Das Unsterblichkeitsprogramm
skeptischen Blick über die Schulter zu. »Wollen Sie ihn einschüchtern, damit er eine Aussage macht? Dimitri Kadmin? Ich glaube nicht, dass das funktioniert.«
»Er dürfte etwas verwirrt sein, und in einem solchen Zustand neigen Menschen dazu, unbeabsichtigt Dinge preiszugeben. Vergessen Sie nicht, dieser Typ arbeitet für jemanden, der meinen Tod will. Jemanden, der Angst vor mir hat, zumindest oberflächlich. Vielleicht hat ein bisschen davon auf Kadmin abgefärbt.«
»Und das soll mich überzeugen, dass Bancroft doch ermordet wurde?«
»Ortega, es spielt keine Rolle, ob Sie davon überzeugt sind oder nicht. Das haben wir doch längst ausdiskutiert. Sie wollen, dass Rykers Sleeve so schnell wie möglich in den Tank zurückkehrt, damit er außer Gefahr ist. Je schneller wir herausfinden, was hinter Bancrofts Tod steckt, desto früher wird das geschehen. Und das Risiko, dass ich mir organische Defekte zuziehe, verringert sich erheblich, wenn ich nicht im Dunkeln herumtappe. Das heißt konkret, wenn Sie mir helfen. Sie wollen sicher vermeiden, dass dieser Sleeve bei der nächsten Schießerei abgeschrieben werden kann, oder?«
»Bei der nächsten Schießerei?« Fast eine halbe Stunde intensiver Diskussion war nötig gewesen, Ortega unsere neue Beziehung zueinander klar zu machen, und sie hatte es immer noch nicht aufgegeben, vor mir die Polizistin herauskehren zu müssen.
»Ja, nachdem ich das Hendrix verließ«, improvisierte ich eine Geschichte und verfluchte die biochemische Verquickung, die mich aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, »zog ich mir einen bösen blauen Fleck zu. Es hätte schlimmer kommen können.«
Sie warf mir einen längeren Blick über die Schulter zu.
Die virtuellen Verhörkabinen befanden sich in einer Reihe von Ballonkammern auf einer Seite des Erdgeschosses. Micky führte uns beide zu erschöpft wirkenden Autoformsofas, die sich nur träge an unsere Körper anpassten, brachte die Elektroden und Hypnofone an, dann schaltete er das System mit der eleganten Armbewegung eines Konzertdirigenten über den zweckmäßig gestalteten Konsolen ein. Er betrachtete die Bildschirme, die nun zum Leben erwachten.
»Zu viel Verkehr«, sagte er und hustete angewidert seinen Frosch im Hals aus. »Der Polizeipräsident hat sich in irgendeine Konferenzumgebung eingeklinkt und blockiert damit das halbe System. Wir werden warten müssen, bis jemand anderer offline geht.« Er drehte sich zu Ortega um. »He, ist das die Hinchley-Geschichte?«
»Ja.« Ortega sah mich an, um mich in das Gespräch einzubeziehen. Vielleicht wollte sie damit unsere Kooperation demonstrieren. »Letztes Jahr fischte die Küstenwache ein Kind aus dem Meer. Mary Lou Hinchley. Von der Leiche war nicht mehr viel übrig, aber der Stack war unversehrt. Raten Sie mal, was sich ergab, als wir das Ding anschlossen?«
»Sie war katholisch?«
»Ihre Methode der Totalen Absorption scheint zu funktionieren, wie? Ja, das Erste, was wir beim Auslesen erhielten, war der Hinweis Zugang aus Gewissensgründen verweigert. Normalerweise ist ein solcher Fall damit erledigt, aber El…« Sie brach ab und setzte neu an. »Der verantwortliche Ermittler wollte es nicht dabei bewenden lassen. Hinchley stammte aus der Nachbarschaft, er hatte das Mädchen gelegentlich gesehen. Er kannte sie nur flüchtig, aber« – ein Achselzucken – »er wollte nicht locker lassen.«
»Sehr hartnäckig. Elias Ryker?«
Sie nickte.
»Er ging den Leuten in der Pathologie einen Monat lang auf die Nerven. Schließlich fanden sie einen Hinweis, dass die Leiche aus einem Luftwagen geworfen worden war. Wir haben ein paar Recherchen angestellt und sind auf eine Konversion gestoßen, die zehn Monate alt war, und auf einen katholischen Freund, der genug von Infotech versteht, um den Eid gefälscht haben zu können. Die Familie des Mädchens ist zwar nominell christlich, aber die meisten sind keine Katholiken. Außerdem sind sie ziemlich reich und besitzen eine Gruft voller gestackter Vorfahren, die sie zu großen Familienereignissen herausholen. Die Abteilung hält seit gut einem Jahr immer wieder virtuelle Vernehmungen mit diesen Leuten ab.«
»Zum Glück gibt es die Resolution 653, wie?«
»Ja.«
Wir verlegten uns wieder darauf, die Decke über den Sofas zu betrachten. Die Kabine war eine schlichte Ballonkammer, aus einer einzigen Polyfaser-Kugel aufgeblasen, wie es ein Kind mit Kaugummi machte, mit herausgelaserten Türen und Fenstern, die man anschließend mit
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