Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das unvollendete Bildnis

Das unvollendete Bildnis

Titel: Das unvollendete Bildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Mord begangen hat?»
    Weder starrte Blake ihn an.
    «Aber wenn sie es nicht getan hat…»
    «Ja, wenn sie es nicht getan hat, was denn?»
    «Ich kann mir keine andere Möglichkeit vorstellen. Ein Unfall? Das ist doch unmöglich.»
    «Völlig unmöglich.»
    «Und an einen Selbstmord kann ich auch nicht glauben. Diese Behauptung wurde aufgestellt, aber für jeden, der Crale kannte, war sie unglaubhaft.»
    «Richtig.»
    «Also was bleibt?», fragte Blake.
    Poirot antwortete kühl:
    «Es bleibt die Möglichkeit, dass Amyas Crale von jemand anders getötet wurde.»
    «Aber das ist doch absurd.»
    «Glauben Sie?»
    «Ich bin sicher. Wer hätte ihn töten wollen? Wer hätte ihn töten können?»
    «Das sollten Sie eher wissen als ich.»
    «Aber Sie glauben doch nicht ernsthaft…»
    «Vielleicht nicht, aber es interessiert mich, alle Möglichkeiten zu erwägen. Denken Sie bitte ernsthaft darüber nach. Sagen Sie mir, was Sie denken.»
    Meredith starrte ihn einige Sekunden an, dann senkte er seinen Blick und schüttelte den Kopf.
    «Ich kann mir keine andere Möglichkeit denken, obwohl ich es nur zu gern tun würde. Wenn ich auch nur den leisesten Verdacht auf jemand anders hätte, würde ich mit ganzem Herzen an Carolines Unschuld glauben. Ich will ja nicht an ihre Schuld glauben; ich konnte es auch damals zunächst nicht. Aber wer könnte es sonst gewesen sei? Philip? Philip war Crales bester Freund. Elsa? Lächerlich. Ich? Sehe ich aus wie ein Mörder? Eine biedere Gouvernante? Zwei treue alte Dienstboten? Oder gar das Kind – Angela? Nein, Monsieur Poirot, es gibt keine andere Möglichkeit. Nur seine Frau konnte Amyas Crale getötet haben, aber er trieb sie dazu. Und so war es gewissermaßen doch Selbstmord.»
    «Sie meinen, dass er infolge seiner Taten starb, wenn auch nicht durch seine eigene Hand?»
    «Ja. Es ist zwar eine phantastische Formulierung, aber… Ursache und Wirkung… Sie wissen ja.»
    «Haben Sie je darüber nachgedacht, Mr Blake, dass die Mordursache fast stets beim Ermordeten selbst liegt?»
    «Nein… aber ich verstehe, was Sie meinen.»
    «Erst wenn man genau weiß, was für ein Mensch der Ermordete war, kann man die Umstände eines Mordes klar erkennen. Und das suche ich: ein Bild des Menschen Amyas Crale. Sie und Ihr Bruder haben mir dazu verholfen.»
    Meredith hatte aus diesem Satz nur ein Wort gegriffen, und er stieß hervor:
    «Philip?»
    «Ja.»
    «Sie haben auch mit ihm gesprochen?»
    «Ja.»
    «Sie hätten erst zu mir kommen müssen», sagte Meredith scharf.
    Poirot erwiderte mit einer höflichen Geste:
    «Gemäß dem Recht des Erstgeborenen hätte ich das tun müssen; ich weiß ja, dass Sie der ältere sind. Aber da Ihr Bruder in der Nähe von London lebt, war es leichter für mich, ihn zuerst aufzusuchen.»
    Meredith runzelte die Stirn und sagte:
    «Philip ist voreingenommen, er war es immer. Hat er nicht versucht, Sie gegen Caroline einzunehmen?»
    «Würde das nach so langer Zeit noch etwas ausmachen?»
    Meredith seufzte.
    «Ich habe vergessen, wie lange das alles zurückliegt und dass alles vorbei ist. Man kann Caroline nicht mehr wehtun. Trotzdem möchte ich nicht, dass Sie einen falschen Eindruck von ihr gewinnen.»
    «Und Sie glauben, dass Ihr Bruder mir einen falschen Eindruck vermitteln könnte?»
    «Offen gestanden, ja. Sehen Sie, es hat immer eine gewisse… wie soll ich mich ausdrücken… eine gewisse Antipathie zwischen ihm und Caroline bestanden.»
    «Warum?»
    Diese Frage schien Blake zu ärgern.
    «Warum? Woher soll ich das wissen? Es war nun mal so. Philip hackte bei jeder Gelegenheit auf ihr herum. Ich glaube, er war wütend, dass Amyas sie heiratete. Nach der Hochzeit ging er über ein Jahr lang nicht zu ihnen, obwohl Amyas sein bester Freund war. Ich glaube, dass das der wirkliche Grund war. Wahrscheinlich fand er, keine Frau sei für Amyas gut genug. Und vielleicht fürchtete er, dass Carolines Einfluss ihrer Freundschaft schaden könnte.»
    «War das der Fall?»
    «Nein, natürlich nicht. Amyas hatte Philip bis zu seinem Tod genauso gern wie früher, obwohl er ihn oft aufzog und ihn einen Geldraffer und Spießer nannte. Aber das war Philip egal. Er grinste einfach dazu und sagte, es sei ein Glück, dass Amyas wenigstens einen respektablen Freund habe.»
    «Wie reagierte Ihr Bruder auf Crales Affäre mit Elsa Greer?»
    «Das ist schwer zu beantworten. Er ärgerte sich, dass Amyas sich lächerlich machte, und sagte immer wieder, Amyas würde es eines Tages bereuen;

Weitere Kostenlose Bücher