Das Unsterblichkeitsprogramm
Polizei hat die Waffe neben Ihnen gefunden?«
»Ja.«
»Besitzen Sie eine Waffe, die zu diesem Zweck verwendet worden sein könnte?«
»Ja. Es war meine Waffe. Ich bewahre sie in einem Safe unter dem Schreibtisch auf. Mit Handflächenschloss. Man fand den Safe geöffnet vor, und sonst wurde nichts herausgenommen. Wollen Sie ihn sich ansehen?«
»Im Augenblick noch nicht, danke.« Ich wusste aus Erfahrung, wie schwer sich Spiegelholz bewegen ließ. Ich hob eine Ecke des Webteppichs an, der unter dem Schreibtisch lag. Im Fußboden befand sich eine fast unsichtbare Fuge. »Auf wessen Handabdruck ist das Schloss codiert?«
»Auf Miriams und meinen.«
Es folgte eine bedeutungsvolle Pause. Bancroft seufzte, laut genug, dass es bis zu mir drang. »Na los, Kovacs! Sagen Sie es. Alle haben es gesagt. Entweder habe ich Selbstmord begangen, oder meine Frau hat mich ermordet. Es gibt einfach keine andere sinnvolle Erklärung. Ich habe es immer wieder gehört, seit man mich in Alcatraz aus dem Tank gezogen hat.«
Ich blickte mich gründlich im Raum um, bevor ich seinen Blick erwiderte.
»Nun, Sie müssen zugeben, dass diese Erklärung die Polizeiarbeit erleichtert«, sagte ich. »Eine elegante und schlüssige Erklärung.«
Er schnaufte, aber es war auch ein Lachen herauszuhören. Ich stellte fest, dass ich diesen Mann trotz meiner Bedenken allmählich sympathisch fand. Ich ging wieder nach draußen auf den Balkon und lehnte mich gegen das Geländer. Unten patrouillierte eine schwarz gekleidete Gestalt mit geschulterter Waffe über den Rasen. In der Ferne schimmerte der Energiezaun. Ich starrte eine Weile in diese Richtung.
»Sie behaupten also, dass sich jemand an allen Sicherheitseinrichtungen vorbeigeschlichen hat und hier eingebrochen ist, einen Safe geöffnet hat, zu dem nur Sie und Ihre Frau Zugang haben, und Sie ermordet hat, ohne irgendetwas durcheinander zu bringen. Sie sind ein intelligenter Mann. Sie müssen gute Gründe haben, an eine solche Möglichkeit zu glauben.«
»O ja. Sogar mehrere.«
»Gründe, die die Polizei nicht zur Kenntnis nehmen will.«
»Ja.«
Ich drehte mich zu ihm um. »Gut. Dann schießen Sie los.«
»Der Hauptgrund steht vor Ihnen, Mr. Kovacs«, sagte er. »Ich bin hier. Ich bin zurück. Man kann mich nicht töten, indem man einfach meinen kortikalen Stack auslöscht.«
»Sie lassen sich extern speichern. Ganz offensichtlich. Sonst wären Sie nicht hier. In welchen Zeitabständen werden die Updates gemacht?«
Bancroft lächelte. »Alle achtundvierzig Stunden.« Er tippte sich gegen das Genick. »Direkter Needlecast von hier in einen abgeschirmten Stack bei PsychaSec drüben in Alcatraz. Ich muss gar nicht daran denken.«
»Und dort liegen auch Ihre Klone bereit.«
»Genau. In multipler Ausfertigung.«
Die garantierte Unsterblichkeit. Ich dachte eine Weile darüber nach und fragte mich, wie mir so etwas gefallen würde. Ob mir so etwas gefallen würde.
»Muss ziemlich teuer sein«, sagte ich schließlich.
»Nicht besonders. Mir gehört PsychaSec.«
»Oh.«
»Sie verstehen also, Kovacs, dass weder ich noch meine Frau den Schuss abgefeuert haben können. Weil wir beide wussten, dass man mich auf diese Weise nicht töten kann. Auch wenn es sich unwahrscheinlich anhört, es muss ein Fremder gewesen sein. Jemand, der nichts über die externe Speicherung wusste.«
Ich nickte. »Gut. Wer sonst weiß noch davon? Um das Feld ein wenig einzugrenzen.«
»Außer meiner Familie?« Bancroft zuckte die Achseln. »Meine Anwältin, Oumou Prescott. Ein paar ihrer Mitarbeiter. Der Direktor von PsychaSec. Und das war’s auch schon.«
»Anderseits«, sagte ich, »ist ein Selbstmord nur selten eine rationale Handlung.«
»Ja, das hat die Polizei auch gesagt. Damit haben sie gleichzeitig alle anderen kleinen Ungereimtheiten in ihrer Theorie wegerklärt.«
»Welche waren das?«
Das war es, was Bancroft zuvor hatte erwähnen wollen. Die Worte sprudelten förmlich aus ihm heraus. »Zum Beispiel die Tatsache, dass ich die letzten zwei Kilometer zu Fuß gelaufen sein soll, bevor ich mein Grundstück betreten habe, um dann meine interne Uhr zu synchronisieren, bevor ich mich selbst getötet habe.«
Ich blinzelte. »Wie bitte?«
»Die Polizei fand Spuren eines gelandeten Kreuzers auf einem Feld zwei Kilometer außerhalb des Grundstücks von Suntouch House. Passenderweise liegt diese Stelle gerade außerhalb der Reichweite der Sicherheitsüberwachung des Hauses. Genauso passend ist der Umstand,
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