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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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ein Imperium zu errichten. Jetzt frage ich mich, ob es sich gelohnt hat, diesen hohen Preis zu zahlen. Die Gesellschaft kehrte den Blick nach innen, sie suchte hektisch nach neuen Normen und begnügte sich schließlich mit dem Altvertrauten. Strikte Moral, strikte Gesetze. Die Deklarationen der UN versteinerten zur globalen Konformität, und es bildete sich eine…« – er gestikulierte vage – »eine überkulturelle Zwangsjacke, verstärkt durch eine tief sitzende Furcht vor allem, was aus den Kolonien kam. Das Protektorat wurde errichtet, während die Schiffe noch unterwegs waren. Als die ersten auf anderen Welten landeten, wachten die eingelagerten Menschen in einer sorgsam vorbereiteten Tyrannei auf.«
    »Sie reden, als würden Sie außerhalb von allem stehen. Trotz Ihrer Einsichten schaffen Sie es nicht, sich einen Weg in die Freiheit zu erkämpfen?«
    Bancroft lächelte matt. »Kultur ist wie Smog. Wer darin leben will, muss einen Teil davon einatmen und sich zwangsläufig vergiften lassen. Und was bedeutet in diesem Zusammenhang überhaupt Freiheit? Die Freiheit, sein Sperma ins Gesicht und die Brüste meiner Frau zu spritzen? Die Freiheit, sie vor meinen Augen masturbieren zu lassen, ihren Körper mit anderen Männern und Frauen zu teilen? Zweihundertfünfzig Jahre sind eine sehr lange Zeit, Mr. Kovacs, genug Zeit, für eine sehr lange Liste schmutziger und entwürdigender Phantasien, die den Geist infizieren und die Hormone jedes neuen Sleeves erregen. Während gleichzeitig die feineren Empfindungen reiner und seltener werden. Haben Sie eine Vorstellung, was innerhalb eines solchen Zeitraums mit emotionalen Bindungen geschieht?«
    Ich öffnete den Mund, doch er hob die Hand, damit ich nichts sagte. Ich tat ihm den Gefallen. Schließlich geschah es nicht jeden Tag, dass man die Ergüsse einer mehrere Jahrhunderte alten Seele hörte, und Bancroft hatte sich in Fahrt geredet.
    »Nein«, beantwortete er seine eigene Frage. »Wie könnten Sie auch? Genauso wie Ihre Kultur viel zu seicht ist, um anerkennen zu können, wie es ist, auf der Erde zu leben, so können Sie mit Ihrer Lebenserfahrung niemals einschätzen, wie es ist, denselben Menschen zweihundertfünfzig Jahre lang zu lieben. Schließlich, wenn man es ausgehalten hat, wenn man den Fallgruben der Langeweile und der Selbstzufriedenheit ausgewichen ist, bleibt einem etwas, das nicht Liebe ist. Es ist eher so etwas wie Verehrung. Wie soll man nun diesen Respekt, diese Ehrfurcht, mit den niederen Trieben in Einklang bringen, die der gegenwärtige Körper gerade verspürt? Ich sage es Ihnen. Es geht nicht.«
    »Also lassen Sie stattdessen bei Prostituierten Dampf ab.«
    Das matte Lächeln kehrte zurück. »Ich bin keineswegs stolz auf mich, Mr. Kovacs. Aber man kann nicht so lange leben, ohne sich selbst mit jeder Facette zu akzeptieren, selbst mit der widerlichsten. Die Frauen sind da. Sie befriedigen ein Bedürfnis des Marktes und werden entsprechend dafür entschädigt. Und auf diese Weise entschlacke ich mich.«
    »Weiß Ihre Frau davon?«
    »Natürlich. Schon seit langer Zeit. Oumou hat mir mitgeteilt, dass Ihnen die Einzelheiten zum Fall Leila Begin bereits bekannt sind. Miriam hat sich seitdem erheblich beruhigt. Ich bin davon überzeugt, dass sie Ihre eigenen Abenteuer sucht.«
    »Wie überzeugt?«
    Bancroft winkte gereizt ab. »Spielt das eine Rolle? Ich lasse meine Frau nicht überwachen, falls Sie das meinen, aber ich kenne sie. Sie muss genauso wie ich mit ihrem Appetit fertig werden.«
    »Und Sie können damit leben?«
    »Mr. Kovacs, man kann mir vieles nachsagen, aber ich bin kein Heuchler. Es sind körperliche Bedürfnisse, mehr nicht. Das weiß Miriam genauso wie ich. Und da diese Fragen zu nichts führen, möchte ich Sie bitten, wieder zur Sache zu kommen. Elliott konnten Sie keine Schuld nachweisen. Wie kann ich Ihnen nun weiterhelfen?«
    Ich traf eine Entscheidung, die aus einer Region der Instinkte kam, weit unterhalb des bewussten Denkens, und schüttelte den Kopf. »Im Augenblick hätte ich keine weiteren Fragen.«
    »Aber Sie werden bald welche haben?«
    »Ja. Was diesen Sleeve betrifft, können Sie Ortega abhaken. Aber da wäre immer noch Kadmin. Er war nicht hinter Ryker her. Er kannte mich. Irgendwas geht da vor.«
    Bancroft nickte zufrieden. »Werden Sie mit Kadmin reden?«
    »Wenn Ortega mich lässt.«
    »Das heißt?«
    »Das heißt, dass die Polizei sich die Satellitenbilder von Oakland anschauen wird, was heißt, dass sie mich

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