Das Unsterblichkeitsprogramm
einen Einblick? Sie möchten etwas, womit Sie anfangen können? Gut. Sie haben mir Kadmin gegeben, also bin ich Ihnen wohl etwas schuldig.«
»Sie sind mir überhaupt nichts schuldig, Ortega. Das Hendrix hat ihn unschädlich gemacht, nicht ich.«
»Leila Begin«, sagte sie. »Sprechen Sie Bancrofts einfallsreiche Anwälte darauf an und schauen Sie einfach, wohin es Sie führt.«
Die Tür glitt zu, und das Spiegelbild des Zimmers enthielt nur noch die Lichter der Stadt. Ich starrte eine Weile hinaus, zündete mir eine neue Zigarette an und rauchte sie bis zum Filter.
Bancroft hatte nicht Selbstmord begangen, so viel stand fest. Ich war noch keinen Tag lang an diesem Fall dran, und schon saßen mir zwei völlig unterschiedliche Interessengruppen im Genick. Zuerst Kristin Ortegas artige Mohikaner in der Justizanstalt, dann der Killer aus Wladiwostock und sein Extra-Sleeve. Ganz zu schweigen von Miriam Bancrofts exaltiertem Verhalten. Das war zu viel trübes Wasser, als dass die Dinge so sein konnten, wie sie zu sein schienen. Ortega wollte etwas, wer Dimitri Kadmin bezahlt hatte, wollte etwas, und ihr gemeinsames Interesse bestand anscheinend darin, die Ermittlungen im Fall Bancroft ruhen zu lassen.
Diesen Interessen konnte ich mich nicht beugen.
»Ihr Gast hat das Gebäude verlassen«, sagte das Hendrix und riss mich aus meinen müden Grübeleien.
»Danke«, sagte ich geistesabwesend und drückte die Zigarette in einem Aschenbecher aus. »Könntest du die Tür verriegeln und den Aufzug für dieses Stockwerk blockieren?«
»Gewiss. Möchten Sie verständigt werden, sobald jemand das Hotel betritt?«
»Nein.« Ich gähnte wie eine Schlange, die versuchte, ein Ei zu verschlingen. »Sorge nur dafür, dass niemand hier hereinkommt. Und keine Anrufe in den nächsten siebeneinhalb Stunden.«
Plötzlich musste ich mich beeilen, meine Kleidung abzulegen, weil mich der Schlaf zu überwältigen drohte. Ich hängte Bancrofts Sommeranzug über eine Sessellehne und kroch in das gewaltige rot überzogene Bett. Die Matratze wogte leicht, als sie sich an meine Größe und mein Körpergewicht anpasste, dann trug sie mich, als würde ich auf Wasser schwimmen. Ein schwacher Duft nach Weihrauch stieg von den Laken auf.
Ich unternahm einen halbherzigen Masturbationsversuch, während mein Geist schwülstige Erinnerungen an Miriam Bancrofts üppige Rundungen aufrief, doch stattdessen sah ich nur, wie Sarahs blasser Körper von dem Feuerstoß der Kalaschnikow zerfetzt wurde.
Dann ließ der Schlaf mich untertauchen.
7
Ruinen, in Schatten gehüllt, und eine blutrote Sonne, die lodernd hinter fernen Hügeln untergeht. Oben hetzen weichbäuchige Wolken panisch zum Horizont, wie Wale, die vor der Harpune flüchten, und der Wind streift mit süchtigen Fingern durch die Bäume, die die Straße säumen.
Innenininennininennin…
Ich kenne diesen Ort.
Ich suche mir meinen Weg zwischen verwüsteten Ruinenwänden und versuche sie nicht zu berühren, denn wenn ich es tue, geben sie dumpfe Schüsse und Schreie wieder, als wäre der Kampf, der diese Stadt mordete, in den verbleibenden Stein eingesickert. Gleichzeitig bewege ich mich recht schnell, weil da etwas ist, das mir folgt, etwas, das keine Skrupel kennt, die Ruinen zu berühren. Ich kann seine Bewegungen gut nachvollziehen, wenn ich nach dem Echo des Kampflärms gehe, das hinter mir ertönt. Es kommt näher. Ich versuche schneller zu gehen, aber etwas drückt meine Kehle und meinen Brustkorb zusammen, und das macht es für mich keineswegs leichter.
Jimmy de Soto tritt hinter den Trümmern eines Turms hervor. Ich bin eigentlich gar nicht überrascht, ihn hier zu sehen, trotzdem erschrecke ich über sein verwüstetes Gesicht. Er grinst mit dem, was noch von seinen Zügen übrig ist, und legt mir eine Hand auf die Schulter. Ich bemühe mich, nicht zusammenzuzucken.
»Leila Begin«, sagt er und deutet mit einem Nicken in die Richtung, aus der ich gekommen bin. »Sprich Bancrofts einfallsreiche Anwälte darauf an.«
»Das werde ich tun«, sage ich und gehe an ihm vorbei, aber seine Hand bleibt auf meiner Schulter liegen, was nur bedeuten kann, dass sich sein Arm hinter mir wie warmes Wachs in die Länge zieht. Ich halte an, weil ich weiß, welche Schmerzen ich ihm damit bereite, doch dann sehe ich, dass er immer noch hinter mir steht. Ich setze mich wieder in Bewegung.
»Wirst du umkehren und kämpfen?«, fragt er beiläufig, während er an meiner Seite mittreibt, ohne dass
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