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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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blieb nichts anderes übrig, als rund um das Grundstück Schilder aufzustellen, die vor Einsturzgefahr warnten, an den Fenstern die Holzläden zu vernageln und das Ganze dem Wetter zu überlassen. Kurz, das Haus hat keinen Besitzer.«
    »Es gehört überhaupt niemandem?« fragte Paul Nachtigall verwundert.
    »Nein, es ist vogelfrei, wenn du so willst.«
    »Aber jetzt wissen wir wenigstens, was alles dahintersteckt«, sagte Karlchen Kubatz. »Besten Dank, Herr Bellinghausen, und ganz bestimmt sind Sie wirklich der einzige, der uns das alles erzählen konnte.«
    »Im Theater würde ich jetzt applaudieren«, bemerkte Emil Langhans.
    »Wenn ich noch etwas fragen darf?« mischte sich Sputnik ein. »Angeblich sollen in dem Haus Gespenster spuken?«
    Herr Bellinghausen lächelte. »Schon der riesengroße Mister Ford hat das erste Gerücht davon in die Welt gesetzt«, meinte er. »Und auch die Wirtschafterin von Maurus, so wortkarg sie auch gewesen ist, soll etwas von einem Gespenst gefaselt haben. Seitdem gab’s natürlich immer wieder mal Neugierige, die durch die Ruine gezottelt sind. Manche haben dort auch schon übernachtet, und das waren nicht nur Landstreicher. Und einige von ihnen wollen schlurfende Schritte gehört haben, Ketten, die über Steinboden rasseln, und immer wieder markerschütternde Schreie, die aus den Kellergewölben kommen sollen.«
    »Dieser Herzog, der im Jagdschloß verbrannt ist«, tippte Fritz Treutlein. Er klopfte mit dem Kamm auf seine Fingernägel und betrachtete den von ihm fabrizierten Haarschnitt.
    »So könnte es sein, wenn man überhaupt an Gespenster
    glaubt«, sagte Herr Bellinghausen. »Dieser Herzog von Born-hold war ohne Zweifel ein ehrenhafter Mann, und als Ritter hatte er Anspruch darauf, mit dem Schwert in der Hand in einer ordentlichen Schlacht zu fallen. Er muß sich vom Schicksal sehr ungerecht behandelt fühlen und kommt einfach nicht zur Ruhe. Für Leute, die was von Gespenstern verstehen, ein klarer Fall.« Er setzte plötzlich eine Miene auf, die ernst wirken sollte. »Deshalb nennt man die Villa zuweilen das unheimliche Haus, steckt euch das gefälligst hinter die Ohren.«
    »Wenn Sie sich jetzt freundlicherweise betrachten wollen«, sagte Fritz Treutlein in diesem Augenblick. Er hatte zwei Handspiegel aus seiner Segeltuchtasche gezaubert, gab einen davon Herrn Bellinghausen in die Hand und bewegte den anderen ganz langsam an seinem Hinterkopf vorbei.
    »Fabelhaft«, lobte der frühere Lokalredakteur. »Wenn ich genau hinblicke, finde ich mich ungeheuer bedeutend.«
    »Der erste Haarschnitt an Bord eines Schiffes, das ist ein Markstein in meinem jungen Berufsleben«, sagte Fritz Treutlein.
    Emil Langhans war auf die Beine gesprungen, dehnte und streckte sich nach dem langen Herumsitzen auf dem Fußboden. »Dein Glück, daß die Amper ruhig geblieben ist und daß der
    Kahn nicht gewackelt hat.«
    »Hör auf«, stöhnte Sputnik. »Ich werd’ schon seekrank, wenn ich nur ein Glas Wasser seh’.«

    Am selben Abend gab es im Hotel zum Kurfürsten, wie in jedem Jahr um diese Zeit, den beliebten »Rosen-Ball«.
    Im großen Speisesaal war das Licht ausgeknipst, und dafür brannten Kerzen auf den festlich gedeckten Tischen. Lampions waren aufgehängt, ein Quartett im Frack spielte Kammermusik, und die Preise für Speisen und Getränke waren um runde fünfzig Prozent heraufgesetzt. Und natürlich überall weiße, gelbe und rote Rosen. Die festlich gekleideten Badegäste plauderten über ihre Kurerfolge in den Thermalquellen, und die Ober flitzten hin und her wie nervöse Fische. Der Page Fridolin Paschulke, das dünne Handtuch, hatte den Gästen mit einem verführerischen Lächeln, das seine auseinanderstehenden oberen Vorderzähne sehen ließ, bereits beim Ablegen an der Garderobe die ersten Trinkgelder abgeluchst. Chefportier Pelz stand in seiner dunkelgrünen Livree mit den goldenen Knöpfen und den goldenen Schulterstücken wie ein Operettengeneral an der gläsernen Drehtür und spielte den Empfangsmaxen.
    Jetzt rief ihn allerdings die Telefonistin an den Apparat.
    »Gnädige Frau, Herr Doktor Huber, einen wunderschönen Abend erlaube ich mir zu wünschen«, begrüßte er noch ein viel zu aufgedonnertes Ehepaar, und dann trabte er in seine Loge.
    »Hotel zum Kurfürsten in Bad Rittershude«, meldete er sich und lauschte dann eine ganze Weile in den Hörer hinein.
    »Jawohl, ich habe verstanden«, sagte er dann. »Am Mittwoch, den zehnten Juli, vierzehn Einzelzimmer und einen

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