyboy mit dem San-Francisco-Hemd. Der Sommersprossige hatte sich im Gebüsch versteckt. Seinen Kopfhörer hatte er abgenommen und um den Hals geklemmt. Gerade holte er eine Brille aus der Tasche. Ihre Gläser waren so dick wie der Boden einer Flasche und vergrößerten seine Augen fast ein wenig unheimlich. Vermutlich war der Bursche kurzsichtig und wollte sich jetzt von dem Rabatz nicht die kleinste Kleinigkeit entgehen lassen. Aha, dachte Karlchen Kubatz, diese lausige Kanaille ist also doch...
    An dieser Stelle unterbrachen die Maxen Karlchens Gedanken, und der Sommersprossige, der seinen Blick gespürt hatte, tauchte schleunigst hinter einen Rhododendronbusch.
    »Ich mach’ keinen Finger krumm«, stellte Karlchen abschließend fest.
    »Er kneift«, flötete einer der Maximilianschüler und spuckte aus.
    »Feigling«, rief ein anderer Junge mit einem Pflaster auf der Stirn.
    »Das hier ist ein freies Land«, erklärte Karlchen, »auch Feiglinge haben ihre Rechte.«
    Die Maxen brüllten vor Lachen. Dann fielen sie über den kleinen Kubatz her, rissen ihn von seinem Fahrrad, und ein kräftiger Bursche mit viel zu großen Händen packte ihn wie einen Hasen am Genick, schlang dann seine Arme um ihn und drückte ihn in den Schwitzkasten. Der Kerl hatte ein unschuldiges Babygesicht. Aber er war bärenstark und paßte bei seiner Länge und Breite bestimmt nur zur Hälfte in eine Schulbank.
    »Laß mich los, du Stier«, knurrte Karlchen.
    Im selben Augenblick bekam er zuerst einen Schlag gegen das linke Schienbein und dann gegen das rechte. Es gab ein mittel-prächtiges Handgemenge, und der größte Teil der Maxen beteiligte sich daran.
    Im Grunde war die ganze Keilerei nur ein fauler Trick. Die halbherzigen Tritte und Schläge sollten Karlchen Kubatz nur ablenken.
    Denn während er abwechselnd stöhnte und dann wieder fluchte, sich wie eine Schlange aus dem Schwitzkastengriff zu winden versuchte und dabei mit den Füßen um sich keilte, angelte ihm Ulli Buchholz mit langen Fingern und ganz vorsichtig seinen Fotoapparat aus der Hosentasche. Er nahm blitzschnell den eingelegten Film heraus, nachdem er ihn zuvor fachkundig transportiert hatte. Inzwischen spielten die übrigen Maxen ihr Theater weiter. Dabei paßten sie auf, daß ihr Opfer den Chef bei der Rauferei immer im Rücken hatte, während sie selbst immer wieder zu Ulli Buchholz hinüberlinsten. Als er die geleerte Kamera wieder in Karlchens Hosentasche zurückmanipulierte, mußte der Junge zur neuerlichen Ablenkung noch einmal ein paar kräftigere Fußtritte und Kniestöße einstecken. Dann rief

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