Das Unsterblichkeitsprogramm
zu beginnen. Diese Voraussetzungen mussten von Anfang an gegeben sein, ganz gleich, wie man sich veränderte, während die Jahrhunderte an einem vorbeizogen.
»Also hat Bancroft eben Pech, weil er ein Meth ist. Tut uns Leid, Laurens, aber Sie sind nun mal ein arrogantes, langlebiges Arschloch. Die Polizei von Bay City hat Besseres zu tun, als Ihre Probleme ernst zu nehmen.«
Aber Ortega ignorierte den hingeworfenen Köder. Sie nahm einen Schluck Kaffee und wiederholte ihre wegwerfende Geste. »Hören Sie, Kovacs. Bancroft lebt, und ganz gleich, was es wirklich mit diesem Fall auf sich hat, seine Sicherheitseinrichtungen werden dafür sorgen, dass er am Leben bleibt. Hier leidet niemand unter der Bürde einer juristischen Ungerechtigkeit. Die Polizei hat zu wenig Geld, zu wenig Personal und zu viel Arbeit. Wir können es uns einfach nicht leisten, auf ewig Bancrofts Phantomen nachzujagen.«
»Und falls es keine Phantome sind?«
Ortega seufzte. »Kovacs, ich war persönlich dreimal mit der Spurensicherung im Haus. Es gibt keine Anzeichen eines Kampfes, eines unerlaubten Eindringens auf das Grundstück oder eines Einbrechers, weder in greifbarer Form noch in den Aufzeichnungen des Sicherheitssystems. Miriam Bancroft hat sich freiwillig jedem polygrafischen Test unterzogen, den es gibt, und jedes Mal erwies sie sich als tadellos sauber. Sie hat ihren Mann nicht getötet, niemand ist eingebrochen und hat ihren Mann getötet. Laurens Bancroft hat es selbst getan, aus Gründen, die er am besten kennt, und mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Es tut mir Leid, wenn Sie beauftragt wurden, das Gegenteil zu beweisen. Aber der bloße Wunsch wird es nicht Wirklichkeit werden lassen. Es ist ein abgeschlossener Fall mit eindeutiger Beweislage.«
»Und der Anruf? Die Tatsache, dass Bancroft eigentlich nicht vergessen dürfte, dass er extern gespeichert wird? Die Tatsache, dass jemand mich für wichtig genug hält, um mir Kadmin auf den Hals zu hetzen?«
»Ich bin nicht bereit, mich mit Ihnen über diesen Fall zu streiten, Kovacs. Wir werden Kadmin verhören und in Erfahrung bringen, was er weiß, aber alles andere habe ich schon mehrfach durchgekaut, sodass es mich allmählich langweilt. Da draußen gibt es Menschen, die uns viel dringender brauchen als Bancroft. Reale Todesopfer, die nicht das Glück hatten, auf ein Backup zurückgreifen zu können, als ihnen die Stacks weggepustet wurden. Katholiken werden abgeschlachtet, weil ihre Mörder wissen, dass die Opfer nie zurückkehren werden, um sie zu verraten.« Ortegas Augen wirkten immer müder, während sie die Punkte an den Fingern abzählte. »Opfer organischer Defekte, die nicht das Geld für einen neuen Sleeve haben, es sei denn, der Staat ist in der Lage, jemanden zu belasten. Ich wate mehr als zehn Stunden täglich durch diesen Sumpf, und ich bringe für Laurens Bancroft kein Mitgefühl mehr auf, für Leute wie ihn, die ihre Klone auf Eis liegen haben, deren magische Einflusssphäre bis in höchste Kreise reicht und deren einfallsreiche Anwälte uns jedes Mal auszutricksen versuchen, sobald ein Mitglied seiner Familie oder seines Personals sich eine Unachtsamkeit erlaubt.«
»Das geschieht recht häufig, wie?«
»Häufig genug, aber schauen Sie nicht so überrascht!« Sie lächelte mich matt an. »Er ist ein verdammter Meth. Die sind alle gleich.«
Das war eine Seite von ihr, die ich nicht mochte, und ein Streit, den ich nicht führen wollte, und eine Meinung über Bancroft, die mir nichts nützte. Und irgendwo im Hintergrund schrien meine Nerven nach Schlaf.
Ich drückte meine Zigarette aus.
»Ich glaube, Sie sollten jetzt gehen, Lieutenant. All diese Vorurteile verursachen mir Kopfschmerzen.«
Etwas flackerte in ihren Augen auf, etwas, das ich nicht identifizieren konnte. Doch schon im nächsten Moment war es wieder verschwunden. Sie zuckte die Achseln, stellte den Kaffeebecher ab und schwang die Beine von der Fensterbank. Sie streckte sich, bog die Wirbelsäule durch, bis sie hörbar knackte, und ging dann zur Tür, ohne sich noch einmal umzuschauen. Ich blieb, wo ich war, und beobachtete, wie sich ihr Spiegelbild hinter dem Fenster durch die Lichter der Stadt bewegte.
An der Tür blieb sie stehen und warf mir einen Blick über die Schulter zu.
»Kovacs.«
Ich drehte mich zu ihr um. »Haben Sie etwas vergessen?«
Sie nickte und hatte den Mund schief verzogen, als würde sie anerkennen müssen, dass ich in einem Spiel einen Punkt gemacht hatte.
»Sie möchten
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