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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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vernehmen, vollkommen zusammenhanglos und wie aus heiterem Himmel. »Bin da einem superheißen Ding auf der Spur, und wenn es funktioniert, dann kippt ihr unter Garantie glatt vom Stuhl.«
    »He, soll das eine Dauereinrichtung werden, daß wir deinetwegen vom Stuhl kippen«, protestierte Hans Pigge. »Mit deinem geklauten Film ist unser Bedarf vorerst gedeckt, besten Dank.«
    »Abwarten und Tee trinken«, erwiderte Karlchen. »Ich bitte um Entschuldigung, wie gesagt.« Er schloß sein Fahrrad an einen der Metallständer und schwirrte los.
    Im Schulgebäude drängelte er sich durch die Schüler, die zu ihren Klassenzimmern unterwegs waren, durch den Korridor im
    Erdgeschoß. Die Tür zum Vorzimmer des Schuldirektors stand offen.
    »Einen wunderschönen guten Morgen, Fräulein Kowalski!«
    »Oh, die Bad Rittershuder Nachrichten persönlich«, witzelte die Sekretärin. Sie hatte gerade die Plastikschutzhülle von ihrer Schreibmaschine genommen. »Was kann ich für dich tun, mein Sohn?«
    »Ich muß dringend Ihren Chef sprechen«, antwortete Karlchen treuherzig und lächelte ein wenig. »Steht er schon zur Verfügung?«
    »Nein, das tut er noch nicht«, entgegnete Fräulein Kowalski. »Aber selbst wenn er in seinem Büro wäre, ließe er sich von dir nicht am frühen Morgen überfallen. Der Weg zu ihm dürfte dir nicht unbekannt sein?«
    »Schriftlicher Antrag, ich weiß«, räumte Karlchen ein. »Eines Tages werden wir alle noch in Bürokratie ersaufen. Könnte ich vielleicht was zum Schreiben haben?«
    Als es klingelte, hatte der Junge mit dem kurzen Bürstenhaarschnitt seine Bitte um ein Gespräch mit dem Schuldirektor zu Papier gebracht.
    »Besten Dank«, sagte er, als er bereits wieder in der offenen Tür zum Korridor stand. »Und vielleicht schreiben Sie noch mit Rotstift drauf, daß die Angelegenheit eilig ist.«
    »Wird gemacht«, versprach Fräulein Kowalski und fügte hinzu: »Da soll noch einer behaupten, daß wir unsere Schüler nicht in Watte packen.«
    »Soweit es Ihre geschätzte Person betrifft, stimmt das«, erwiderte der Sohn des Chefredakteurs der Bad Rittershuder Nachrichten charmant. »Der Lehrkörper allerdings läßt noch einige Wünsche offen.«
    Beim zweiten Läuten wanderte der lärm aus den Gängen und dem Treppenhaus in die Klassenzimmer, ohne sich stark zu dämpfen. Es würde ja noch einmal klingeln, und dann erst hatten die Lehrer ihren Auftritt.
    Als Karlchen Kubatz das Stockwerk der 9 b erreicht hatte und dann ganz hinten im Korridor die Tür aufmachte, saßen nur zwei oder drei Schüler auf ihren Stühlen. Die übrigen waren dabei, sich vor dem Unterricht noch Bewegung zu genehmigen. Emil Langhans demonstrierte gerade, daß ein Handstand auch ohne Anlauf möglich ist. Aber da faßte ein Junge in einem karierten Hemd seine Füße und ließ sie nicht mehr los, bis ihm der Zappelnde die Brille vom Ohr kickte. Ein anderer Schüler mit einem kleinen Ring im Ohrläppchen hatte mit Sputnik einen Sparring angefangen. Der dickliche Junge gab unter seiner Astronautenmütze Laute von sich wie ein Boxer und wischte sich fortwährend mit dem Daumen die Nase, streckte plötzlich einen Arm vor und stieß eine Gerade nach dem Gesicht des Gegners. Der Größere wich gutmütig aus und lachte schallend.
    Manuel Kohl war der einzige, der sich an dem Durcheinander nicht beteiligte. Er hatte den Kopf in die Hände gestützt und starrte in den diesigblauen Himmel hinaus.
    Es läutete zum drittenmal.
    Die Klasse beruhigte sich und saß schließlich einigermaßen ruhig auf ihren Stühlen. Als vom Korridor die unverwechselbaren Schritte Dr. Purzers zu hören waren, trat totale Stille ein.
    »Guten Morgen, allerseits«, sagte der Studienrat, der mit dem Aufmachen der Tür einige Schwierigkeiten hatte. Er trug nämlich in der rechten Hand seine prall gefüllte braune Ledermappe und preßte dazu einen Stapel Hefte an den Körper. Er hatte die Klinke mit dem Ellbogen herunterdrücken müssen. Inzwischen war ein Schüler aus der ersten Tischreihe aufgesprungen und machte die Tür hinter ihm wieder zu.
    »Guten Morgen«, erwiderte die Klasse, je nach Laune mit einem angehängten »Herr Doktor« oder »Herr Studienrat.«
    Für die erste Stunde stand bei der 9 b Deutsch auf dem Stundenplan. Das bedeutete, daß man sich heute weiter mit Schillers »Don Carlos« herumschlagen würde, was bei Dr. Purzer zeitweise zu einer Theateraufführung ohne Bühne ausartete. Dabei mußten sich die Schüler als Schauspieler betätigen

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