Das Unsterblichkeitsprogramm
Spazierfahrt.«
»Ohne Bezahlung können wir Ihnen keinen Gaststatus gewähren«, sagte die Frau auf dem Bildschirm.
Etwas im Tonfall dieses Satzes ließ mich innehalten, während ich mich umdrehte. Einer spontanen Eingebung folgend verlegte ich mich auf einen plötzlichen Hustenanfall.
»Was…?«
Vom Husten geschüttelt beugte ich mich vor, legte die Hand an den Mund und leckte über den Daumen.
»Was, zum Teufel, haben Sie vor, Kovacs?«
Ich richtete mich wieder auf und griff nach der Tastatur neben dem Bildschirm. Dabei schmierte ich einen Teil meines ausgehusteten Speichels über den mattschwarzen Sensor. Einen Sekundenbruchteil später schlug eine schwielige Handkante gegen die linke Seite meines Schädels. Ich brach zusammen und landete auf Händen und Füßen. Ein Stiefel trat mir ins Gesicht und warf mich vollends zu Boden.
»Vielen Dank, Sir«, nahm ich die Stimme des Hotels durch das Dröhnen in meinem Kopf wahr. »Ihre Transaktion wird verarbeitet.«
Ich versuchte aufzustehen und erhielt einen weiteren Stiefeltritt in die Rippen. Blut schoss mir aus der Nase und tropfte auf den Teppich. Wieder bohrte sich die Mündung der Waffe in mein Genick.
»Das war nicht besonders klug, Kovacs.« Die Stimme klang jetzt nicht mehr ganz so ruhig wie zuvor. »Falls Sie glauben, dass die Polizei Ihre Bewegungen verfolgen kann, scheint Ihr Stack unter einem Kurzschluss zu leiden. Jetzt stehen Sie auf!«
Er zog mich hoch und versuchte auf die Beine zu kommen, als das Chaos ausbrach.
Warum man es für nötig erachtet hatte, die Sicherheitssysteme des Hendrix mit einer Zwanzig-Millimeter-Automatikkanone auszustatten, war mir ein Rätsel, aber das Ding erfüllte seine Aufgabe mit vernichtender Gründlichkeit. Aus dem Augenwinkel erkannte ich das doppelläufige Geschütz, wie es sich von der Decke herabsenkte, kurz bevor es meinen Hauptgegner mit einer dreisekündigen Salve zersiebte. Genug Feuerkraft, um ein kleines Flugzeug abzuschießen. Der Lärm war ohrenbetäubend.
Die maskierte Frau lief zu den Türen, und während immer noch das erste Stakkato in meinen Ohren nachhallte, sah ich, wie sich das Geschütz drehte und auf sie richtete. Sie schaffte vielleicht noch ein Dutzend Schritte durch die matt erleuchtete Lobby, als ein Rubinlaserstrahl ihren Rücken fand und eine zweite Salve losging. Ich schlug beide Hände auf die Ohren, während ich immer noch am Boden kniete und die Frau von den Patronen zerrissen wurde. Sie brach in einem scheußlichen Knäuel aus zerfetzten Gliedmaßen zusammen.
Das Feuer hörte auf.
In der folgenden, nach Kordit stinkenden Stille rührte sich nichts. Das Automatikgeschütz war erstarrt, die Läufe zeigten schräg nach unten, Rauchfäden stiegen von den Verschlüssen auf.
Ich nahm die verkrampften Hände von den Ohren und richtete mich auf, betastete vorsichtig meine Nase und den Rest des Gesichts und ermittelte das Ausmaß meiner Verletzungen. Die Blutung schien bereits nachzulassen, und obwohl ich wunde Stellen im Mund hatte, schienen sich keine Zähne gelockert zu haben. Meine Rippen schmerzten, wo mich der zweite Stiefeltritt getroffen hatte, aber es fühlte sich nicht an, als wäre etwas gebrochen. Ich warf einen Blick auf die Leiche neben mir, und wünschte mir, ich hätte es nicht getan. Wer die Bescherung aufwischen wollte, würde einen großen Eimer benötigen.
Links von mir öffnete sich mit einem leisen Signal eine Aufzugstür.
»Ihr Zimmer ist bereit, Sir«, sagte das Hotel.
6
Kristin Ortega verhielt sich bemerkenswert zurückhaltend.
Sie kam durch die Hoteltür, und etwas Schweres in ihrer Jackentasche schlug im Rhythmus ihrer langen Schritte gegen ihren Oberschenkel, bis sie im Zentrum der Lobby stehen blieb und das Gemetzel mit gerunzelter Stirn betrachtete.
»Machen Sie so etwas öfter, Kovacs?«
»Ich warte schon eine ganze Weile«, sagte ich ruhig zu ihr. »Ich bin nicht gerade bei bester Laune.«
Das Hotel hatte eine Nachricht an die Polizei von Bay City abgesetzt, ungefähr zum Zeitpunkt, als das Geschütz das Feuer eröffnet hatte, doch dann war eine gute halbe Stunde vergangen, bis sich die ersten Kreuzer aus dem Luftverkehr herabsenkten. Ich hatte darauf verzichtet, mein Zimmer aufzusuchen, weil ich wusste, dass sie mich sowieso wieder aus dem Bett zerren würden, und nachdem sie eingetroffen waren, würde man nicht zulassen, dass ich mich irgendwohin begab, bevor Ortega gekommen war. Ein Polizeiarzt untersuchte mich flüchtig,
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