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Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee

Titel: Das Unkrautland | Auf den Spuren der Nebelfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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lachte er. »Wohl weniger, sonst würden wir beide uns jetzt ziemlich ähnlich sehen.« Er lief durch den Flur und rannte nach hinten zur Wendeltreppe.
    Bucklewhee kam aus dem Kasten gefahren. »Hast du in der Zwischenzeit etwas von Snigg gehört?«, rief er Primus nach. »Von dem war auch heute den ganzen Tag über keine Spur zu sehen.«
    »Snigg geht es ausgezeichnet«, hallte es aus dem Treppenhaus. »Der sitzt in Plims Gemüsegarten und schlägt sich den Bauch voll. Mach dir um den mal keine Gedanken.« Und es wurde still.
    In dieser Nacht glimmte schwaches Licht aus den Fenstern des Turms. Eine Petroleumlampe stand auf dem Boden und beleuchtete das kleine Turmzimmer, dessen Objekte und Geräte gespenstische Schatten auf die Wände warfen. Primus saß zwischen Büchern und Sternkarten auf dem Schreibtisch und ließ das goldene Amulett vom Finger pendeln. Wortlos schaute er zum Spiegel hinauf.
    Dieser verzog sein hölzernes Gesicht und grinste ihn überlegen an. »Na, was haben wir denn hier?«, fragte er. »Hat da vielleicht jemand etwas verloren?«
    Primus hielt den Anhänger in die Höhe. »Sieht beinahe so aus«, sagte er. »Kannst du mir vielleicht erzählen, was das ist?«
    »Hahaha«, lachte der Spiegel. »Der junge Mann kommt ohne Umschweife zur Sache. Das gefällt mir. Aber wo kämen wir denn da hin, wenn ich dir alles gleich auf die Nase binden würde, hm?« Er neigte den Kopf und sah ihm prüfend in die Augen. »Du warst doch schon immer ein kluges Kerlchen, nicht wahr? Dann benutze deinen Grips. Wonach sieht es denn aus?«
    Primus war von Anfang an klar gewesen, dass eine Unterhaltung mit dem Spiegel in genau diese Richtung führen würde. Der Spiegel wollte spielen? Nun gut, dachte er, dann wollte er ihn nicht enttäuschen.
    Er drehte den Anhänger in seiner Hand und sagte: »Es ist eine Goldplakette mit vier Löchern.«
    »Sieh mal an«, rief der Spiegel. »Eine Goldplakette mit vier Löchern. Was denkst du, ist sie schön?«
    Primus streckte den Kopf vor. »Hä? Wie bitte?«
    »Du hast mich schon verstanden«, sagte der Spiegel. »Ist die Plakette schön?«
    »Sie ist aus Gold«, antwortete Primus, »aber besonders schön ist sie nicht gerade.«
    Der Spiegel riss die Augen auf. »Da hast du doch schon fast die Antwort. Und nun sag mir, Primus, warum sollte jemand etwas aus Gold anfertigen, wenn es nicht einmal schön aussieht?«
    Primus fiel keine Antwort ein. Schweigend sah er den Spiegel an.
    »Du weißt es nicht?«, lachte dieser. »Nun gut, ich mache es dir ein wenig leichter, mein Kleiner. Wo hast du die Plakette denn gefunden?«
    »Ich habe sie in einer Erdspalte gefunden. Hinten im Wald. Sie lag unter Steinen im Wasser.«
    Der Spiegel nickte. »Dann ist die Antwort ja noch viel einfacher.« Er hob den Kopf und deutete mit dem Kinn auf den Anhänger. »Was ist das Besondere an Gold? Ich bin mir sicher, dass du mir das sagen kannst.«
    Primus überlegte. In all seinen Jahren hatte er unzählige Bücher über Alchemie, Metallkunde und Handwerkskunst gelesen. Diese Frage müsste er doch aus dem Stegreif beantworten können …
    »Gold …«, fing Primus an, »Gold ist ein Edelmetall. Es ist verhältnismäßig schwer – schwerer noch als Blei.«
    »Nicht schlecht«, sagte der Spiegel. »Nur weiter, was noch?«
    »Hm, Gold ist sehr weich«, ergänzte Primus. »Man muss es mit Silber und Nickel vermischen, damit es an Härte gewinnt und … äh …«
    »Du bist schon ziemlich nah dran«, nickte der Spiegel. »Nur etwas fehlt noch.«
    Primus machte eine Pause und schloss die Augen. Richtig, dachte er, da gab es noch etwas, aber was war das doch gleich?
    »Gold ist …«, stammelte er, »äh … Gold kann …«
    Dann fiel es ihm auf einmal wie Schuppen von den Augen: »GOLD KANN NICHT ROSTEN!«, rief er aus.
    Das Lächeln des Spiegels signalisierte ihm, dass er damit Recht hatte.
    »Siehst du, Primus«, sagte der Spiegel, »das war doch letztendlich gar nicht so schwer. Und was folgern wir jetzt daraus?«
    Primus fügte zusammen: »Nicht schön, gehärtet, rostet nicht. Willst du mir damit vielleicht sagen, dass dieser Anhänger ein Gebrauchsgegenstand ist?«
    »Und allem Anschein nach ein sehr wichtiger«, bestätigte der Spiegel. »Sonst müsste man ihn wohl kaum an einer Kette um den Hals tragen, oder?«
    »Ja und was mache ich nun damit?« Primus stand vor dem nächsten Rätsel.
    »Nichts weiter«, antwortete der Spiegel. »Trag es nur immer schön bei dir. Eines Tages wirst du dieses

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