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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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diesen Betonmauern ist die Welt voller Gefahren. Wie leicht könnte euch da ein Unfall zustoßen. Eine Straßenbahn kann euch überfahren, und irgendwo liegt immer eine Bananenschale. Von umstürzenden Leitern oder von einem Blitzschlag wollen wir gar nicht reden. Das beste, was uns passieren kann, ist tatsächlich, daß wir hier drin sind.« Er nahm einen Schluck Bier und blickte über den Rand seines Glases von einem zum anderen. »Stimmt’s, oder hab’ ich recht?«
    »Sie sind ein Komiker«, bemerkte Stielicke. »Das hab’ ich Ihnen schon einmal gesagt, glaube ich.«
    »Ja, ich habe mir einen Witz erlaubt«, sagte der Dicke. »Aber da keiner von euch das Maul verzieht, muß ich wohl selber lachen.«
    Das tat er dann auch, allerdings nur kurz und nicht besonders humorvoll. »Im übrigen wird alles, was wir hier brauchen, nachts angeliefert. Mit dem echten Banknotenpapier war’s genauso. Aber davon kriegt ihr nichts mit, weil ihr dann gewöhnlich längst am Schlafen seid.« Er löste mit seinem Messer geschickt das Fleisch vom Knochen seines Koteletts. »Das Orchester, ich meine die Organisation, die funktioniert todsicher, daran gibt’s nichts zu rütteln.«
    »Schlimm, wenn’s nicht so wäre«, meinte Otto Kroll. Er hatte aufgeblickt, und dabei rutschte ihm sein Kneifer von der Nase. Er baumelte jetzt an einer schwarzen Kordel vor seiner Brust. »Immerhin riskiere ich ein paar Jahre Knast, und in meinem Alter hat man nicht mehr so viel Zeit zu verschwenden.« Er legte sein Besteck auf den abgegessenen Teller und schob ihn zur Seite.
    »Ein anderes Thema, wenn ich bitten darf«, stieß der »Spezialist für Druck-Erzeugnisse aller Art« hervor. »Höre ich was von Gefängnis oder Polizei, geht bei mir im Kopf gar nichts mehr, nur noch in den Beinen.«
    »Mit Knast hab’ ich auch nichts am Hut«, meinte sein schwarzgelockter Kollege. »Bisher hab’ ich, Gott sei Dank, Glück gehabt.« Er war aufgestanden, sammelte das Geschirr zusammen und trug es in die Küche zurück.
    »Lange nicht mehr so gut gegessen!« rief Stielicke hinter ihm her. Er holte eine Zigarettenpackung heraus, versorgte seinen Nachbarn Otto Kroll und bediente sich dann selbst. Sperling und Pauke genehmigten sich Zigarren.
    »Laßt uns noch unser Bier austrinken und dabei Nachrichten gucken«, schlug Stielicke vor.
    »Aber dann machen wir drüben wieder weiter«, warf Otto Kroll ein. »Es wird eine lange Nacht, fürchte ich.« Er wandte sich jetzt an Pauke. »In zwei Stunden kannst du mit dem zweiten Klischee noch mal in die Maschine.«
    »Je früher, desto besser«, erwiderte der kleine Mann mit den vorquellenden Augen hinter der Brille. Als er jetzt einen Zug aus seiner Zigarre nahm, konnte man deutlich die Druckerfarbe unter seinen Fingernägeln sehen.
    Während das Bild auf der Mattscheibe noch flimmerte und vorerst nur ein Rauschen aus dem Kasten kam, war plötzlich ein kurzes Summen zu hören, das sich hartnäckig wiederholte. Der schmächtige Pauke würgte den Fernseher sofort wieder ab, und Sperling fingerte möglichst eilig ein Funkgerät aus seiner Jackentasche. Stielicke war diese Tasche schon längst aufgefallen, weil sie so merkwürdig ausgebeult war. Insgeheim hatte er in ihr eine Pistole vermutet.
    Der Summton brach erst ab, als Sperling die Sprechtaste drückte und die Antenne herausgezogen hatte. Er nahm das Funkgerät vor den Mund. »Hier Löwenzahn, ich höre.«
    Es knackte zweimal hintereinander.
    »Hallo Löwenzahn, hören Sie mich?« fragte eine tiefe, verrauchte Stimme. Sie wurde in dem kleinen Lautsprecher verzerrt, aber sie war unverwechselbar, und alle kannten sie. Die vier Männer waren wie elektrisiert. Kroll setzte sich den Kneifer wieder auf die Nase, und Ekke, der mit einem Teller und einem Abwaschtuch aus der Küche gekommen war, blieb stehen und hielt den Kopf schief, als der »Mandarin« weitersprach. Aber er hatte nicht viel zu sagen. Nur vier Worte.
    »In einer halben Stunde!«
    »In einer halben Stunde«, wiederholte der Dicke und blickte dabei auf seine Armbanduhr.
    »Ende«, quäkte die Baßstimme.
    Es klickte, und dann war das Gerät wieder stumm.
    Sperling schob die Antenne in das Funkgerät zurück und deponierte es neben sich auf der braungehäkelten Tischdecke. Er genehmigte sich in aller Seelenruhe einen Schluck Bier und schob sich dann eine Gabel voll Bratkartoffeln in den Mund. Er war der einzige, der noch etwas auf seinem Teller hatte.
    Otto Kroll senkte den Kopf ein wenig und blickte über den

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