Das Unsterblichkeitsprogramm
hat Anweisung von Mr. Bancroft, jederzeit einen Ersatzklon von sich selbst und seinen nächsten Verwandten zum Dekantieren bereitzuhalten. Während des Zeitraums, in dem sich Ms. Bancroft im psychiatrischen Stack in Vancouver befindet, werden ihre beide Sleeves hier gelagert.«
»Die Bancrofts haben jeweils zwei Sleeves, die sie abwechselnd benutzen«, erklärte Nyman. »Das tun viele unserer Klienten, weil es die Abnutzungsfolgen minimiert. Der menschliche Körper besitzt eine erstaunliche Regenerationsfähigkeit, wenn er korrekt eingelagert wird, und natürlich bieten wir den Service vollständiger klinischer Reparaturen bei größeren Defekten. Zu einem akzeptablen Preis.«
»Davon bin ich überzeugt.« Ich wandte mich vom Zylinder ab und sah ihn grinsend an. »Aber bei einem zerblasterten Kopf können auch Sie nicht allzu viel machen, nicht wahr?«
Es kam zu einem kurzen Schweigen, während dessen Prescott interessiert einen Punkt an der Decke betrachtete und Nymans Lippen sich zu beinahe analen Proportionen zusammenzogen.
»Ich halte eine solche Bemerkung für äußerst geschmacklos«, sagte der Direktor schließlich. »Haben Sie auch irgendwelche sachdienlichen Fragen, Mr. Kovacs?«
Ich blieb neben Miriam Bancrofts Zylinder stehen und schaute hinein. Obwohl der Blick durch den Deckel und das Gel getrübt wurde, waren die sinnlichen Formen der verschwommenen Gestalt nicht zu übersehen.
»Nur eine. Wer entscheidet, wann die Bancrofts ihren Sleeve wechseln?«
Nyman blickte sich wieder zu Prescott um, als hätte er für seine Antwort juristischen Beistand nötig. »Ich wurde direkt von Mr. Bancroft autorisiert, den Transfer jedes Mal in die Wege zu leiten, wenn er digitalisiert wird, es sei denn, er wünscht es ausdrücklich nicht. Bei dieser Gelegenheit hat er keine solche Ausnahme angeordnet.«
Ich spürte etwas, das meine Envoy-Fühler kitzelte; etwas, das zu etwas anderem passte. Aber es war noch zu früh, als dass es konkrete Gestalt annehmen konnte. Ich blickte mich um.
»Dieser Raum wird bei jedem Betreten überwacht, nicht wahr?«
»Natürlich.« Nymans Tonfall war immer noch unterkühlt.
»Gab es am Tag, als Bancroft in Osaka war, hier nennenswerte Aktivitäten?«
»Nicht mehr als gewöhnlich. Mr. Kovacs. Die Polizei ist die Aufzeichnungen bereits durchgegangen. Ich verstehe wirklich nicht, welchen Sinn…«
»Ich möchte sie sehen«, sagte ich, ohne ihn anzuschauen, aber die Envoy-Untertöne in meiner Stimme brachten ihn sofort zum Schweigen.
Zwei Stunden später starrte ich aus dem Fenster eines anderen Autotaxis, das vom Landeplatz auf Alcatraz startete und über der Bay aufstieg.
»Haben Sie gefunden, wonach Sie gesucht haben?«
Ich warf Oumou Prescott einen kurzen Blick zu und fragte mich, ob sie meine Frustration spürte. Ich dachte, ich hätte die meisten externen Signale im Griff, durch die mich dieser Sleeve verraten konnte, aber ich hatte von Anwälten gehört, die empathisch konditioniert worden waren, um für unterschwellige Hinweise auf den geistigen Zustand eines Zeugen im Kreuzverhör empfänglich zu sein. Und hier auf der Erde hätte es mich nicht überrascht, wenn Oumou Prescotts hübscher ebenholzschwarzer Kopf mit einem leistungsfähigen Infrarot- und Ultraschall-Empfänger ausgestattet wäre, um körperliche und stimmliche Nuancen wahrzunehmen.
Die Daten für Bancrofts Gruft vom Donnerstag, den 16. August, waren so frei von verdächtigen Personenbewegungen wie die Mishima Mall an einem Dienstagnachmittag. Um acht Uhr früh kam Bancroft mit zwei Assistenten herein, zog sich aus und stieg in den bereitstehenden Tank. Die Assistenten nahmen seine Kleidung und gingen. Vierzehn Stunden später stieg sein Wechselklon triefnass aus dem benachbarten Tank, ließ sich von einem anderen Assistenten ein Handtuch geben und ging duschen. Außer Nettigkeiten wurde nichts von Bedeutung gesprochen.
Ich zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht genau. Ich weiß eigentlich noch gar nicht, wonach ich suche.«
Prescott gähnte. »Totale Absorption, wie?«
»Ja, richtig.« Ich sah sie etwas aufmerksamer an. »Was wissen Sie über das Corps?«
»Wenig. Ich habe meine Referendarprüfung in UN-Prozessrecht gemacht. Da schnappt man einige Begriffe auf. Was haben Sie bislang absorbiert?«
»Nur dass eine Menge Rauch von etwas aufsteigt, von dem die offiziellen Stellen behaupten, dass es gar nicht brennt. Sind Sie jemals der Polizistin begegnet, die für den Fall verantwortlich
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