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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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werden. Wie lange hangt ihr hier schon herum?«
    »Etwa drei Wochen«, räumte Ekke ein. »Aber ganz so schlimm, wie’s auf den ersten Blick aussieht, ist es nun auch wieder nicht. Wir haben uns was einfallen lassen.« Er spuckte seinen Zahnstocher aus. »Unser >Club< da drüben ist einsame Spitze.« Er deutete mit dem Kopf zu einer Ecke im hinteren Teil des Raumes. Sie lag im Halbdunkel und paßte in die kahle Umgebung wie die Paust aufs Auge. Um einen runden Tisch herum, auf dem eine gehäkelte Decke lag, standen ein paar altmodische Plüschsessel, und durch die halboffene Tür konnte man in eine Küche blicken. Es gab einen Fernseher, ein vergammeltes Sofa mit Kissen und sogar ein Bild an der Wand. Es hatte einen Goldrahmen und zeigte eine Gebirgslandschaft im Frühling. An dem Sofa war eines der geschwungenen Holzbeine abgebrochen und durch zwei aufeinandergestapelte Backsteine ersetzt. Eine Stehlampe hatte streichholzlange Quasten am unteren Schirmrand.
    »Wenn hier einer vom >Club< daherredet, dann meint er das da«, fuhr Ekke fort. »So, und jetzt zeigen wir dir deine Luxuskabine. Es wird nämlich langsam Zeit, daß ich eure verdammten Koffer los werde.«
    Die »Luxuskabine« stellte sich als ein quadratischer Raum heraus, mit Waschgelegenheit, Spiegel, Dusche und einem weißemaillierten Metallbett. Zu Stielickes Verwunderung entdeckte er einen Flügel, den man an die Wand geschoben und mit einem Tuch zugedeckt hatte. Nur die schwarzen Beine und die Pedale des Instruments waren zu sehen.
    »Ein waschechter Steinway«, bemerkte Herr Sperling. »Weiß der Himmel, wie das Monstrum aus New York hierhergekommen ist.« Er drehte sich um und zeigte auf aktengroße Hefte, Bücher und Mappen, die ein Regal bis an die Decke füllten. »Das sind die dazugehörigen Noten, komplette Konzert- und Opernpartituren darunter. Der kauzige Besitzer dieses Bunkers muß ein Musiknarr gewesen sein.«
    Hugo Stielicke wusch sich die Hände und hängte das Handtuch wieder sorgfältig an seinen Haken zurück. »Können wir jetzt zur Sache kommen?«
    »Wollen Sie sich nicht zuvor einrichten?« fragte der dicke Sperling. »Sie sollen sich bei uns wie zu Hause fühlen.«
    »Das hat Zeit«, erwiderte der großgewachsene Mann mit den schneeweißen Haaren. »Schließlich habt ihr mich doch nicht in einem Käfig quer durch Deutschland kutschiert, damit ich hier meine Unterhosen und meine Socken auspacke.« Er hatte seine Koffer noch nicht angerührt. »Ehrlich gesagt, ich brenne richtig darauf...«
    »Kann ich verstehen, daß Sie neugierig sind«, unterbrach ihn der Dicke. Er zeigte wieder einmal sein öliges Lächeln. »Kommen Sie also, aber kippen Sie nicht aus den Latschen, wenn Sie eine Überraschung erleben.«
    Sie mußten tiefer in den Gang hinein, durch den sie gekommen waren, vorbei an Türen, die wohl zu den anderen Schlafräumen gehörten. Sie gingen stumm nebeneinander her. Hinter einem Eisenträger schlug der dicke Sperling einen Haken nach links. Ein Summen, das schon beständig in der Luft gelegen hatte, wurde mit jedem Schritt lauter. »Die Stromaggregate«, bemerkte er. »Ohne sie wären wir glatt aufgeschmissen.«
    Die Überraschung, die der dicke Sperling angekündigt hatte, hieß Otto Kroll.
    Die beiden Männer, die sämtliche Falschgelddezernate elektrisierten, wenn ihre Namen auftauchten, waren sich noch nie begegnet. Aber selbstverständlich wußten sie voneinander so gut Bescheid, als wären sie verheiratet.
    Der Raum, den sie betreten halten, lag im Dunkeln. Nur ein Projektionsapparat warf sein begrenztes Licht auf eine Tischfläche ziemlich am anderen Ende. Über diese Lichtfläche gebeugt stand eine Gestalt in Hemdsärmeln. Kroll war älter als Stielicke. Er war auch kleiner und sehr schmal. Dicht neben seinen Füßen in hochglanzpolierten Schuhen lag eine schwarz-weiß gefleckte Dogge. Der Hund nahm seinen Kopf vom Fußboden, fletschte die Zähne und knurrte.
    Der Mann am Projektionsapparat wandte sich um. Er hatte einen schwarzgefaßten Kneifer auf der Nase. Seine Augen blickten forschend.
    »Das ist Hugo Stielicke«, sagte Herr Sperling.
    Kroll ließ sich Zeit, dann deutete er einen Gruß an.
    »Freut mich«, bemerkte Stielicke.
    Die Dogge sprang auf und bellte ein paarmal hintereinander.
    »Mach kein Theater«, mahnte Kroll mit unerwartet sanfter Stimme. »Platz, und halt gefälligst deine Schnauze.« Er fuhr sich mit allen fünf Fingern durch das kurzgeschnittene bleigraue Haar, so daß es nach allen Seiten

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