Das unheimliche Haus
Jahre her sein.« Er hatte wieder sein Lächeln angeknipst. »Wie auch immer, für uns ist der Platz so ideal, idealer geht’s gar nicht. Möchte bloß wissen, wie ihn der >Mandarin< aufgestöbert hat.« Er blinzelte kurz mit dem linken Auge, und dann stellte er vor: »Das ist Ekke, sozusagen unser Mädchen für alles. Was immer du brauchst, Ekke besorgt es dir.«
Ekke war ein junger Mann mit gelocktem, tiefschwarzem Haar. Vermutlich bearbeitete er es täglich mit Öl oder Brillantine, es glänzte jedenfalls so. Er trug einen grauen Trainingsanzug und weiße Segeltuchschuhe. Als er Stielicke die Hand gab, wippte er auf den Fußballen. Zwischen seinen Zähnen wanderte ein Zahnstocher hin und her. Er hatte hellblaue Augen und eine bräunlich getönte Haut, wahrscheinlich von einer spanischen oder italienischen Großmutter.
»Und das ist Pauke«, fuhr Sperling fort. »Er ist unser Spezialist für Druck-Erzeugnisse aller Art.« Dabei blinzelte er und grinste wieder. »Die beiden haben ihre richtigen Namen selbstverständlich an der Garderobe abgegeben. Wie sie in Wirklichkeit heißen, das weiß vermutlich nur der Chef.«
Jetzt begrüßte auch Pauke den neuen Partner. Er war ein kleiner Mann von etwa fünfzig Jahren mit einem blonden Bart, der schon ziemlich weiß wurde. Er hatte vorquellende Augen und trug eine Brille. Auf den ersten Blick war seine Intelligenz nicht gerade eindrucksvoll.
»Leider bin ich da im Nachteil«, stellte Hugo Stielicke fest. »Solange ich mir nicht eine andere Nase ins Gesicht operieren lasse, muß ich bei meinem Namen bleiben, oder es lachen die Hühner.«
»Fluch der Prominenz«, bemerkte Ekke. »Hast du Gepäck?«
»Wir stehen zur Verfügung«, versicherte Pauke. »Vorerst bin ich sowieso noch ziemlich arbeitslos, und du siehst so aus, als hättest du’s mehr im Kopf als in den Armen.«
»Empfang wie in einem Fünfsternehotel«, erwiderte Hugo Stielicke. »Das übertrifft meine Erwartungen gewaltig.«
Sperling hatte inzwischen die Klappe zum seitlichen Gepäckraum aufgemacht. »Bitte, ihr könnt euch bedienen. Die zwei grauen Koffer und die Tasche gehören zu Herrn Stielicke, und der große Lederne ist meiner.« Nach wie vor duzte er seinen Reisegefährten nicht. Dagegen hatten Ekke und Pauke diesbezüglich überhaupt keine Hemmungen. Seit sie ihm die Hand gegeben hatten, saß der Mann mit dem schneeweißen Haar und den ein wenig vorgebeugten Schultern mit ihnen im selben Boot, ganz egal, wo die Fahrt auch hingehen mochte. Aber der dicke Sperling schien so etwas wie der verlängerte Arm des unsichtbaren Chefs zu sein und legte deshalb wohl Wert auf gewisse Unterschiede, jedenfalls soweit es Hugo Stielicke betraf.
Ihre Schritte hallten, als sie auf die vordere der beiden Eisentüren zugingen. Der Dicke mußte zuerst einen Metallhebel nach oben und dann einen zweiten nach unten drücken, bevor sie sich öffnen ließ.
»Unter Garantie luftdicht«, meinte der Schwarzgelockte mit seinem Zahnstocher zwischen den Zähnen. Er hatte den Sperlingschen Lederkoffer auf der linken Schulter und einen von Stielicke in der rechten Hand. Den Rest schleppte der »Spezialist für Druck-Erzeugnisse«. Er ergänzte jetzt die Bemerkung des Jüngeren: »Mich erinnert das Ding immer an einen Banktresor.«
Tatsächlich hing die angerostete Eisentür schwer in ihren Angeln und bewegte sich nur zögernd.
Der dicke Sperling stapfte voraus.
»Heidewitzka«, murmelte Hugo Stielicke verwundert und blieb stehen. Der Raum war überraschend groß, mindestens dreißig Meter lang und etwa zwanzig Meter breit. Er war allerdings niedriger als der Gang draußen. Man mußte nicht gerade den Kopf einziehen, aber wenn man die Hand nach oben streckte, konnte man die Decke berühren. Die Betonwände waren früher wohl weiß übertüncht worden, doch inzwischen hatten sie sich grau verfärbt oder den ursprünglichen Anstrich ganz abgestoßen. Auch hier kam das Licht aus vereinzelten Neonröhren, die noch funktionierten. Die übrigen waren ausgebrannt, und ihr Glas hatte sich milchig eingetrübt. Spinnweben wucherten um sie herum.
»Die Beleuchtung läßt zu wünschen übrig«, bemerkte Sperling, »aber wenn man sich an das Durcheinander von Helligkeit und Schatten gewöhnt hat, kann es ganz ulkig sein. Übrigens, hier essen wir gemeinsam und schlagen uns auch die Freizeit um die Ohren, falls es so was mal gibt.«
»Gemütlich wie in einer stillgelegten Tiefgarage«, bemerkte Hugo Stielicke trocken. »Das kann ja heiter
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