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Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Titel: Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Seitz
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aufragte. »Das sind die Birken«, sagte er. »Die schneeweißen Birken mit den sprechenden Blättern.«
    »O ja«, freute sie sich, »jetzt weiß ich es wieder. Die Blätter, die den Mädchen zu Hilfe kamen. Sie haben für sie den Nebel geholt.«
    Sein Grinsen war mehr als bestätigend. Dann sah er Plim feurig an. »Das ist es«, zischte er. »Das ganze Märchen ist eine Wegbeschreibung! Eine unsichtbare Karte, wie sie genauer nicht hätte sein können. Alle Stationen bis zur Schwarzen Hütte sind darin enthalten. Angefangen beim gewundenen Pfad über die hölzerne Brücke bis hin zur Allee der schneeweißen Bäume.« Schadenfroh stieß er ein Lachen aus. »Das ist Rabenstein wohl entfallen, als er die Geschichte für seine Zwecke umgedichtet hat. Er hat nur ein paar Namen vertauscht, sonst nichts. Die Route aber hat er dummerweise beibehalten.«
    Mit diesen Worten nahm er Plim bei der Hand und rannte mit ihr zu den Bäumen. Die weißen Birken waren inzwischen zu mächtigen Bäumen herangewachsen, mit dicken Ästen und haushohen Wipfeln. Der Abendhimmel leuchtete durch die Zweige und beschien das goldene Laub, das vor ihnen auf dem Boden lag. Raschelnd bahnten sich die zwei ihren Weg. Immer wieder schielte Plim erwartungsvoll zu den welken Blättern hinunter. Sie hoffte insgeheim, dass diese vielleicht auch zu ihnen sprechen würden. Mittlerweile konnte sie sich wieder genau an das Märchen erinnern. Als Kind hatte ihr dieser Teil der Geschichte am besten gefallen. Doch anders als im Märchen blieb das Laub heute stumm. Einzig ihre Füße brachten es sachte zum Knistern.
    An einer mächtigen Eiche, die auf einer Anhöhe stand, hörte die Allee schließlich auf. Primus und Plim blieben stehen. Weder das Laub noch die Birken hatten zu ihnen gesprochen. Sichtlich enttäuscht blickte Plim zu den Bäumen zurück. Sie hätte sich doch so sehr darüber gefreut. Aber selbst Primus, der an diesen Teil der Geschichte nie so richtig geglaubt hatte, ließ nun seufzend die Mundwinkel hängen.
    »Jammerschade«, sagte Plim, »ich hatte gehofft, die Blätter würden uns den Nebel bringen. Wer weiß, vielleicht hätte der uns ja sogar zu dem Buch getragen?!«
    Schweigend standen sie da.
    Doch der Augenblick der Ruhe war nur von sehr kurzer Dauer. Denn schon im nächsten Moment geschah etwas, womit die beiden überhaupt nicht gerechnet hatten: Genau über ihren Köpfen, aus der Krone der alten Eiche, erklang auf einmal eine hämische Stimme.
    Mit einem bösen Unterton drangen die Worte zu ihnen herab:
    »Welch feine Gesellschaft an diesem entlegenen Ort.«
    Alle zuckten zusammen. Wie der Blitz fuhr Primus herum und blickte hinauf zu den Ästen. Er hielt sich die Hand über die Augen und blinzelte in die Sonne. So suchte er nach und nach die Baumkrone ab.
    Endlich wusste er, woher die rätselhafte Stimme gekommen war. Primus konnte seinen Augen nicht trauen. Denn mit den märchenhaften, sprechenden Blättern hatte sie rein gar nichts zu tun.
    Stattdessen zeichnete sich im Licht der glutroten Sonne eine Gestalt vor ihm ab, die wie eine Puppe auf einem der knorrigen Äste saß.
    Primus trat einen Schritt zurück. Er ging vorsichtig um die Eiche herum und blickte zu der mysteriösen Gestalt empor, deren funkelnde Augen nicht mehr von ihm abließen. Mit einem feurigen Blick starrte diese ihn an. Jetzt konnte er sie deutlich erkennen – und was er sah, gefiel ihm überhaupt nicht.
    Das Männchen war wesentlich kleiner als er, trug ein schmutziges Wams und alte, zerschlissene Strumpfhosen. Wie Lumpen hingen seine Stoffschuhe herab, deren lange Spitzen im Abendwind wehten.
    Schlagartig bekam Primus einen trockenen Mund. Er legte den Kopf in den Nacken, wobei seine Zunge wie ein vertrockneter Harzklumpen am Gaumen klebte. Genau in diesem Moment hatte er begriffen, wen er hier vor sich hatte: Über ihm im Baum saß niemand anderer als die Narrengestalt aus seinen Träumen.
    Die hüftlangen Zipfel baumelten von seiner Mütze, während er Primus durchdringend musterte. Dann beugte sich der Narr langsam nach vorne. Sein Gesicht war kalkweiß geschminkt.
    »Was ist das Begehr dieser illustren Gäste, wenn ich so kühn fragen darf?« Er verzog seinen Mund zu einem teuflischen Grinsen. »Habt ihr Euch verlaufen oder was führt Euch hierher?«
    Plim drückte sich ganz eng an Primus. »Ist das etwa dieser …?«
    »Er ist es«, presste Primus zwischen den Zähnen hindurch. Dann rollte er mit den Augen und suchte eilig nach einer passenden Antwort.

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