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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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abstand wie Igelborsten. Dabei probierte er ein Lächeln, das ihm aber nicht so recht gelang. So wirkte er fast ehrerbietig und bescheiden. Er machte ein paar Schritte zur Wand und knipste das Licht an. Auch hier Neonröhren. Sie zitterten kurz und flammten auf.
    Jetzt erst erkannte Hugo Stielicke zwei Druckmaschinen. Sie schienen nagelneu zu ein. Die eine war etwa so hoch und so breit wie eine Geschirrspülmaschine, die andere nicht größer als ein mittlerer Schreibtisch. Völlig offen lagen Andrucke von Hundertmarkscheinen daneben. Stielicke blickte zu dem Mann am Projektionsapparat hinüber, dann trat er neben die Maschinen und nahm einen der Papierbögen in die Hand. Er hielt ihn dicht vor seine Augen.
    »Noch äußerst stümperhaft«, bemerkte Otto Kroll. »Erste Farbversuche, aber noch stimmt überhaupt nichts.« Er kam näher und wiederholte kopfschüttelnd: »Überhaupt nichts.«
    »Da muß ich aber widersprechen«, erklärte der dicke Sperling. »Beim letztenmal war die Qualität nicht halb so gut.«
    »Da hatten wir ja auch nur steinalte Ladenhüter als Druckmaschinen«, fiel ihm Pauke ins Wort. »Aber dieses Mal...« Er spitzte die Lippen und schmatzte einen Kuß in die Luft. »Diesmal drucken wir mit dem Besten vom Besten. Dazu haben wir seit vorgestern das echte Papier...«
    »Was allerdings so einmalig ist, daß es mich hoffen läßt«, sagte der Mann namens Kroll. Er stand jetzt dicht vor Hugo Stielicke, blinzelte freundlich durch die Gläser seines Kneifers und reichte ihm seine Hand hin. »Den Rest zum Erfolg erwarten wir von dir.«
    »Nicht zu bescheiden sein«, erwiderte der Gast aus Berlin. »Daß ihr bereits ziemlich weit seid, das seh’ ich auf den ersten Blick.« Er legte den Bogen mit den Notenandrucken wieder neben die Maschinen zurück. »Jedenfalls ist es schön, daß wir endlich mal gemeinsam arbeiten. Bisher ging’s ja immer mehr oder weniger gegeneinander.« Er spürte eine zerbrechlich wirkende Hand, die sich wie Wildleder anfühlte.
    »Der >Mandarin< hat’s möglich gemacht«, verkündete Sperling salbungsvoll.
    »Hat er sich hier denn schon mal gezeigt?« wollte Stielicke wissen.
    »Nein, er ist unsichtbar wie immer«, erwiderte der Mann mit dem schwarzgefaßten Kneifer. »Aber gelegentlich schickt er uns seine Stimme durchs Telefon.«
    »Kennt eigentlich überhaupt einer von uns den Chef?« fragte Ekke. Er hatte inzwischen wieder einen neuen Zahnstocher zwischen den Zähnen.
    »Ich bin nicht neugierig«, meinte Otto Kroll und fügte sanft hinzu, »jedenfalls nicht, solange die Kohlen stimmen.«
    Erst jetzt bemerkte Stielicke, daß der Mann mit dem schwarzgefaßten Kneifer um Wangen und Kinn jenen hellen Schimmer auf der Haut hatte, der eine ganze Zeit hindurch zurückbleibt, wenn sich jemand einen Bart hat abrasieren lassen. »Und ich bin auch nicht neugierig«, versicherte er ganz in Gedanken.
    »Um so besser«, sagte Sperling. Es hörte sich an wie das Amen in der Kirche. »Und jetzt wollen die Herren Spezialisten wohl unter sich sein? Bis später also.« Er ging die ersten Schritte rückwärts zur Tür — wie nach der Audienz bei einem Monarchen. Ekke und Pauke folgten ihm. Die Dogge sprang wieder auf, knurrte bedrohlich und bellte erneut. Sie machte ein paar bedächtige Schritte, dann setzte sie sich direkt vor Hugo Stielicke auf die Hinterbeine und starrte ihn an. Der hochgewachsene Mann mit den schneeweißen Haaren bückte sich ohne Furcht und streckte dem Tier seine Hände entgegen. Die Dogge beruhigte sich sofort, berührte eine Hand mit ihrer kalten Schnauze und wedelte dazu freundlich mit der Rute. Jetzt kraulte Hugo Stielicke das Tier hinter den Ohren.
    »Na, mit dem Hund scheinst du ja auch auszukommen«, meinte Otto Kroll. »Was soll da noch schiefgehen?«
    Schon ein paar Minuten später hatten die beiden Herren so ziemlich alles rund um sich herum vergessen. Sie tauchten immer mehr in den Nebel ihrer Fachsimpeleien, steckten die Köpfe zusammen, und redeten nur noch im Flüsterton. Sie wanderten zu den Druckmaschinen hinüber, hielten die Andrucke ins Licht und betrachteten sie, so wie Ärzte Röntgenbilder prüfen. Sie verfügten sich wieder zu dem Projektionsapparat und beugten sich über die Vergrößerungen von fotografierten Geldnoten. Und dabei sah es jetzt so aus, als würden sie nacheinander durch ein Mikroskop blicken, um irgendein Virus zu entdecken. In Wirklichkeit versuchten sie mit einer Pause ganz bestimmte Farbabschnitte aus dem Geldschein

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