Das Unsterblichkeitsprogramm
Makrele für mich, wenn ihr eine seht.«
»Aye aye.« Sie legte die Hand an die Schläfe, um ironisch zu salutieren, was uns beide unerwartet zum Lächeln brachte. Miriams Blick wurde unruhig und blieb schließlich an mir hängen. »Mögen Sie Meeresfrüchte, Mr. Kovacs?«
»Vermutlich. Ich hatte nur wenig Zeit, um zu probieren, was die Erde an Genüssen zu bieten hat. Bisher habe ich nur das gegessen, was mein Hotel auf dem Speiseplan hat.«
»Gut. Wenn Sie einen Geschmack dafür entwickeln«, sagte sie bedeutungsschwanger, »werden wir Sie vielleicht ebenfalls dort antreffen, oder?«
»Vielen Dank, aber das bezweifle ich.«
»Gut«, wiederholte sie fröhlich. »Lass dir nicht zu viel Zeit, Laurens. Ich brauche irgendjemanden, der mir hilft, damit Nalan nicht die ganze Zeit Marco am Hals hat. Er rast vor Wut, nebenbei bemerkt.«
Bancroft brummte. »Wie er heute gespielt hat, überrascht es mich nicht. Eine Weile habe ich gedacht, er hätte es absichtlich getan.«
»Es war nicht das letzte Spiel«, sagte ich, ohne jemand Bestimmten anzusprechen.
Die Bancrofts sahen mich gleichzeitig an, er mit undurchschaubarer Miene, sie mit geneigtem Kopf und einem plötzlichen Lächeln, das sie mit einem Mal kindlich erscheinen ließ. Einen Moment lang erwiderte ich ihren Blick, und sie hob die Hand, um ihr Haar zu berühren, eine Geste, in der eine winzige Unsicherheit zu liegen schien.
»Curtis kommt gleich mit der Limousine«, sagte sie. »Ich muss jetzt gehen. Es war mir ein Vergnügen, Sie wiederzusehen, Mr. Kovacs.«
Wir beobachteten, wie sie über den Rasen davonging, wie ihr Tennisrock auf und ab hüpfte. Auch wenn man berücksichtigte, dass Bancroft seine Frau gar nicht als sexuelles Wesen wahrzunehmen schien, steuerte Miriam mit ihren Wortspielen für meinen Geschmack etwas zu hart am Wind. Ich musste das Schweigen irgendwie ausfüllen.
»Verraten Sie mir eins, Bancroft«, sagte ich, ohne den Blick von der sich entfernenden Gestalt abzuwenden. »Ich möchte nicht respektlos erscheinen, aber warum verbringt jemand, der mit ihr verheiratet ist, der sich entschieden hat, die Ehe mit ihr fortzusetzen, so viel Zeit mit, ich zitiere, käuflicher sexueller Erfüllung?«
Ohne Eile wandte ich mich ihm wieder zu und sah, dass er mich mit ausdrucksloser Miene beobachtete. Mehrere Sekunden lang sagte er nichts, und als er sprach, war seine Stimme bewusst unverbindlich.
»Haben Sie jemals ins Gesicht einer Frau abgespritzt, Kovacs?«
Im Corps lernt man zu einem frühen Zeitpunkt, Kulturschocks zu verarbeiten, aber immer wieder bricht etwas durch die schützende Rüstung, sodass man sich mit einem Mal wie ein Puzzleteil fühlt, das nicht zur umgebenden Wirklichkeit passt. Ich brauchte einen winzigen Moment, um meinen fassungslos starrenden Blick zu unterdrücken. Dieser Mann, der älter war als die gesamte menschliche Geschichte meines Heimatplaneten, hatte mir eine Frage gestellt. Es war, als hätte er gefragt, ob ich jemals mit Wasserpistolen gespielt hätte.
»Äh… ja. Es… äh… kommt gelegentlich vor, wenn…«
»Mit einer Frau, die Sie bezahlt haben?«
»Nun ja, manchmal. Nicht zwangsläufig. Ich…« Dann erinnerte ich mich an das hemmungslose Lachen seiner Frau, als ich in ihrem Mund explodiert war, als ich mich über ihre Fingerknöchel ergossen hatte, wie Schaum aus einer geöffneten Champagnerflasche. »Ich kann mich gar nicht so genau erinnern. Für mich ist es kein ausgesprochener Fetisch, und…«
»Für mich auch nicht«, sagte der Mann, der mir gegenüber saß, mit ein wenig zu viel Nachdruck. »Ich habe es lediglich als Beispiel gewählt. In jedem von uns gibt es Dinge, jeder von uns hat Wünsche, die man lieber unterdrücken sollte. Zumindest lassen sie sich nicht in einem zivilisierten Kontext ausleben.«
»Ich sehe eigentlich keinen Widerspruch zwischen der Zivilisation und dem Verspritzen von Sperma.«
»Sie sind auch nicht von hier«, sagte Bancroft nachdenklich. »Sie kommen aus einer stürmischen, jungen Kolonialzivilisation. Sie können keine Vorstellung davon haben, wie wir hier auf der Erde durch jahrhundertelange Tradition geformt wurden. Die Menschen, die jung im Geist waren, die den Sinn für Abenteuer hatten, sind scharenweise mit den Schiffen fortgeflogen. Sie wurden sogar ermutigt, die Erde zu verlassen. Geblieben sind die Phlegmatischen, die Gehorsamen, die Beschränkten. Ich habe es selbst miterlebt, und damals war ich froh darüber, weil es für mich dadurch einfacher wurde,
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