Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
einflößende Schlichtheit. »Unsere Freundschaft erstreckt sich über Jahrhunderte. Gemeinsame geschäftliche Strategien, die in manchen Fällen länger als ein gewöhnliches Menschenleben andauern, bis sie Früchte tragen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er die Partei der kleinen Leute ergreift.«
    »Also hat er Sie enttäuscht. Er wollte sich nicht ans Glaubensbekenntnis der Meths halten.«
    Wieder seufzte Kawahara, und diesmal lag darin eine tiefe Ermüdung, die sich irgendwo unter dem Staub von Jahrhunderten angesammelt hatte.
    »Laurens hängt einer billigen romantischen Neigung an, die ich ständig unterschätze. In vielerlei Hinsicht ist er Ihnen sehr ähnlich. Aber im Gegensatz zu Ihnen hat er dafür keine Entschuldigung. Der Mann ist über dreihundert Jahre alt. Ich bin davon ausgegangen – vielleicht wollte ich davon ausgehen –, dass sich das auf seine Wertvorstellungen auswirkt. Dass der Rest nur eine öffentliche Pose war, Reden fürs Volk.« Sie vollführte ein nachlässige resignierende Geste. »Ich furchte, das war nur Wunschdenken meinerseits.«
    »Was hat er getan? Irgendeinen moralischen Standpunkt vertreten?«
    Kawahara verzog humorlos die Mundwinkel. »Wollen Sie sich über mich lustig machen? Sie, der Sie das noch nicht getrocknete Blut von Dutzenden Mitarbeitern der Wei-Klinik an den Händen haben? Ein Schlächter des Protektorats, der menschliches Leben auf zahlreichen Welten vernichtet hat. Sie sind, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf, Takeshi, ein wenig inkonsequent.«
    In der sicheren Umhüllung des Betathanatins spürte ich nicht mehr als eine leichte Verärgerung über Kawaharas Begriffsstutzigkeit. Und das Bedürfnis, Licht in die Angelegenheit zu bringen.
    »Die Sache in der Wei-Klinik war persönlich.«
    »Sie war rein geschäftlich, Takeshi. Diese Leute hatten überhaupt kein persönliches Interesse an Ihnen. Die meisten der Personen, die von Ihnen ausgelöscht wurden, haben lediglich ihren Job gemacht.«
    »Dann hätten sie sich besser andere Jobs aussuchen sollen.«
    »Und die Menschen auf Sharya? Was hätten sie anders machen sollen? Nicht zu einer bestimmten Zeit auf einer bestimmten Welt geboren werden? Sich nicht einberufen lassen?«
    »Ich war jung und dumm«, sagte ich nur. »Ich wurde benutzt. Ich habe für Leute wie Sie getötet, weil ich es nicht besser wusste. Dann wurde ich klüger. Das, was auf Innenin geschah, hat mich klüger gemacht. Jetzt töte ich nur noch für mich selbst, und jedes Mal, wenn ich ein Leben nehme, bin ich mir seines Wertes bewusst.«
    »Seines Wertes… des Wertes eines Menschenlebens.« Kawahara schüttelte den Kopf, wie eine Lehrerin, die es mit einem dämlichen Schüler zu tun hat. »Sie sind immer noch jung und dumm. Ein Menschenleben hat keinen Wert. Haben Sie das immer noch nicht gelernt, Takeshi? Nach allem, was Sie gesehen haben? Es besitzt keinen Wert an sich. Maschinen haben einen Wert, weil es Geld kostet, sie zu bauen. Rohstoffe müssen gewonnen werden, was ebenfalls Geld kostet. Aber Menschen?« Sie erzeugte ein leises Geräusch, als würde sie ausspucken. »Menschen sind unbeschränkt verfügbar. Sie reproduzieren sich wie Krebszellen, ob man sie haben will oder nicht. Sie sind im Überfluss vorhanden, Takeshi. Wie können sie dann einen Wert haben? Wissen Sie, dass es uns weniger Kosten verursacht, eine reale Snuff-Hure zu rekrutieren und einzusetzen als die Einrichtung eines entsprechenden virtuellen Programms? Reale menschliche Körper sind preiswerter als Maschinen. Das ist die axiomatische Wahrheit unserer Zeit.«
    »Bancroft war nicht dieser Meinung.«
    »Bancroft?« Kawahara stieß ein angewidertes kehliges Keuchen aus. »Bancroft ist ein Krüppel, der sich auf den Krücken seiner archaischen Weltanschauung voranschleppt. Es ist mir ein Rätsel, wie er es geschafft hat, so lange zu überleben.«
    »Also haben Sie ihn auf Selbstmord programmiert? Ihm einen kleinen chemischen Anstoß gegeben?«
    »Programmiert…?« Kawahara riss die Augen auf, und ein entzücktes Lachen, das genau die richtige Mischung aus Glucksen und Kichern war, drang über ihre geschwungenen Lippen. »Kovacs, so dumm können Sie gar nicht sein. Ich habe Ihnen gesagt, dass er sich selbst getötet hat. Es war seine Idee, nicht meine. Es gab einmal eine Zeit, in der Sie meinem Wort vertraut haben, auch wenn Ihnen meine Gesellschaft unerträglich war. Denken Sie darüber nach. Warum hätte ich an seinem Tod interessiert sein sollen?«
    »Um das

Weitere Kostenlose Bücher