Das Unsterblichkeitsprogramm
Himmel. Ich weiß jetzt, was sie mit Bancroft gemacht haben. Ich kann Kawahara zur Strecke bringen und dafür sorgen, dass die Resolution 653 verabschiedet wird. Und ich kann Ryker aus dem Stack holen.«
Ortega seufzte. »Kovacs, das haben wir doch längst…«
»Nein.« Die Härte in meiner Stimme kam so unvermittelt, dass selbst ich erschrak. Ich spürte, wie die Abschürfungen in Rykers Gesicht schmerzten, als sich seine Züge anspannten. »Ich rede nicht von Spekulationen. Das ist kein Schuss ins Blaue. Ich rede von Tatsachen. Und ich werde zum Siebenten Himmel fliegen. Auf jeden Fall, ob mit oder ohne deine Hilfe.«
»Kovacs!« Ortega schüttelte den Kopf. »Ist dir klar, wie furchtbar du aussiehst? Im Moment könntest du es nicht einmal mit einem Zuhälter aus Oakland aufnehmen, und du bildest dir ein, du könntest im Alleingang einen Angriff auf eins der Häuser starten! Glaubst du wirklich, du könntest dich mit gebrochenen Rippen und diesem Gesicht gegen Kawaharas Sicherheit durchsetzen? Vergiss es!«
»Ich habe nicht behauptet, dass es einfach sein wird.«
»Kovacs, es wird überhaupt nicht passieren. Ich habe lange genug die Hendrix-Aufzeichnungen unter Verschluss gehalten, damit du den Bancroft-Mist durchziehen konntest. Aber jetzt ist Schluss. Das Spiel ist vorbei. Deine Freundin Sarah kann nach Hause zurückkehren, und du wirst dasselbe tun. Damit ist die Sache erledigt. Ich bin nicht an Rachefeldzügen interessiert.«
»Willst du Ryker wirklich wiederhaben?«, fragte ich behutsam.
Im ersten Moment dachte ich, sie würde mir eine scheuern. Ihre Nasenflügel bebten und erbleichten, und ihre rechte Schulter senkte sich tatsächlich in Vorbereitung auf einen Schlag. Ich wusste nicht, ob es an ihrem Betäubungskater lag oder sie sich im letzten Augenblick zusammenriss.
»Dafür sollte ich dich verprügeln, Kovacs«, sagte sie mit tonloser Stimme.
Ich hob die Hände. »Nur zu. Im Moment könnte ich mich nicht einmal gegen einen Zuhälter aus Oakland wehren.«
Ortega stieß ein angewidertes Grunzen aus und wollte gehen. Ich legte ihr die Hand auf die Schulter.
»Kristin…« Ich zögerte. »Es tut mir Leid. Mein Spruch über Ryker war ein Schlag unter die Gürtellinie. Würdest du dir wenigstens anhören, was ich zu sagen habe?«
Sie kehrte zu mir zurück, mit gesenktem Kopf, die Lippen fest verschlossen, um nichts von dem nach draußen zu lassen, was sie empfand. Sie schluckte.
»Nein. Es ist zu viel geschehen.« Sie räusperte sich. »Ich will dir nicht noch mehr Schmerzen zufügen, Kovacs. Ich möchte weitere Schäden vermeiden, das ist alles.«
»Du meinst, Schäden an Rykers Sleeve?«
Sie sah mich an.
»Nein«, sagte sie leise. »Nein, das meine ich nicht.«
Und dann presste sie sich übergangslos an mich, im tristen Metallkorridor, die Arme fest um mich geschlungen und das Gesicht an meine Brust gedrückt. Ich musste selber schlucken und hielt sie fest, während der letzte Rest unserer Zeit wie Sandkörner durch meine Finger rieselte. Und in diesem Moment hätte ich fast alles dafür gegeben, keinen Plan zu haben, den ich ihr anvertrauen wollte, keine Möglichkeit zu haben, das zum Verschwinden zu bringen, was sich zwischen uns entwickelte, und keinen so großen Hass auf Reileen Kawahara zu haben.
Ich hätte wirklich fast alles dafür gegeben.
Zwei Uhr morgens.
Ich rief Irene Elliott im JacSol-Apartment an und holte sie aus dem Bett. Ich erklärte ihr, dass wir ein Problem hatten, für dessen Lösung wir gut bezahlen würden. Sie nickte schläfrig. Bautista holte sie in einem Zivilfahrzeug ab.
Als sie eintraf, war die Panama Rose hell erleuchtet, als sollte an Bord eine große Party steigen. Vertikale Suchscheinwerfer an den Seiten erweckten den Anschein, als sei das Schiff an leuchtenden Aufhängungen vom Nachthimmel herabgelassen worden. Absperrungen aus Illuminiumkabeln überzogen die Hülle und die Deckaufbauten wie ein Spinnennetz. Das Dach der Frachtzelle, in dem der Demütigungskampf stattgefunden hatte, war hochgekurbelt worden, damit die Ambulanzen direkten Zugang hatten. Der Schauplatz des Verbrechens war hell erleuchtet, und der Widerschein stieg wie aus einem Hochofen in die Nacht empor. Polizeikreuzer sicherten den Luftraum und standen mit blinkenden roten und blauen Lichtern über das Deck verteilt.
Ich traf sie auf der Gangway.
»Ich will meinen Körper wiederhaben«, schrie sie im Heulen und Röhren der Flugtriebwerke. Die Suchscheinwerfer ließen das schwarze
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