Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)
weiter.
Plötzlich schwang die Haustür auf.
Die Spatzen im Gemüsebeet suchten augenblicklich das Weite. Mit wehender Schürze und einem Wäschekorb in den Händen kam Miss Plim durch den Garten gestapft. Sie trug einen knöchellangen Rock, ihre viel zu großen Hausschlappen und einen mit Pelz besetzten Wollpullover. Ihre silbrigen Haare hatte sie zu zwei langen Zöpfen geflochten, die vorne über ihre Schultern fielen. Miss Plim war bildhübsch und für ihr junges Alter hochgewachsen. Wenn man sie ansah, hätte man auf den ersten Blick ohne weiteres vermuten können, dass sie möglicherweise von edler Herkunft gewesen wäre. Doch dieser Eindruck verflog nur allzu schnell, sobald Miss Plim ihren Mund aufmachte.
Den Spielzeugladen hier auf der Waldlichtung betrieb sie eigentlich auch nur als kleines Nebengeschäft, oder besser gesagt – als Tarnung! Denn in Wahrheit verbarg sich im hinteren Teil des Häuschens eine nicht genehmigte, aber dafür umso besser ausgestattete Hexenküche mit allem, was das Herz begehrt. Plim war mächtig stolz darauf. Daher gab sie sich auch die größte Mühe, ihre Zauberwerkstatt, so gut es ging und mit allen Mitteln der Kunst zu verstecken. Das Gleiche galt natürlich auch für die zahllosen Hexenkräuter, die sie heimlich hinter dem Häuschen anbaute.
Bei Chuck angekommen stellte sie den Korb auf den Boden und zog fröhlich die feuchte Wäsche heraus.
Die Vogelscheuche zuckte zusammen. »Oh, äh, nein«, jammerte Chuck, »das ist heute überaus schlecht. Geradezu ungünstig.«
»Jetzt stell dich nicht wieder so an«, sagte Plim und legte ein Paar nasse Socken über Chucks Arme.
»Davon bekomme ich aber Ausschlag«, winselte die Vogelscheuche. »Ich vertrage Feuchtigkeit nur in ganz geringen Maßen. Das hängt mit meiner empfindlichen Füllung zusammen.«
»Was bitte soll an Stroh und Holzwolle empfindlich sein?«, murmelte Plim. Unbeeindruckt kramte sie weiter im Wäschekorb.
»Nun, bei Kontakt mit Nässe bekomme ich Juckreiz«, erklärte Chuck. »Nein, Juckreiz ist vielleicht etwas übertrieben.« Er verdrehte seine Augen. »Es ist so eine Art Kribbeln, wisst Ihr. Als würden einem viele klitzekleine Ameisen über die Arme laufen. Das soll jetzt nicht heißen, dass ich etwas gegen Ameisen hätte, o nein, ganz im Gegenteil. Erst neulich habe ich eine getroffen, die mir ausgesprochen höflich entgegengetreten ist … AUTSCH «, kreischte er, »das tut weh!«
Plim zwickte eines ihrer Kleider mit Wäscheklammern an seine Arme. »Jetzt wackle nicht so herum«, sagte sie. »Ich bin doch gleich fertig.«
Die Vogelscheuche zeigte ihr die kalte Schulter. Schmollend blickte Chuck zum Himmel. »Vielleicht bräuchte ich ja einfach nur ein leichtes Pflegemittel«, säuselte er. »So eine Art Balsam zum Auftragen, was meint Ihr? Nun ja, dieser müsste nicht unbedingt gut riechen, wobei ich den Duft von Flieder natürlich bevorzugen würde. Das hängt immer ganz von der Jahreszeit ab. Es wäre doch gar unpassend, wenn man im Frühling …«
Entsetzt machte er einen Satz zur Seite. » WAS IST DENN DAS ?«, schrie er. » HINFORT ! So etwas ziehe ich nicht an! Diese Schürze ist hässlich, scheußlich und absolut altmodisch.« Er schüttelte sich. »Was soll denn mein Gast von mir denken, wenn er mich in so einem Lumpen erblickt? Eine gar peinliche Situation.« Nervös schaute er zur Schubkarre hinüber.
Auch Plim betrachtete den dicken Kürbis, der vollgefressen bei ihr im Garten lag. »Bis der aufwacht, ist die Wäsche längst trocken«, sagte sie. Schnell schnappte sie sich Chuck und hängte ihm die alte Schürze um den Hals.
Dieser verzog weinerlich das Gesicht.
Nachdem sie endlich ihre gesamte Wäsche über der zappelnden Vogelscheuche verteilt hatte, griff sich Plim ihren Korb. Flinken Fußes sauste sie zum Haus. Dort stellte sie ihn vor der Eingangstür ab und blickte sich verstohlen um. Niemand zu sehen! Die Luft war rein. Geschwind sauste sie zur Rückseite des Hauses, wo sie sich sogleich an ihren Zauberkräutern zu schaffen machte. Kurz darauf kam sie wutentbrannt wieder zum Vorschein.
»Wer hat den Geisterfarn gefressen?«, schrie sie und stiefelte durch den Garten.
Chuck blickte sie unschuldig an.
Die Hände in die Hüften gestemmt baute sich Plim vor ihm auf und wippte mit dem Fuß. »Raus mit der Sprache, Freundchen«, schimpfte sie. »Hier, was ist das?« Sie hielt ihm ein kleines Büschel Kräuter unter die Nase. »Das ist alles, was noch übrig ist.«
»Ach
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