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Das unsagbar Gute

Das unsagbar Gute

Titel: Das unsagbar Gute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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war schlau genug, das nur zu denken. Er wusste nun auch, dass die Audienz sich dem Ende zuneigte. Er trank sein Bier aus.
    Charly stand auf. »Man sollte die Sache bereinigen«, sagte er.
    »Ja, das meine ich auch. Es bleibt ja wohl nichts anderes übrig.« Bindl sah Charly nicht mehr an, er fixierte etwas auf der Terrasse, ein Zeichen milder Missbilligung. Charly verschwand nach unten, Bindl folgte, bediente die Schlösser hinter seinem Adlatus mit großer Sorgfalt. Er fühlte sich besser. Eine Sache hatte sich geklärt, ein Problem würde gelöst werden. Charly wusste, was er zu tun hatte. Er war auch der richtige Mann dafür. Das kostete Geld, einen Extrabonus, darüber wurde nicht gesprochen, aber es wurde bezahlt. Aber Bindl hatte die Erfahrung gemacht, dass diese speziellen Probleme der allerfalscheste Platz waren, wo man sparen konnte. Nicht seine eigene Erfahrung, zum Glück, sondern die von Konkurrenten, bei denen er erste Reihe fußfrei zuschauen durfte, wohin es führte, wenn man etwas in Eigenregie machte, weil esbilliger war. Am Schluss bezahlte man mit vielen Jahren Gefängnis oder mit dem Leben.
    Das war eine Sache, die seine Mitbewerber nicht einsehen wollten. Zu viele orientierten sich an Serien im Fernsehen, wo die Leute des Gewerbes zu raschen und tödlichen Entschlüssen neigen. Dass dies nur aus dramaturgischen Gründen geschieht, sehen sie nicht ein und lassen sich von puren Phantasiegestalten zu ähnlichem Verhalten verleiten. Kindisch war das, idiotisch. Schon weil die Grundregel übertreten wurde: die Bereiche getrennt zu halten. Dies war dies und jenes war jenes, das eine hatte mit dem anderen nichts zu tun; Arbeitsteilung war wie in allen Bereichen modernen Wirtschaftslebens unumgänglich. Nicht jeder konnte auf allen Gebieten gleich erfahren und erfolgreich sein – die meisten Menschen waren das nicht einmal auf einem einzigen Sektor und kamen mit Müh und Not eben so durch. Solche Leute gab es nicht in seiner Organisation. Seine Leute hatten alle ein spezielles Talent, nur eines, aber das genügte auch. Bindl wusste, dass er selber über Charlys spezielles Talent nicht verfügte; er würde diese Sache im äußersten Notfall wohl auch zuwege bringen, aber deutlich mehr schlecht als recht. Und »recht« reichte hier nicht, das musste hervorragend gemacht werden. Ohne Spuren, ohne Beweise, ohne DNA-Wattestäbchen, Geschossmarkierungen, mitgeschnittene Handygespräche und den übrigen Kokolores. Charly war dazu in der Lage. Wie er das genau machte, wollte Bindl nicht wissen.
    Bindl dachte schon an etwas anderes, als er die Treppe zur Küche wieder hinaufstieg. Natürlich dachte er auch nicht mehr an Charlys Einwand. Dieser Guttmann war ein Provinzler wie die Amphetaminköche aus Dornbirn. Die kamen sich alle wahnsinnig gut vor, die Leute aus der Provinz. Die nämlich, die dort geblieben waren. Weil sie entweder zu feige oder zu unfähig waren, sich am einzigen Ort durchzusetzen, derwirklich zählte, in der Hauptstadt. Aber das konnten sie natürlich nicht zugeben, ihr ganzes Leben lang nicht, und kultivierten eben provinziellen Snobismus mit entsprechendem Überlegenheitsgefühl, das so stark sein konnte, dass der Sinn für die Realitäten davor dahinschwand. Bei einem Stadttheaterdirektor oder Intendanten ländlicher Sommerfestspiele war das skurril, im Falle Guttmann wurde es tödlich. Denn Bindl war nicht gewillt, mit metropolitaner Großzügigkeit darüber hinwegzusehen. Den Guttmann würde sein Schicksal ereilen und seine neuen Freunde von der Amphetaminfront auch.
    Einen anderen Grund für Guttmanns Schweigen als die Blödheit des Überheblichen konnte sich Bindl nicht vorstellen, das heißt: Er wollte sich nichts anderes vorstellen. Er war, sagen wir es offen, voreingenommen. Das war eine große Dummheit.

    *

    Sami hatte sich bei Schott gut eingelebt. Er bekam natürlich regelmäßig sein Futter, abwechselnd feucht und trocken; es hatte einiger schwieriger Wochen bedurft, bis »Seine Gnaden, der Kater«, wie ihn Schott nannte, durch mäkeliges Verschmähen oder freudiges Verschlingen jene Marken und Zusammenstellungen an Feuchtfutter bezeichnet hatte, das er zu sich zu nehmen geruhte. Sami mochte Huhn und Kalb, aber keinen Fisch und kein Rindfleisch. Mit Begeisterung fraß er ein wissenschaftlich ausgeklügeltes Trockenfutter, das Schott in einem Gartenmarkt versuchsweise besorgt hatte und das angeblich über alle notwendigen Vitamine und Spurenelemente verfügte, die Sami ein hohes

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