Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)
belämmerter Schnute schlidderte sein Froschgesicht am Glas entlang. Dann schlief er grunzend weiter.
Plim schüttelte den Kopf. »Gesindel«, murmelte sie.
Aber jetzt war keine Zeit, um sich zu ärgern – nun war Konzentration gefragt.
Sie stieg rüber zum Tisch und steckte die Kräuter in den Mörser. Dann blickte sie aufmerksam in das Buch. Es trug den aussagekräftigen Titel Hexenkeule – Tolle Tricks zum Spracheverschlagen .
Dieses Werk war die Standardliteratur für vermeintliche Jahrmarktsgaukler und besonders für kleineren Hokuspokus geradezu unverzichtbar. Plim war wieder einmal dabei, ihr Sortiment an verhextem Kinderspielzeug aufzubessern, da die Regale im Vorraum der Hexenküche nahezu leer gekauft waren. Besonders die laufenden Grasbüschel aus Plüsch waren bei den Leuten sehr beliebt und gingen weg wie warme Semmeln. Daher mussten jetzt schleunigst neue Sachen her.
Schon seit geraumer Zeit stand Plim über ihren Kessel gebeugt und bastelte eifrig vor sich hin. Neben dem üblichen Zeugs wie Springteufeln oder lustigen Tanzkreiseln wollte sie diesmal ein paar echte Knaller anbieten. Und die mussten selbstverständlich auch mit dem notwendigen Pep versehen werden.
So hatte sie Tinkturen gemischt, mittels derer auch der blutigste Anfänger stundenlang sein Jo-Jo auf und ab schnellen lassen konnte, hatte unbesiegbare Pingpongschläger gehext und Zauberkreide gegossen, die nahezu von alleine die allerschönsten Bilder malte. Plim war wieder einmal in Hochform.
Doch ihre letzten Stücke, an denen sie gerade arbeitete, waren ein bisschen kniffliger. Darüber hinaus zogen sie einigen Aufwand nach sich. So war Plim heute Morgen bereits in aller Frühe beim Mondwassersee gewesen und hatte Schilfrohr geschnitten. Vorne schräg angesägt und mittig ein paar Löcher hineingestochert, schon sahen die Röhrchen aus wie echte kleine Flöten. Die Sache war nur, dass aus den Dingern kein einziger Ton hervorkam. Doch das war nicht weiter schlimm. Dieser Defekt sollte mit ein klein wenig Hexerei schon sehr bald behoben sein.
Sie zerstampfte den Geisterfarn, schüttete ein gelbliches Pulver darüber und vermischte das Ganze abschließend mit einem Schneebesen. Dann sprang sie hinüber zum Kessel. Summend streute sie das Pulver hinein.
Ein grässlicher Geruch stieg auf.
»Alter Hexenbesen«, keuchte sie, »was ist denn das nun wieder? Das Zeug stinkt ja wie die Hölle!« Sie hielt sich die Nase zu und blickte im Zimmer umher. »So kauft mir die Dinger bestimmt keiner ab.«
Sofort huschte sie zum Regal, wo sie zwischen den Dosen wühlte, dass es nur so schepperte. Schließlich fand sie etwas, das wie eine alte Sardinenbüchse aussah.
»Ha«, rief sie, »Wurmsülze! Das ist gut.«
Mit einigen Handgriffen hatte sie die Büchse geöffnet, drehte sie um und klopfte mit der flachen Hand auf die Unterseite. Ein schillernder Glibberklumpen kam herausgeflutscht. Platschend landete er auf dem Boden, wo er wie wild zu wabbeln begann. Sie griff nach der Sülze und warf sie in hohem Bogen in den Kessel. Sofort ließ der Gestank nach.
»Schon besser«, freute sie sich.
Dann schritt sie noch einmal zum Tisch, um das Rezept zu überprüfen.
»Hm, hab ich«, nickte sie. »Das hab ich auch und das habe ich auch. Na, sehr schön. Dann wollen wir doch mal sehen …«
Sie kramte unter dem Tisch und kam mit einem rostigen Sieb in der Hand wieder hervor. In dieses legte sie die Flöten. Dann schritt sie zum Kessel. Erwartungsvoll tauchte sie das Sieb mit den Flöten in die dampfende Brühe. Sie wartete einen Moment, wippte mit dem Kopf und zog anschließend das Ganze wieder heraus. Ein paar Mal abgetropft, und schon landeten die Röhrchen in einer Pfanne.
Nun wurde es spannend. Sie hielt eine der Flöten an die Lippen und blies hinein. Ein übles Getriller war zu hören. Verflixt noch mal, dachte sie, was war denn das? Es folgte ein weiterer Versuch. Das Ergebnis war wie zuvor schauderhaft. Es klang wie blankes Metall, das man mit einer Säge bearbeitet.
»Kannst du vielleicht mal etwas ruhiger sein?«, tönte es aus dem Regal. »Wir schlafen schließlich noch.« Taddel kratzte sich am Kopf.
»Ach, ist das zu fassen?!«, schnappte Plim. »Sind die werten Herrschaften etwa auch schon aufgewacht?« Sie nahm die Flöte und pfiff in das Glas der beiden, dass dieses vibrierte.
Daraufhin war sogar Mills aus seinen Träumen gerissen. Dümmlich saßen die beiden Kröten da und schauten durch die Scheibe zu Plim hinauf.
Taddel
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