Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das unsagbar Gute

Das unsagbar Gute

Titel: Das unsagbar Gute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
Vom Netzwerk:
sprechen. Jedenfalls werden wir uns hier nicht einfach abknallen lassen!«
    »Werden wir nicht!«
    »Bleibt die Frage, was wir jetzt mit – du weißt schon – machen.«
    »Wir sollten jede weitere Aktion in dieser Hinsicht besser planen und vorbereiten, da hast du sicher recht.«
    »Es freut mich, dass du das so siehst! Aber klar: Es ist ja das Merkmal eines erfolgreichen Kaufmanns wie eines erfolgreichen Verbrechers, die Realität zu akzeptieren und sich nichts vorzumachen.«
    »Du formulierst das so schön, du solltest ein Buch darüber schreiben.«
    »Mach ich vielleicht, wenn das hier alles zu einem guten Ende gekommen ist. Aber zuvor müssen wir etwas mit deiner Oma und Herrn Guttmann machen.«
    »Oma kommt wieder in die Truhe, Guttmann bleibt für heute Nacht hier, es ist schon recht kühl. Morgen kaufen wir einen neuen Tiefkühler.«
    Dagegen wusste Dr. Nowak nichts einzuwenden. Manchmal war die stupideste Lösung auch die beste. Das Ganze aufschieben, warum nicht? Sie hatten für Entsorgungsaktionen (es waren ja nun schon zwei) ohnehin keine Zeit.
    Es geschah, wie es Manfredo vorgeschlagen hatte. Am nächsten Morgen fuhr Dr. Nowak mit der Bahn nach Feldkirch und mit dem Bus weiter nach Gisingen, wo noch sein zehn Jahre alter Suzuki Grand Vitara auf dem Parkplatz des Wohnblocks stand. Er entsorgte den Müll, der sich im Lauf der Zeit im Laderaum des SUV angehäuft hatte, in diversen Sammelbehältern, überlegte, ob er mit dem Wagen durch die Waschanlage sollte, und entschied sich dagegen. Wozu auch? Dann fuhr er nach Dornbirn und mit Manfredo in den Messepark. Sie kauften eine geräumige Kühltruhe. Den verblichenen Herrn Guttmannhatten sie noch am Abend zuvor mit Kabelbindern in eine Hockstellung fixiert, damit er in der Truhe sitzen konnte; im Liegen hätte er nicht hineingepasst, die Truhen, die sie sich im Internet angeschaut hatten, waren alle zu kurz.
    »Diese Behälter sind eben … wie soll ich sagen … für zerteilte Körper gedacht, nicht für vollständige. Wir könnten also …«
    »Wir werden Herrn Guttmann nicht zersägen«, unterbrach ihn Manfredo. »Das gibt doch eine wahnsinnige Sauerei.«
    »Nicht, wenn er tiefgefroren ist! Das ist so ein Trick, den ich in einem Gourmet-Magazin gelesen habe: Die kühlen das Fleisch tief, wenn sie ganz dünne Carpaccioscheiben runterschneiden wollen.«
    »Du liest Gourmet-Magazine?«
    »Man gönnt sich ja sonst nichts …«
    »Kommt trotzdem nicht in Frage. Wenn der Mann erst eingefroren wird, muss er sowieso in die Truhe – wenn er da reinpasst, wieso sollen wir ihn dann eigentlich wieder rausnehmen? Nur, um Platz zu sparen?«
    Diesem Argument wagte Dr. Nowak nichts entgegenzusetzen. Hätte er doch behaupten müssen: Ja, genau, um Platz zu sparen. Für … für … den Gedanken wollte er nicht zu Ende denken, so unerfreulich war er. Also sagte er nichts, Manfredo nahm es als Zustimmung. Die neue Truhe wurde im Keller angeschlossen, Guttmann hineingesetzt. Danach zog sich Dr. Nowak ins Labor zurück, um endlich das zu tun, weswegen er hergekommen war. Zunächst wollte er es langsam angehen und gewissermaßen zum Aufwärmen ein Kilo MDMA herstellen. Die nötigen großen Rundkolben und Apparaturen waren vorhanden. Dr. Nowak überlegte sich, wie man einem polizeilichen Besucher wohl das Vorhandensein von zwanzig Liter fassenden Glasgefäßen erklären würde – lief das noch als »Hobby« der nach Spanien verreisten pensionierten Chemielehrerin?Dabei fiel ihm ein, dass man solche Gebindegrößen zur Herstellung pflanzlicher Auszüge verwenden würde; es empfahl sich, ein paar Sorten Früchte und Kümmelsamen anzuschaffen, außerdem Obst für die eigene Alkoholproduktion. Zur Tarnung. Auszugliköre – das war so etwas wie Schnapsbrennen, das verstand hier jeder, das war unverdächtig. Wenn der Inspektor nicht in eine der Kühltruhen schaute, egal in welche … ich muss mich zusammenreißen, dachte er. Diese Nachdenkerei ist abwegig. Wenn jemand hier runterkommt, sind wir so oder so geliefert, da nutzen dann auch keine vorgetäuschten Likörbehälter. Aber was soll man machen? Jetzt heißt es einfach: Augen zu und durch!

    *

    Fritz Bindl ging in der Küche seiner Wohnung im 16. Wiener Gemeindebezirk auf und ab. Er tat dies schon geraume Zeit, mehr als eine halbe Stunde. Ab und zu trat er auf die Terrasse und schaute in den Innenhof hinunter, ohne dort etwas Bestimmtes wahrzunehmen. Die Wohnung lag im ausgebauten Dachgeschoss eines

Weitere Kostenlose Bücher