Das Unsterblichkeitsprogramm
das stimmte. Der ursprüngliche Entwurf des Plans hatte vorgesehen, dass meine Ninja-Kopie in Ortegas Apartment blieb, bis die Ryker-Kopie mit Miriam Bancroft verschwunden war. Dann war mir klar geworden, dass ein gutes Verhältnis zum Hendrix die Voraussetzung für einen Angriff auf den Siebenten Himmel war. Es gab keine Möglichkeit für meine Ninja-Kopie, dem Hotel seine Identität zu beweisen, abgesehen von einem Speicherscan. Es wäre besser, wenn die Ryker-Kopie den Ninja vorstellte, bevor er mit Miriam Bancroft aufbrach. Da die Ryker-Kopie zweifelsohne weiterhin unter Bewachung stand, zumindest von Seiten Trepps, wäre es keine gute Idee gewesen, das Hendrix gemeinsam durch die Vordertür zu betreten. Ich borgte mir einen Gravtornister und einen Tarnanzug von Bautista, und kurz bevor es hell wurde, löste ich mich aus dem Strom des vereinzelten Luftverkehrs und schlüpfte unter einen geschützten Vorsprung im zweiundvierzigsten Stock. Das Hendrix war zu diesem Zeitpunkt durch die Ryker-Kopie von meiner Ankunft in Kenntnis gesetzt worden und ließ mich durch einen Lüftungsschacht einsteigen.
Mit dem Khumalo-Neurachem war es kaum schwieriger gewesen, als durch die Vordertür einzutreten.
»Hör mal«, sagte die Ryker-Kopie. »Ich bin du. Ich weiß alles, was du weißt. Was ist so schlimm daran, über dieses Thema zu sprechen?«
»Wenn du dasselbe weißt wie ich, welchen Sinn hat es dann, darüber zu reden?«
»Manchmal ist es hilfreich, Probleme zu externalisieren. Selbst wenn man mit einer anderen Person darüber spricht, redet man gewöhnlich mit sich selbst. Das Gegenüber stellt nur einen Resonanzboden zur Verfügung. Man spricht sich aus.«
Ich seufzte. »Ich weiß nicht. Ich habe diese ganze Scheiße mit Vater vor sehr langer Zeit vergraben. Das alles ist schon lange tot.«
»Richtig.«
»Ich meine es ernst.«
»Nein.« Er richtete einen Zeigefinger auf mich, wie ich es mit Bancroft gemacht hatte, als er auf dem Balkon des Suntouch House nicht bereit gewesen war, sich den Tatsachen zu stellen. »Du belügst dich selbst. Denk an den Zuhälter, den wir in Lazios Pfeifenhaus getroffen haben, in dem Jahr, als wir uns Shonagons Elf angeschlossen haben. Den wir beinahe umgebracht hätten, wenn die anderen uns nicht von ihm runtergezogen hätten.«
»Das war nur eine chemische Reaktion. Wir waren mit Tetrameth voll gedröhnt und wollten mit der Elf angeben. Mann, wir waren erst sechzehn!«
»Blödsinn. Wir haben es getan, weil er wie Vater aussah.«
»Mag sein.«
»Es ist so. Und wir haben die nächsten anderthalb Jahrzehnte damit verbracht, aus dem gleichen Grund Autoritätspersonen umzubringen.«
»Mann, erzähl keinen Mist! Wir haben in dieser Zeit jeden umgebracht, der uns in die Quere kam. Wir waren in der Armee, das war unser Job. Und seit wann ist ein Zuhälter eine Autoritätsperson?«
»Okay, vielleicht waren es Zuhälter, die wir in den fünfzehn Jahren umgebracht haben. Menschen, die andere benutzt haben. Vielleicht war das der Grund für unseren Rachefeldzug.«
»Er hat Mutter nie auf den Strich geschickt.«
»Bist du dir sicher? Warum haben wir die Elizabeth-Elliott-Spur so verbissen verfolgt, wie ein verdammter taktischer Atomsprengkopf? Warum haben wir uns bei diesem Fall ständig in Bordellen herumgetrieben?«
»Weil«, sagte ich und trank einen Fingerbreit Whisky, »es bei diesem Fall von Anfang an darum ging. Wir haben die Elliott-Spur verfolgt, weil sie sich viel versprechend anfühlte. Envoy-Intuition. Und wie Bancroft seine Frau behandelt hat…«
»Ach ja, Miriam Bancroft. Zu diesem Thema könnten wir eine weitere komplette Disk einlegen.«
»Halt die Klappe. Elliott war ein verdammt heißer Hinweis. Wir wären ohne den Abstecher in Jerrys Biokabinen nie auf den Siebenten Himmel gekommen.«
Er stöhnte angewidert und kippte den Inhalt seines Glases hinunter. »Glaub doch, was du willst. Ich sage, der Patchwork-Mann ist eine Metapher für Vater, weil wir es nicht ertragen würden, der Wahrheit zu tief ins Auge zu schauen, was übrigens der Grund ist, warum wir ausgeflippt sind, als wir zum ersten Mal ein zusammengesetztes Konstrukt im virtuellen Raum gesehen haben. Du erinnerst dich doch daran, oder? In diesem Freizeitzentrum auf Adoracion. Nach dieser kleinen Show hatten wir eine Woche lang Albträume. Wir wachten mit den Fetzen des Kopfkissens in den Händen auf. Deswegen haben sie uns zum Psychiater geschickt.«
Ich wischte alles mit einer verärgerten Geste weg.
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