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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Kabinenfenster. »Aber Sie wissen ja, Befehl ist Befehl.«
    »Mit diesen drei dünnen Worten ist überall in der Welt schon eine Menge Unsinn entschuldigt worden«, schrie Hugo Stielicke zurück. Er hatte inzwischen ein Heft mit Kreuzworträtseln entdeckt. »Australischer Laufvogel mit drei Buchstaben...
    Ist Ihnen der Name Lenin ein Begriff?« fragte er über das Autogeräusch hinweg.
    »Schon mal gehört«, antwortete Sperling. »Aber momentan habe ich keine blasse Ahnung...«
    »Im Ersten Weltkrieg hat man ihn auf eine ähnliche Art durch ganz Deutschland transportiert«, erklärte Stielicke. »Nicht im Wohnwagen, aber in einem abgeriegelten und verplombten Eisenbahnwaggon.«
    »War seine Reise erfolgreich?« wollte der Dicke wissen.
    »Er hat nach seiner Ankunft den Zaren gestürzt und eine nicht ganz unbeträchtliche Revolution gewonnen«, rief Stielicke laut.
    »Dann müßte uns der Bursche also Glück bringen«, triumphierte die Stimme des Dicken. Der Schatten seines Kopfes erschien für einen Augenblick hinter dem Vorhang am Kabinenfenster. »Wir baden sowieso in einer Glückssträhne, da bin ich ganz sicher.«
    Stielicke hörte nicht zu. Er starrte weiter in sein Kreuzworträtselheft. »Emu, dieser australische Laufvogel muß Emu heißen.«
    »Spätestens in einem Monat sind wir gemachte Leute«, tönte der Dicke inzwischen weiter. »Und dann türme ich auf Nimmerwiedersehen nach Spitzbergen.«
    »Was wollen Sie ausgerechnet in Spitzbergen?« fragte Hugo Stielicke. »Da erfrieren Sie sich beim Daumendrehen doch bloß die Fingerspitzen.« Er war gerade dabei, den Sinn von sieben waagerecht herauszubekommen. Die Frage nach dem Sonnengott hatte er bereits mit Ra beantwortet.
    »Ich werde Eisbär-Safaris organisieren!« brüllte Sperling von der Kabine her. »Immer nur mit vier oder fünf steinreiche Touristen. Für etwa zehntausend Mark dürfen sie einen Eisbären schießen und dann sein Fell als Bettvorleger in ihre Schlafzimmer mitnehmen.« Er lachte schallend. »Es gibt genug Idioten, die zuviel Geld haben. Da hat sich doch in der vergangenen Woche irgend so ein Scheich von den Amerikanern einen Fernsehsatelliten gekauft, weil er sich in seinem Palast die Fußballweltmeisterschaften live angucken wollte. Keine Bange, an Kunden für meine Eisbären wird es nicht fehlen...«
    »Gucken Sie geradeaus, Sie Seiltänzer«, rief Hugo Stielicke. »Sie fahren uns noch gegen den nächstbesten Telegraphenmast, wenn Sie nicht aufpassen.«

Leider liegt der Ärmelkanal dazwischen

    Als Karlchen Kubatz und Sputnik angeradelt kamen, waren sie komplett.
    Sogar Fritz Treutlein hatte sich aus dem Salon davongestohlen und wartete mit den anderen am Treffpunkt in der äußersten Ecke des Schulhofs bei den Mülltonnen und den abgestellten Fahrrädern. Für heute vormittag hatte sich bisher lediglich Fleischermeister Karfunkel zum Haareschneiden angemeldet, und der war noch nie vor zehn Uhr aufgekreuzt. Der Friseurlehrling hatte also Zeit.
    »Schon irgendwas Weltumwerfendes passiert?« fragte Sputnik unter seiner Astronautenmütze hervor. Die Kieselsteine knirschten und hüpften wirkungsvoll, als die beiden ihre Räder aus voller Fahrt zum Stehen brachten.
    Bevor die Glorreichen Sieben auf dem Dachboden der Langhansschen Wohnung auseinandergegangen waren, hatten sie sich für heute morgen verabredet, eine Viertelstunde vor Unterrichtsbeginn. Seit Mitternacht mußte man auf Überraschungen aller Art gefaßt sein. Die Maxen waren unberechenbar, und leider waren sie auch nicht auf den Kopf gefallen. Daß sie den Burgfrieden nicht nur so aus heiterem Himmel oder irgendeiner Laune heraus aufgekündigt hatten, darüber gab es inzwischen keinen Zweifel mehr. Der Überfall auf Karlchen Kubatz war eiskalt und langfristig geplant worden. Nachdem es ihnen jetzt gelungen war, den Film aus der Minox zu klauen, waren die Herrschaften übermütig geworden, hatten die Ärmel hochgekrempelt und ließen ihre Muskeln spielen. In ihrer Vermessenheit waren sie gefährlich und zu jeder Unverfrorenheit fähig.
    »Ob schon was passiert ist, hab’ ich mir zu fragen gestattet«, mahnte Sputnik. Er war im Sattel sitzen geblieben, schob jetzt die Mütze aus der Stirn und blickte sich um.
    »Hat der Mensch Töne«, erwiderte Paul Nachtigall. »Die beiden Gentlernen kommen vier geschlagene Minuten zu spät angelatscht, und es ist ihnen piepegal, ob wir uns die Füße in den Bauch stehen oder nicht. Aber Benehmen ist halt Glückssache, das hat meine

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