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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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wie er damit gerechnet hatte, dass Miriam Bancroft so aufmerksam sein würde.
    »Eine lange Geschichte. Ich erzähle sie Ihnen, wenn wir uns sehen.«
    »Diesem Angebot kann ich kaum widerstehen«, erwiderte sie ironisch. »Ich werde morgen eine Limousine zum Hendrix schicken, um Sie abholen zu lassen. Ist Ihnen vier Uhr recht? Gut. Bis dann.«
    Ihr Bild erlosch. Er starrte noch eine Weile auf die Mattscheibe, dann schaltete er das Telefon ab. Er drehte sich mit dem Stuhl herum und schaute zur Fensterbank.
    »Sie macht mich nervös«, sagte er.
    »Ja, mich auch. Offensichtlich.«
    »Sehr witzig.«
    »Ich gebe mir Mühe.«
    Ich stand auf, um die Whiskyflasche zu holen. Als ich den Raum durchquerte, sah ich mich im Spiegel neben dem Bett.
    Während Rykers Sleeve die Aura eines Mannes hatte, der mit dem Kopf voran durch die Widrigkeiten des Lebens stürmte, machte der Mann im Spiegel den Eindruck, als wäre er in der Lage, jeder Krise geschickt auszuweichen und amüsiert zu beobachten, wie das Schicksal unbeholfen auf die Fresse fiel. Die Bewegungen des Körpers waren katzengleich, mit einer geschmeidigen und mühelosen Ökonomie, die Anchana Salomao gut zu Gesicht gestanden hätte. Das dichte, fast blauschwarze Haar fiel in sanften Wellen auf die täuschend schmalen Schultern, und die apart geneigten Augen hatten einen sanften, unbesorgten Ausdruck, als wollten sie sagen, dass das Universum ein angenehmer Ort war, sein Leben zu verbringen.
    Ich war erst seit ein paar Stunden im Tech-Ninja-Sleeve – sieben plus zweiundvierzig Minuten, wie die Zeitanzeige in der linken oberen Ecke meines Sichtfeldes behauptete –, aber es gab keine der üblichen Nebenwirkungen des Downloads. Ich nahm die Whiskyflasche mit einer schlanken, braunen Künstlerhand mit, und das Zusammenspiel von Muskeln und Knochen war eine einzige Freude, die mich strahlend erfüllte. Das Khumalo-Neurachem summte stetig im Hintergrund meiner Wahrnehmung, als würde es leise von den ungezählten Möglichkeiten singen, zu denen dieser Körper jederzeit imstande war. Nie zuvor, nicht einmal während meiner Zeit im Envoy Corps, hatte ich etwas Vergleichbares getragen.
    Ich erinnerte mich an Carnages Worte und schüttelte den Kopf. Wenn die UN glaubte, sie könnte deswegen ein zehnjähriges Kolonialembargo verhängen, dann lebte sie in einer anderen Welt.
    »Ich weiß nicht, wie es dir geht«, sagte er, »aber das hier fühlt sich verdammt seltsam an.«
    »Beschreib es mir.« Ich füllte mein Glas nach und bot ihm die Flasche an. Er schüttelte den Kopf. Ich kehrte zur Fensterbank zurück und setzte mich, gegen die Scheibe gelehnt.
    »Wie hat Kadmin es ertragen? Ortega sagt, er hat die ganze Zeit mit sich selbst zusammengearbeitet.«
    »Ich schätze, mit der Zeit gewöhnt man sich an alles. Außerdem war Kadmin verrückt.«
    »Ach, und wir sind es nicht?«
    Ich zuckte die Achseln. »Wir hatten keine andere Wahl. Außer einfach von hier zu verschwinden. Wäre das besser gewesen?«
    »Sag du es mir. Du bist derjenige, der gegen Kawahara vorgehen wird. Ich bin hier nur die Hure. Übrigens glaube ich nicht, dass Ortega über diesen Teil der Abmachung begeistert sein wird. Ich meine, sie war schon vorher verwirrt, und jetzt…«
    »Sie ist verwirrt? Was glaubst du, wie ich mich fühle?«
    »Ich weiß, wie du dich fühlst, Blödmann. Ich bin du.«
    »Meinst du?« Ich nippte an meinem Drink und gestikulierte mit dem Glas. »Was glaubst du, wie lange es dauert, bis wir nicht mehr ein und dieselbe Person sind?«
    Er zuckte die Achseln. »Du bist das, woran du dich erinnerst. Im Augenblick trennen uns nur sieben oder acht Stunden separater Wahrnehmung. Das kann noch keine allzu tiefe Delle hinterlassen haben, oder?«
    »Im Vergleich zu ein paarundvierzig Jahren der Erinnerung? Wahrscheinlich nicht. Außerdem sind es die frühen Erlebnisse, die eine Person prägen.«
    »Ja, so heißt es. Und wo wir gerade beim Thema sind, kannst du mir etwas verraten. Wie empfindest du es, ich meine, wie empfinden wir es, dass der Patchwork-Mann tot ist?«
    Ich rückte mich unbehaglich zurecht. »Müssen wir darüber reden?«
    »Wir müssen über irgendetwas reden. Wir werden hier bis morgen Nachmittag aufeinander hängen…«
    »Du kannst das Zimmer verlassen, wenn du willst. Apropos…« Ich zeigte mit dem Daumen zur Decke. »Ich kann es genauso verlassen, wie ich hereingekommen bin.«
    »Du willst also eigentlich nicht darüber sprechen, wie?«
    »War gar nicht so schwer.«
    Zumindest

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