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Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
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die auf der anderen Seite des Schreibtisches saß, sah mich mit wissendem und mitfühlendem Blick an.
    »Sind sie alle so?«, fragte ich.
    »Sie werden immer zusammenhangloser.« Sie deutete auf das Holodisplay über dem Schreibtisch, in dem die blauen und grünen Symbole der Dateien durcheinander wirbelten, auf die ich zugreifen konnte. »Die sind aus der Geifer-Fraktion, wie wir es nennen. Eigentlich sind diese Leute viel zu durchgedreht, um eine reale Gefahr darzustellen, aber es ist nicht angenehm, wenn man weiß, dass sie sich irgendwo da draußen herumtreiben.«
    »Konnte Ortega ein paar von ihnen dingfest machen?«
    »Das ist nicht ihr Ressort. Die Abteilung für Transmissionsvergehen fasst ab und zu einen dieser Geiferer, wenn wir uns laut genug beklagen, aber beim Stand der heutigen Distributionstechniken ist es, als würde man ein Netz über eine Rauchwolke auswerfen. Und selbst wenn man sie fasst, werden sie im schlimmsten Fall für ein paar Monate eingelagert. Reine Zeitverschwendung. Meistens sitzen wir so lange auf dem Zeug, bis Bancroft sagt, dass wir es löschen können.«
    »Und nichts Neues in den letzten sechs Monaten?«
    Prescott hob die Schultern. »Höchstens die religiösen Fanatiker. Es sind immer mehr Katholiken dabei, die wegen Resolution 653 wettern. Mr. Bancroft hat einigen Einfluss auf den UN-Gerichtshof, was mehr oder weniger allgemein bekannt ist. Ach, und dann gab es da noch eine archäologische Sekte vom Mars, die wegen der Singzinne protestiert hat, die in seinem Haus steht. Anscheinend war letzten Monat der Jahrestag des Märtyrertodes ihres Gründers, der durch ein Leck im Druckanzug starb. Aber von all diesen Leuten verfügt niemand über die Mittel, den Verteidigungsring rund um das Suntouch House zu durchdringen.«
    Ich kippte meinen Stuhl zurück und blickte zur Decke hinauf. Ein Schwarm grauer Vögel zog in Form eines nach Süden weisenden Pfeils vorbei. Ihre Rufe waren schwach zu hören. Prescotts Büro war umweltformatiert, alle sechs internen Oberflächen projizierten virtuelle Bilder. Im Moment stand ihr grauer Metallschreibtisch auf halber Höhe einer sanft geneigten Wiese, hinter der die Sonne allmählich unterging, ergänzt durch eine kleine Viehherde in der Ferne und gelegentliche Vogellaute. Die Bildauflösung gehörte zum Besten, was ich je gesehen hatte.
    »Prescott, was können Sie mir über Leila Begin sagen?«
    Die folgende Stille holte meinen Blick in die Waagerechte zurück. Oumou Prescott starrte auf einen fernen Punkt des Graslandes.
    »Ich vermute, Kristin Ortega hat diesen Namen erwähnt«, sagte sie zögernd.
    »Ja.« Ich setzte mich gerade. »Sie sagte, er könnte mir eine Erkenntnis über den Fall Bancroft verschaffen. Sie sagte sogar, ich sollte Sie danach fragen, um zu schauen, ob etwas klingelt.«
    Prescott wandte mir den Blick zu. »Ich wüsste nicht, welchen Zusammenhang das mit dem aktuellen Fall haben sollte.«
    »Das würde ich gerne selber beurteilen.«
    »Also gut.« Ihre Stimme klang gepresst, als sie es sagte, und ein trotziger Ausdruck trat in ihre Augen. »Leila Begin war eine Prostituierte. Vielleicht ist sie es immer noch. Vor fünfzig Jahren gehörte Bancroft zu ihrem Kundenstamm. Durch verschiedene Indiskretionen erlangte Miriam Bancroft Kenntnis von dieser Tatsache. Die beiden Frauen trafen sich anlässlich einer Veranstaltung in San Diego und wurden sich anscheinend einig, gemeinsam die Toilette aufzusuchen. Dort hat Miriam Bancroft Leila Begin windelweich geprügelt.«
    Ich studierte irritiert Prescotts Gesicht. »Und das war alles?«
    »Nein, das war nicht alles, Kovacs«, sagte sie erschöpft. »Begin war seinerzeit im sechsten Monat schwanger. Durch die Gewalteinwirkung verlor sie das Kind. Da es nicht möglich ist, einem Fötus einen Stack in die Wirbelsäule einzusetzen, handelte es sich um einen realen Todesfall. Das zu erwartende Strafmaß liegt bei dreißig bis fünfzig Jahren.«
    »War es Bancrofts Baby?«
    Prescott zuckte die Achseln. »Das ist umstritten. Begin weigerte sich, einen Genvergleich mit dem Fötus machen zu lassen. Sie sagte, es würde keine Rolle spielen, wer der Vater ist. Vermutlich dachte sie sich, dass die Ungewissheit für eine günstigere Pressemeinung sorgte als ein definitives Nein.«
    »Oder war sie zu erschüttert?«
    »Ich bitte Sie, Kovacs!« Prescott gestikulierte verärgert. »Wir reden hier über eine Hure aus Oakland!«
    »Wurde Miriam Bancroft eingelagert?«
    »Nein, und das ist der Punkt,

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