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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Treutlein hatte sich wieder in sein Versteck verkrochen, und der Kater sprang auf seinen Platz zurück.
    »Sämtliche Unklarheiten restlos beseitigt«, verkündete Herr Wildenbusch, während er sich hinter das Lenkrad fallen ließ. »Wohin fahren wir?«
    Als Fritz Treutlein zu verstehen gab, daß er sein Fahrrad beim Supermarkt abgestellt hatte, fuhr der Kioskbesitzer tiefer in die Rotwiesenstraße hinein und bog dann um die nächste Ecke.
    »Also, paß auf«, sagte er. »Es stimmt tatsächlich, daß im Haus Nr. 18 eine Familie Buchholz wohnt. Die Mutter ist schon seit ein paar Jahren von ihrem Mann geschieden, war früher Verkäuferin im Warenhaus Petzold und betreibt jetzt ein kleines Hutgeschäft in der Schellingstraße. Sie hat als Angestellte nur ein Lehrmädchen und kommt während der Woche regelmäßig erst am Abend nach Hause. Sie hat einen Sohn und eine Tochter. Der Junge besucht die Maximilianschule, soll bei der Nachbarschaft allgemein beliebt und nicht auf den Kopf gefallen sein.«
    »Da sieht man wieder einmal, wie sich die Leute irren können«, bemerkte Fritz Treutlein.
    Herr Wildenbusch paffte inzwischen wieder Zigarrenrauchwolken vor sich hin. »Über die Tochter war nur zu erfahren, daß sie so etwa sieben Jahre alt ist und flachsblonde Haare hat. Sie humpelt zur Zeit mit einem Gipsbein durch die Gegend, weil sie sich vor zwei Wochen den Fuß angeknackst hat. Das paßt euch vielleicht nicht in den Kram?«
    »Im Gegenteil, das Gipsbein ist Gold wert«, bemerkte der Friseurlehrling undurchsichtig. »Mit so was bleibt man doch überlicherweise in seinen vier Wänden, oder?«
    »Jedenfalls macht man keine weiten Sprünge damit«, stimmte der Kioskbesitzer zu. »Aber allmählich wird mir die Sache schleierhaft. Mal soll niemand im Haus sein, und dann ist’s auf einmal wieder umgekehrt. Versteh’ ich nicht ganz.«
    »Aber irgend jemand muß uns doch die Tür aufmachen, Herr Wildenbusch«, erklärte Fritz Treutlein geduldig. »Nur sollte das eine Person sein, die nicht gleich mißtrauisch ist. Und dafür könnte ein siebenjähriges Mädchen ganz geeignet sein, finden Sie nicht auch?«
    »Man soll Kinder nie unterschätzen«, bemerkte Wildenbusch.
    »Sonst noch was?«
    Inzwischen hatte sich der Siamkater über die Lehne des ledernen Beifahrersitzes auf die linke Schulter des Friseurlehrlings geschlängelt und schnurrte ganz leise. Gleich darauf sprang er auf seine Knie und rollte sich zusammen.
    »Hallo, was ist denn das, Benno?« sagte der Zeitungskioskbesitzer verblüfft. »Freundschaft auf den ersten Blick, oder wie seh’ ich das?« Und mit einem Seitenblick zu Fritz Treutlein: »Das ist tatsächlich nicht zu glauben, sonst läßt er keinen Fremden an sich ran. Er mag dich, Himmeldonnerwetter.« Der Kater mit den tiefblauen Augen stupste mit der Nase jetzt immer wieder gegen das Kinn von Fritz Treutlein, wollte schmusen, und der Junge strich ihm durch sein seidiges Fell. »Werden sich die Buchholzens nicht Gedanken machen«, fragte er jetzt, »wenn ihnen der Briefträger steckt, daß Sie ihn über die Familie ausgefragt haben?«
    »Keinen einzigen Ton wird er husten«, erwiderte Herr Wildenbusch. »Ich bin doch nicht von gestern und hab’ mich deshalb nicht bloß nach den Buchholzens erkundigt, sondern auch nach den Familien in den Häusern der Nachbarschaft. Als Grund für meine Wißbegierde sagte ich ihm, daß ich unterwegs sei, um den Leuten alle Arten von Versicherungen anzudrehen, und daß es mir dabei helfen würde, wenn ich ein wenig Bescheid wüßte, bevor ich den Herrschaften in die Wohnzimmer plumpse.« Er lächelte ein wenig selbstgefällig und schielte aus den Augenwinkeln zu dem Friseurlehrling hinüber. »Wenn ich will, kann ich ein aalglattes Schlitzohr sein.«
    »Du liebe Zeit, Sie sind ganz schön gerissen, Herr Wildenbusch«, meinte Fritz Treutlein und lächelte ebenfalls. »Von Ihnen können wir ja noch allerhand lernen.«
    »Das sei getrommelt und gepfiffen«, erwiderte der Zeitungskioskbesitzer. »Und, wie gesagt, für meine Stammkunden bin ich immer am Ball, wenn man mich braucht.«

Gespenster wären mal was Neues

    An diesem Nachmittag war Fritz Treutlein gleich zweimal hintereinander die Hauptperson. Zum erstenmal, als er von der Rotwiesenstraße zurückkam.
    Die anderen Glorreichen saßen bereits seit einiger Zeit vor Erikas Milchbar um einen der kleinen Tische herum, die nebeneinander auf dem Gehsteig und links und rechts von der offenen Tür im Schatten zweier schmaler

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