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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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treuer…«
    »Wenn Sie auch den Rest gesehen haben, wissen Sie, dass das nicht stimmt.« Ich bemühte mich um einen ruhigen Tonfall, obwohl Rykers Hormone es mir nicht leicht machten. »Ich habe zu Curtis gesagt, dass ich nicht interessiert bin. Das habe ich ihm vor zwei Tagen gesagt.«
    »Haben Sie eine Vorstellung, was die Anklage mit diesem Material machen würde? Miriam Bancroft versucht den Detektiv ihres Ehemanns mit sexuellen Gefälligkeiten zu bestechen, damit er die Ermittlungen einstellt. Ach ja, und die Möglichkeit, sich multipel sleeven zu lassen, selbst wenn ihr das nicht bewiesen werden kann, dürfte vor Gericht einen ziemlich schlechten Eindruck machen.«
    »Sie wird alles abstreiten. Sie wissen genau, dass sie damit durchkommt.«
    »Falls ihr Meth-Gatte sein Gewicht auf ihre Waagschale werfen will. Was er vielleicht nicht tut, wenn er das hier sieht. Schließlich geht es diesmal nicht um einen zweiten Fall Leila Begin. Das ist ein anderer moralischer Stiefel.«
    Die Anspielung auf die Moral streifte nur den äußersten Rand der Auseinandersetzung, doch als sie verebbte, wurde ich mir der unangenehmen Tatsache bewusst, dass sie in Wirklichkeit entscheidend für das war, was hier vor sich ging. Ich erinnerte mich an Bancrofts kritische Einschätzung der moralischen Kultur auf der Erde und fragte mich, ob er tatsächlich in der Lage war, meinen Kopf zwischen den Schenkeln seiner Frau zu sehen und sich nicht betrogen zu fühlen.
    Ich versuchte mir immer noch darüber im Klaren zu werden, wie ich zu dieser Angelegenheit stand.
    »Und da wir gerade beim Thema Anklage sind, Kovacs, der abgetrennte Kopf, den Sie aus der Wei-Klinik mitgenommen haben, wird Ihnen auch keine mildernden Umstände verschaffen. Die illegale Zurückhaltung eines DigIns bringt auf der Erde fünfzig bis hundert ein – und sogar noch mehr, wenn wir beweisen können, dass Sie den Kopf abgesäbelt haben.«
    »Das wollte ich Ihnen noch sagen.«
    »Nein, das wollten Sie nicht, verdammt!«, knurrte Ortega. »Sie wollen mir nicht das Schwarze unter dem Fingernagel erzählen, solange es nicht unumgänglich ist!«
    »Hören Sie, die Klinik wird es sowieso nicht wagen, Anklage zu erheben. Diese Leute haben viel zu viel…«
    »Sie arrogantes Arschloch!« Die Kaffeetasse landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Teppich, und Ortega ballte die Hände zu Fäusten. Jetzt stand echte Wut in ihren Augen. »Sie sind genauso wie er, verdammte Scheiße! Sie glauben, wir brauchen diese verdammte Klinik und die Aufzeichnungen, wie Sie einen abgetrennten Kopf in den Kühlschrank eines Hotels legen. Ist das dort, wo Sie herkommen, kein Verbrechen, Kovacs? Sind Enthauptungen…?«
    »Einen Moment.« Ich stellte meinen Kaffee auf den Stuhl neben mir. »Wie wer?«
    »Was?«
    »Sie sagten gerade, ich sei genauso wie…«
    »Lenken Sie nicht vom Thema ab. Haben Sie begriffen, was Sie hier getan haben, Kovacs?«
    »Das Einzige, was ich beg…« Unvermittelt kamen Geräusche vom Bildschirm hinter mir, ein tiefes Stöhnen und organisches Saugen. Ich blickte auf die Fernbedienung, die ich mit der Linken umklammert hielt, und fragte mich, wie ich unabsichtlich die Abspielfunktion aktiviert hatte. Ein tiefer, weiblicher Seufzer jagte das Blut zuckend durch meine Eingeweide. Dann hatte sich Ortega auf mich gestürzt und versuchte mir die Fernbedienung zu entwinden.
    »Geben Sie mir das verdammte Ding und schalten Sie diesen…«
    Einen Moment lang wehrte ich mich gegen sie, und unser Kampf führte nur dazu, dass sich die Lautstärke erhöhte. Dann erfasste mich plötzlich eine Bö geistiger Klarheit, und ich ließ los. Ortega stolperte, stieß gegen den Stuhl und drückte Knöpfe.
    »… Mist aus.«
    Dann herrschte Stille, in der nur unsere schweren Atemzüge zu hören waren. Ich richtete den Blick auf eins der verriegelten Bullaugen. Ortega kniete zwischen dem Stuhl und meinem Bein und schaute offenbar immer noch auf den Bildschirm. Ich hatte das Gefühl, dass wir für einen kurzen Moment im gleichen Rhythmus atmeten.
    Als ich mich umdrehte und ihr auf die Beine half, kam sie mir bereits entgegen. Ich glaube, unsere Hände hatten längst begonnen, bevor wir uns klar wurde, was geschah.
    Es war wie eine Entladung. Die sich umkreisenden Gegensätze stürzten ineinander, wie Orbitale, die in der Atmosphäre verglühten und sich einer wechselseitigen Gravitation ergaben, die wie Ketten an ihnen gezerrt hatte. Die Erlösung schoss wie ein Flammenstrahl durch die

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