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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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herauszufiltern. Dabei blickten sie sich immer wieder einmal an oder murmelten Worte wie »Guillochen« oder »Fluoreszenz« oder »Spektralanalyse« oder »Infrarotabsorption«. Zwischendurch steckte der dicke Sperling seinen Kopf herein. Aber nach einem kurzen Moment stammelte er nur: »Entschuldigung, ich wollte nicht stören«, und verschwand wieder, als hätte er sich in der Hausnummer geirrt.
    Erst drei volle Stunden später wagte er einen neuen Vorstoß. Dieses Mal war er weniger schüchtern. Er blieb neben der geöffneten Tür stehen und wartete, ohne eine Miene zu verziehen, bis die beiden Herren ihr Gespräch unterbrachen und zu ihm herüberäugten. Im Raum sah es inzwischen aus, als sei gerade ein Hurrikan durchgefegt. Überall auf dem Boden lag zerknülltes Papier, der Tisch war mit Notizzetteln zugedeckt, die Dogge nagte am umgeworfenen Papierkorb, Rauchschwaden hingen in der Luft, und der Aschenbecher quoll über von ausgedrückten Zigarettenkippen.
    Sperling hatte das Durcheinander mit säuerlichem Gesicht zur Kenntnis genommen. »Finden Sie nicht, meine Herren«, fragte er, »daß eine gewisse Ordnung unserem schwierigen Vorhaben zuträglicher sein könnte?«
    »Ach, Quatsch«, schnappte Otto Kroll unwillig zurück. »Wer Ordnung hält, ist bloß zu faul zum Suchen.« Seine Stimme klang jetzt gar nicht mehr so sanft.
    Sperling hob den Kopf, und sein aufgedunsenes Gesicht wurde knallrot. Er öffnete den Mund und wollte etwas sagen.
    »Sonst noch was?« fragte der Mann mit dem Kneifer auf der Nase. Von einem Augenblick zum anderen war er wieder ganz friedlich.
    Aber auch der Dicke lenkte ein. »So kann man es allerdings auch sehen«, meinte er. Seine Miene hatte sich wieder entspannt, und er zeigte erneut sein gewohntes Dauerlächeln. »Das Abendessen ist fertig.« Um die Situation endgültig zu retten, machte er sich jetzt zum Clown und schlüpfte in die Rolle eines Butlers. Er verbeugte sich leicht und senkte seine Stimme: »Ich bin für das Wohlbefinden der Herren verantwortlich, und dazu gehört ausreichend Ruhe und eine geregelte Nahrungsaufnahme.«
    »Jetzt fehlen nur noch weiße Handschuhe«, lachte Stielicke.
    Schon ein paar Minuten später saßen sie im >Club< bei bester Laune um den runden Tisch herum. Das Radio spielte, die Stehlampe brannte, und der schwarzgelockte Ekke jonglierte Schüsseln mit Bratkartoffeln und Schweinskoteletts aus der Küche. Pauke stiefelte mit ein paar Büchsen Bier und Gläsern hinter ihm her. Die Dogge war zuerst bedient worden. Sie lag vor ihrem Freßnapf, und jedesmal, wenn sie ein großes Fleischstück schluckte, warf sie den Kopf zurück. Der große Bunkerraum im Hintergrund lag im Dunkeln und störte nicht. Seine Neonröhren waren ausgeschaltet.
    »Gemütlicher kann’s in einer Kneipe auch nicht sein«, bemerkte Hugo Stielicke. Er lehnte in einem der abgewetzten Plüschsessel und hatte die Beine übereinandergeschlagen. »Aber woher holt ihr euch denn so was wie diese Koteletts oder das ganze andere Zeug? Gibt es eine Fleischerei gegenüber oder einen Supermarkt an der Ecke?«
    Sperling wollte gerade eine Bierbüchse aufknacken. Mitten in der Bewegung erstarrten seine Hände. Er blickte zu Stielicke hinüber und hielt dabei den Kopf schief, als ob er auf ein Echo warten würde. Und dann lachte er plötzlich schallend los. »Jetzt will er uns die Würmer aus der Nase ziehen«, prustete er. »Aber das funktioniert nicht. Ich bin nämlich der einzige, der Ihre Frage beantworten könnte, weil es den anderen genauso geht wie Ihnen. Keiner hat die geringste Ahnung davon, in welcher Ecke der Landkarte wir uns hier versteckt haben!«
    »Stimmt«, bestätigte Otto Kroll. »Ich hab’ nicht den Schatten einer Idee.«
    »Es könnte in der Nähe von Hamburg sein«, rätselte Ekke, »aber auch bei Gummersbach oder mittendrin im Schwarzwald.«
    »Ist mir schnurzegal«, äußerte sich Pauke. Er machte sich bereits über die Bratkartoffeln her. »Ich mach’ meinen Job, und damit hat sich’s.«
    »Das letzte, was ich von der Außenwelt sehen durfte, war ein Autobahnparkplatz«, bemerkte Hugo Stielicke. »Dann hat unser Freund Sperling Blindekuh mit mir gespielt.« Er sagte es ohne Vorwurf. »Jetzt sitze ich mit euch in diesem Bunker, und es wäre witzlos zu raten, wo das ist. Weil Raten ja nur Spaß macht, wenn man hinterher die Lösung erfährt.«
    »Wir wollen der Sache mal ins Gesicht sehen«, erwiderte der dicke Sperling mit vollen Backen. »Es ist doch so: Draußen vor

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