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Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Titel: Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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Felsen vorbei, bis er sich endlich seinem Ziel näherte. Bald schon kündigte rauschendes Wasser die Stelle an, wo sich der Schneckenbach in den Erdspalt ergoss. Primus ging zur Landung über. Er setzte auf dem Felsen auf, wo auch der Kürbis gelegen hatte, nachdem er sich aus dem Wasser hatte retten können. Dort nahm er schließlich wieder seine menschliche Gestalt an.
    Wie hell es hier war, dachte er sich – bemerkenswert! Er legte den Kopf in den Nacken und blickte nach oben. In blassen Strahlen schien der Mond durch die Bäume. Primus überkam ein seltsames Gefühl. Für eine kurze Zeit hielt er inne und schaute sich um. Dieser Ort kam ihm bekannt vor. War er hier etwa schon einmal gewesen? Er trat vor das Loch und spähte hinunter. Nach fünfundzwanzig oder dreißig Fuß erkannte er den Felsvorsprung, in dem sich das Wasser sammelte. Von dort aus ging es weiter in die Tiefe. Aber wo waren die Steighaken? Neugierig beugte er sich über die Kante. Dann sah er sie. Genau in der Felswand, die vor seinen Füßen nach unten führte, steckten die eisernen Bügel. Sie reichten exakt bis zum Felspodest. Gewiss waren sie schon vor langer Zeit hier angebracht worden, denn sie waren über und über mit Moos bedeckt. Ein Wunder, dass sie die Feuchtigkeit überstanden hatten. Doch was war das? War da unten etwa ein Gang? Davon hatte ihm Snigg allerdings nichts erzählt. Genau konnte es Primus aber nicht erkennen. Vielleicht war es ja auch nur eine Nische im Fels. Er breitete seine Flügel aus und segelte in den Spalt hinunter.
    Das Rauschen des Wassers dröhnte in seinen Ohren, als er auf dem Felsvorsprung aufsetzte. Äste und Laub hatten sich nach dem Gewitter hier unten gesammelt und trieben in dem flachen Becken. Nach und nach wurden sie über die Kante weiter in die Tiefe gespült. Hier unten am Felsvorsprung, dreißig Fuß unter der Erde, konnte Primus noch den Himmel erkennen. Danach aber führte der Spalt offenbar ins Bodenlose. Das Wasser fiel und fiel. Wie tief es dort hinunterging – das konnte man von hier oben kaum beantworten. Auch gab es keine weiteren Bügel mehr in der Felswand. Primus wandte sich um.
    Tatsächlich! Seine Augen hatten ihn also nicht getäuscht. Hinter ihm lag ein Gang. Dieser war kreisrund und kerzengerade. Primus beäugte ihn skeptisch. Die Stollen der Kobolde hatte er sich bisher immer viel niedriger vorgestellt, schließlich reichten ihm die kleinen Leute gerade einmal bis zur Hüfte. In diesem Tunnel hingegen hätte ein Mann von über sechs Fuß Größe bequem spazieren können. Und noch etwas anderes fiel ihm auf: Die Richtung der Schläge, mit denen der Gang in den Fels gemeißelt war, führte auf ihn zu. Das war verdächtig! Wer auch immer diesen Gang in den Fels getrieben hatte, er hatte keineswegs von hier aus gegraben, ganz im Gegenteil. Vielmehr war er von irgendwo anders an dieser Stelle herausgekommen!
    Primus blickte nach oben und überlegte. Aus welcher Richtung war er eigentlich gekommen? Der Waldrand mit den Nebelfeldern lag im Süden – demnach führte auch der Tunnel nach Süden. Seltsam, warum ausgerechnet in diese Richtung? Im Süden gab es weder eine Stadt noch ein Dorf. Klettenheim lag im Norden und Hohenweis im Osten. Einzig das weite Hügelland breitete sich in dieser Richtung aus und führte bis zu den fernen Bleibergen.
    Primus hatte jetzt aber keine Lust mehr, sich weiter den Kopf zu zerbrechen. Nun, wo er schon einmal hier war, wollte er sich das Abenteuer nicht entgehen lassen. Kurz entschlossen flog er in den Gang hinein.
    Das Licht wurde immer schwächer, bis es schließlich verschwand. Primus war darauf gefasst, dass jeden Moment eine Biegung oder eine Abzweigung auftauchen müsste, doch nichts dergleichen geschah. Der Tunnel führte immer geradeaus, ohne die geringste Abweichung. Meilenweit ging es dahin. Bald hatte Primus überhaupt kein Gefühl mehr dafür, wie lange er schon geflogen war. Inzwischen musste er längst unter den Nebelfeldern sein, oder war er gar schon viel weiter? Er wusste es nicht. Es gab keine Stufen, keinen Versatz und nicht einmal die Spur einer Unebenheit. Primus hielt an. Er setzte sich auf den Boden, um zu verschnaufen. Die Sache erschien ihm immer rätselhafter. Ein Koboldwerk war dieser Tunnel jedenfalls nicht, so viel stand eindeutig fest.
    Er hielt die Flügel an den Mund:
    »Haaaaaallo!«
    Gebannt spitzte er die Ohren und wartete. Doch es kam keine Antwort.
    Daraufhin rief er ein zweites Mal, aber diesmal wesentlich

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