Das Unsterblichkeitsprogramm
wahrscheinlich beim Verlassen der Klinik identifizieren wird. Irgendeine Linse muss zu diesem Zeitpunkt am Himmel geschwebt sein. Deshalb vermute ich, dass ich nicht allzu viel Kooperationsbereitschaft erwarten kann.«
Bancroft verzog das Gesicht zu einem schiefen Lächeln. »Äußerst scharfsinnig, Mr. Kovacs. Aber in dieser Hinsicht brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Die Wei-Klinik – beziehungsweise das Wenige, was davon noch übrig ist – dürfte nicht geneigt sein, interne Aufzeichnungen freizugeben oder eine Klage gegen irgendjemanden anzustrengen. Durch offizielle Ermittlungen haben diese Leute mehr zu befürchten als Sie. Ob sie sich entscheiden, auf privatem Wege Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen, ist jedoch eine etwas schwierigere Frage.«
»Und Jerry?«
Ein Achselzucken. »Der gleiche Fall. Nachdem der Eigentümer tot ist, zählen nur noch Geschäftsinteressen.«
»Sehr gesittet.«
»Es freut mich, dass Sie es zu schätzen wissen.« Bancroft erhob sich. »Wie ich schon sagte, es war ein sehr ereignisreicher Morgen, und die Verhandlungen sind noch keineswegs abgeschlossen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das Ausmaß Ihrer Verwüstungen in Zukunft ein wenig einschränken könnten. Die Sache hat sich als recht kostspielig erwiesen.«
Als ich aufstand, sah ich für einen kurzen Moment am Rande meines Gesichtsfeldes die Leuchtspuren des Feuers von Innenin, hörte das Geschrei des Todes mit einer Lautstärke, die bis in die Knochen drang, und plötzlich klang Bancrofts elegantes Understatement krank und grotesk, wie die antiseptischen Worte in General MacIntyres Schadensberichten… ein angemessener Preis für die Sicherung des Brückenkopfes von Innenin… MacIntyre war genauso wie Bancroft ein Machtmensch gewesen, und wenn solche Männer von einem angemessenen Preis sprachen, konnte man sich einer Sache sicher sein.
Dass ein anderer den Preis zu zahlen hatte.
17
Das Revier an der Fell Street war ein unscheinbarer Block in einem Stil, von dem ich vermutete, dass es sich um Marsianisches Barock handelte. Ob er von vornherein als Polizeirevier geplant worden war oder man ihn anschließend umgebaut hatte, war schwer zu entscheiden. Das Gebäude war potenziell eine Festung. Die Verblendung aus künstlich erodiertem Rubinstein und die Strebepfeiler waren so angeordnet, dass sich eine Reihe von Nischen ergab, in denen hohe Buntglasfenster mit den unaufdringlichen Knöpfen von Schildgeneratoren eingelassen waren. Unter den Fenstern waren aus der rauen Oberfläche des Mauerwerks gezackte Sperren herausgearbeitet worden, die das Morgenlicht auffingen und blutrot zurückwarfen. Ich konnte nicht erkennen, ob die Stufen zum Eingangsbogen mit Absicht uneben gestaltet oder einfach nur abgenutzt waren.
Drinnen umfing mich sofort das farbig gebrochene Licht, das durch das Fenster fiel, und eine eigenartige Ruhe. Ich tippte auf subsonische Schwingungen, als ich einen Blick auf das menschliche Treibgut warf, das unterwürfig auf den Bänken wartete. Falls es sich um verhaftete Tatverdächtige handelte, wirkten sie erstaunlich unbesorgt, und ich bezweifelte, dass es auf den Einfluss der zenpopulistischen Wandbilder zurückzuführen war, die den Saal zierten. Ich überquerte den Streifen aus buntem Licht, schob mich zwischen kleinen Menschengruppen hindurch, die sich in gedämpftem Tonfall unterhielten, was eher zu einer Bibliothek als zu einer Strafverfolgungsbehörde passte, und erreichte schließlich einen Empfangstresen. Ein uniformierter Polizist blinzelte mich freundlich an – anscheinend wirkte sich die Subsonik auch auf ihn aus.
»Lieutenant Ortega«, sagte ich zu ihm. »Organische Defekte.«
»Wen darf ich melden?«
»Sagen Sie, Elias Ryker möchte sie sprechen.«
Am Rande meines Gesichtsfelds bemerkte ich einen anderen Uniformträger, der sich umdrehte, als ich den Namen nannte, aber er sagte nichts. Der Polizist am Empfang benutzte das Telefon, dann wandte er sich wieder an mich.
»Sie schickt jemanden herunter. Sind Sie bewaffnet?«
Ich nickte und griff in die Jacke, um die Nemex hervorzuziehen.
»Bitte geben Sie die Waffe langsam und vorsichtig ab«, fügte er mit einem liebenswürdigen Lächeln hinzu. »Unsere Sicherheitssoftware ist etwas empfindlich und würde Sie sofort betäuben, wenn Sie den Eindruck erweckten, Sie könnten Ihre Waffe benutzen wollen.«
Ich reduzierte meine Bewegungen auf Zeitlupentempo, legte die Nemex auf den Tresen, und schnallte dann das
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