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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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Hüfthöhe ein. Ich wich beiden Hieben mit einer Bewegung aus und packte seinen Fuß. Ein heftiger Ruck, und Curtis verlor das Gleichgewicht und landete mit ausgestreckten Armen und Beinen auf dem Tresen. Ich schlug sein Gesicht gegen die unnachgiebige Oberfläche und hielt ihn an den Haaren fest.
    »Verstehen Sie jetzt, was ich meine?«
    Er gab erstickte Laute von sich und strampelte hilflos herum, während der uhrgesichtige Barkeeper ungerührt dastand. Das Blut aus seiner gebrochenen Nase war über den Tresen verschmiert. Ich betrachtete das rote Muster, während ich meinen Atem wieder normalisierte. Es strengte mich so sehr an, meine Konditionierung zu unterdrücken, dass ich keuchte. Ich griff nach seinem rechten Arm und zog ihn auf den Rücken. Das Gestrampel hörte auf.
    »Gut. Jetzt halten Sie still, wenn Sie vermeiden möchten, dass ich Ihnen den Arm breche. Ich bin nicht in Stimmung für solche Spielereien.« Während ich sprach, durchsuchte ich schnell seine Taschen. In der Innentasche seiner Jacke fand ich ein Plastikröhrchen. »Aha. Das ist also der kleine Glücksbringer, mit dem Sie heute Ihr Selbstbewusstsein angekurbelt haben, wie? Ein Hormonverstärker, wenn ich nach Ihrer Latte gehe.« Ich hielt das Röhrchen ins schwache Licht und erkannte darin Tausende winziger Kristallsplitter. »Aus Militärbeständen. Woher haben Sie das Zeug, Curtis? Ein Entlassungsgeschenk von den Marines?« Ich setzte meine Suche fort und stieß auf die Injektionsvorrichtung, so etwas wie eine schlichte kleine Pistole mit Führungskammer und magnetischer Spule. Man schüttete die Kristalle in den Verschluss, verriegelte ihn, dann richtete das Magnetfeld sie aus, und der Beschleuniger jagte sie mit ausreichend Geschwindigkeit unter die Haut. Das Ding unterschied sich gar nicht so sehr von Sarahs Nadelpistole. Für Ärzte auf dem Schlachtfeld war so etwas eine widerstandsfähige und demzufolge sehr beliebte Alternative zu Spritzen.
    Ich zog Curtis auf die Beine und stieß ihn von mir weg. Er schaffte es, nicht wieder das Gleichgewicht zu verlieren, und hielt sich mit einer Hand die Nase, während er mich wütend anfunkelte.
    »Sie sollten den Kopf in den Nacken legen, um die Blutung zu stoppen«, riet ich ihm. »Reden Sie weiter, ich werde Ihnen nicht noch einmal wehtun.«
    »Bistkerl!«
    Ich hielt die Kristalle und die kleine Waffe hoch. »Woher haben Sie das?«
    »Lecken Sie bich ab Asch, Kovacs.« Widerwillig legte Curtis den Kopf ein wenig zurück, damit er mich weiterhin im Blickfeld hatte. Seine Augen rollten in den Höhlen wie die eines verängstigten Pferdes. »Von bir erpahren Sie gar nichts.«
    »Wie Sie meinen.« Ich stellte die Chemieausrüstung auf die Bar und betrachtete Curtis ein paar Sekunden lang mit ernster Miene. »Dann werde ich Ihnen stattdessen etwas erzählen. Wissen Sie, was man mit Leuten macht, die zu Envoys werden sollen? Man brennt ihnen jeden Instinkt der Gewaltvermeidung aus, der sich im Laufe der Evolution in der menschlichen Psyche herausgebildet hat. Die Erkennung von Unterwerfungssignalen, die Dynamik einer Hackordnung, Loyalität gegenüber dem Rudel. Alles wird ausgelöscht, jedes einzelne Neuron. Und die Lücke ersetzen sie mit dem bewussten Willen, anderen Schaden zuzufügen.«
    Er starrte mich schweigend an.
    »Haben Sie mich verstanden? Vorhin wäre es für mich wesentlich leichter gewesen, Sie einfach nur zu töten. Ich musste mich zusammenreißen. Das ist ein Envoy, Curtis. Ein auseinander genommener und neu zusammengesetzter Mensch. Ein künstliches Wesen.«
    Das Schweigen hielt an. Ich hatte keine Ahnung, ob er begriff, was ich ihm zu sagen hatte. Wenn ich an Newpest vor anderthalb Jahrhunderten und den jungen Takeshi Kovacs zurückdachte, bezweifelte ich, dass er mich verstanden hatte. In seinem Alter hätte das alles wie eine zum Leben erweckte Allmachtsphantasie geklungen.
    Ich zuckte die Achseln. »Falls Sie es nicht bereits erraten haben, meine Antwort auf die Frage der Lady lautet: Nein, ich bin nicht interessiert. Sind Sie jetzt glücklich und zufrieden? Immerhin hat es Sie eine gebrochene Nase gekostet, um das herauszufinden. Wenn Sie sich nicht bis zum Stehkragen voll gepumpt hätten, wäre der Preis vielleicht sogar etwas geringer ausgefallen. Sagen Sie ihr, dass ich ihr herzlich danke und das Angebot zu schätzen weiß, aber ich habe zu viel zu tun und kann hier im Augenblick nicht weg. Sagen Sie ihr, dass es mir allmählich Spaß macht.«
    Vom Eingang zur Bar kam ein

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