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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sie machte keine Anstalten, sich zum Schreibtisch zu begeben.
    Die Finger meiner rechten Hand zuckten und krümmten sich. Ich spürte wieder eine leichte Spannung in den Bauchmuskeln. Meine Augen bewegten sich.
    Kawaharas Stimme drang nur schwach an meine Ohren. Sie schien sich im Nebenraum aufzuhalten, hinter dem bogenförmigen Durchgang. »Kommen sie?«
    Trepps Gesicht blieb ausdruckslos. Sie wandte den Blick von mir ab. »Ja«, sagte sie laut. »Sie sind in ein paar Minuten hier.«
    Ich kehrte allmählich zurück. Etwas zwang meine Nerven dazu, wieder zu Funken sprühendem Leben zu erwachen. Ich spürte, wie das Zittern einsetzte und sich die Luft in meinen Lungen flüssig und erstickend anfühlte, was bedeutete, dass der Betathanatinabsturz vorzeitig einsetzte. Meine Gliedmaßen waren aus Blei gegossen, und meine Hände fühlten sich an, als würde ich dicke Baumwollhandschuhe tragen, durch die ein schwacher Strom lief. Ich war nicht in der geeigneten Verfassung für einen Kampf.
    Meine linke Hand lag vom Gewicht meines Körpers platt gedrückt auf dem Boden, und die rechte stand in einem ungünstigen Winkel ab. Ich glaubte nicht daran, dass meine Beine zu mehr imstande wären, als mich einigermaßen aufrecht zu halten. Meine Möglichkeiten waren sehr eingeschränkt.
    »Also gut.« Ich spürte Kawaharas Hand auf meiner Schulter, als sie mich auf den Rücken rollte, wie einen Fisch, der ausgenommen werden sollte. Ihr Gesicht war eine Maske der Konzentration, und in der anderen Hand hielt sie eine Zange, die in nadelfeinen Spitzen auslief. Sie hockte sich auf meine Brust und zog mein linkes Augenlid herunter. Ich unterdrückte den Blinzelreflex und rührte mich nicht. Die Zange näherte sich, die Backen etwa einen halben Zentimeter weit geöffnet.
    Ich spannte die Muskeln des Unterarms an, und die Neuralsprungfeder ließ das Tebbit-Messer in meine Hand schnellen.
    Dann stach ich zu.
    Ich zielte auf Kawaharas Seite, unter die Rippen, aber die Kombination aus Betäubungskater und Betathanatinabsturz brachte mich vom Kurs ab, sodass das Messer ihren linken Arm knapp unter dem Ellbogen aufschlitzte und vom Knochen abprallte. Kawahara schrie auf und ließ mein Auge los. Natürlich setzte sie die Zange als Waffe ein und traf meine Wange, wo sie eine tiefe Scharte hinterließ. Ich spürte nur entfernt den Schmerz, als Gewebe von Metall zerrissen wurde. Blut spritzte mir ins Auge. Ich stieß noch einmal zu, schwächer, aber diesmal drehte sich Kawahara auf mir und blockierte den Angriff mit dem verletzten Arm. Wieder schrie sie auf, und das Messer entglitt meiner elektrisch kribbelnden Hand. Die Waffe tropfte an meiner Handfläche herab und war fort. Ich sammelte alle noch verfügbare Körperenergie in meinem linken Arm und hob ihn zu einem brutalen Schlag, der Kawahara an der Schläfe erwischte. Sie kippte von mir herunter, griff nach der Wunde im Arm, und für einen Moment glaubte ich, dass die Klinge tief genug eingedrungen war, damit die C-381-Beschichtung wirksam wurde. Aber Sheila Sorenson hatte mir gesagt, dass sich eine Zyanidvergiftung schon nach wenigen Atemzügen bemerkbar machen würde.
    Kawahara rappelte sich auf.
    »Verdammt, worauf warten Sie?«, fauchte sie Trepp an. »Erschießen Sie endlich diesen Haufen Scheiße!«
    Im gleichen Moment, als sie das letzte Wort ausgesprochen hatte, erkannte sie in Trepps Gesicht die Wahrheit, kurz bevor die blasse Frau nach ihrer Betäubungspistole griff. Vielleicht war es eine Wahrheit, der sich Trepp erst in diesem Augenblick bewusst wurde, denn sie bewegte sich sehr langsam. Kawahara ließ die Zange fallen, zog gleichzeitig die Nadel- und die Betäubungspistole aus dem Gürtel und richtete sie auf Trepp, bevor sie ihre Waffe aus dem Holster ziehen konnte.
    »Du miese, verräterische Fotze!«, stieß Kawahara verwundert aus. In ihrer Stimme lag plötzlich ein rauer Akzent, den ich noch nie zuvor gehört hatte. »Du wusstest, dass er herkommen würde, stimmt’s? Ich mach dich kalt, du Miststück!«
    Wankend richtete ich mich auf und warf mich gegen Kawahara, als sie auf die Auslöser drückte. Ich hörte, wie sich beide Waffen entluden, das beinahe ultraschallhelle Heulen der Nadeln und das scharfe elektrische Knistern des Betäubungsstrahls. Im Nebel meines Augenwinkels sah ich, wie Trepp einen verzweifelten Versuch unternahm, ihre Waffe doch noch zu ziehen. Aber sie hatte keine Chance. Sie ging zu Boden, mit einem beinahe komischen überraschten Gesichtsausdruck.

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