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Das unvollendete Bildnis

Das unvollendete Bildnis

Titel: Das unvollendete Bildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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waren alle?»
    «Ja… ich glaube. Ja, bestimmt.» Blake blickte ihn neugierig an. «Wer sollte sonst noch dabei gewesen sein?»
    «Ich dachte, vielleicht die Gouvernante…»
    «Ach so. Nein, die war an dem Nachmittag nicht da. Eine nette Person. Nahm ihre Pflichten sehr ernst. Ich glaube, Angela hat ihr das Leben oft sehr schwer gemacht.»
    «Wieso?»
    «Angela war ein nettes Kind, aber sehr wild. Immer hatte sie Streiche im Kopf. Eines Tages, als Amyas eifrig malte, setzte sie ihm eine Schnecke oder so etwas Ähnliches auf den Kragen. Er platzte fast vor Wut und wünschte sie zu allen Teufeln. Schließlich bestand er darauf, dass sie in ein Internat geschickt würde.»
    «In ein Internat?»
    «Ja. Er hat sie bestimmt gern gehabt, aber oft ging sie ihm auch sehr auf die Nerven. Und ich glaube… ich habe immer gedacht…»
    «Ja?»
    «Dass er ein bisschen eifersüchtig auf sie war. Caroline, verstehen Sie, hing ein wenig übertrieben an Angela. Angela stand gewissermaßen an erster Stelle bei ihr… und das gefiel Amyas nicht. Caroline hatte einen Grund dafür, ich möchte mich jetzt nicht darüber auslassen, aber…»
    Poirot unterbrach ihn.
    «Caroline Crale machte sich vermutlich Vorwürfe, weil durch ihre Schuld das Mädchen entstellt worden war?»
    «Oh, das wissen Sie? Ich wollte es nicht erwähnen, es ist schon so lange her.»
    «Und trug Angela es ihrer Schwester nach?», fragte Poirot.
    «Glauben Sie das nur nicht. Angela liebte Caroline; ich bin sicher, dass sie an die alte Geschichte überhaupt nicht mehr dachte. Aber Caroline konnte es nicht vergessen.»
    «Freute Angela sich auf das Internat?»
    «Nein. Sie war wütend auf Amyas. Caroline ergriff ihre Partei, aber Amyas blieb bei seinem Entschluss. Im Allgemeinen war er sehr umgänglich, aber wenn er sich mal etwas in den Kopf gesetzt hatte, war nichts zu machen.»
    «Sie sollte also ins Internat – wann?»
    «Zu Beginn des Herbstquartals. Ich erinnere mich noch, dass ihre Ausrüstung schon komplett war. Sie sollte in ein paar Tagen fahren. Am Morgen des bewussten Tages war die Rede davon, dass man nun packen müsste.»
    «Und die Gouvernante?»
    «Was meinen Sie… die Gouvernante?»
    «Wie stand sie dazu? Sie verlor doch dadurch ihre Stellung?»
    «Ja, das war wohl so, denn die kleine Carla bekam ja nur ein paar Stunden, sie war damals erst… ich glaube sechs Jahre. Ja, wahrscheinlich hätten sie Miss Williams nicht behalten. Natürlich… Williams, so hieß sie. Merkwürdig, wie einem vieles wieder einfällt, wenn man von alten Dingen spricht.»
    «Ja. Sie sind doch jetzt wieder ganz in der Vergangenheit?»
    «Gewissermaßen… ja. Aber da sind Lücken… doch ich erinnere mich noch genau, wie entsetzt ich war, als ich erfuhr, dass Amyas Caroline verlassen wollte… aber ich weiß nicht mehr, ob er es mir gesagt hatte oder Elsa. Ich erinnere mich, dass ich mit Elsa darüber sprach, ich versuchte, ihr klar zu machen, wie unanständig ihr Verhalten sei. Sie, in ihrer kühlen Art, lachte mich jedoch nur aus und sagte, ich sei altmodisch. Das stimmte ja auch, aber ich glaube immer noch, dass ich Recht hatte. Amyas hatte Frau und Kind und musste bei ihnen bleiben.»
    «Und Miss Greer fand diesen Standpunkt altmodisch?»
    «Ja. Immerhin war vor sechzehn Jahren eine Scheidung noch nicht so etwas Selbstverständliches wie heute. Elsa jedoch wollte modern sein und fand, wenn zwei Menschen miteinander nicht glücklich sein könnten, sei es besser, Schluss zu machen. Sie sagte, dass Amyas und Caroline immer Krach miteinander hätten und dass es für das Kind viel besser wäre, wenn es nicht in einer so unharmonischen Atmosphäre aufwüchse.»
    «Und dieses Argument leuchtete Ihnen nicht ein?»
    «Ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, dass sie gar nicht wusste, wovon sie sprach. Wie ein Papagei plapperte sie diese Dinge daher, Dinge, die sie in Büchern gelesen oder von ihren Freunden gehört hatte. Irgendwie war sie rührend – es ist zwar komisch, so etwas zu sagen, denn sie war ja so jung und selbstsicher; aber manchmal hat die Jugend etwas unendlich Rührendes an sich.»
    Poirot musterte ihn interessiert und murmelte schließlich.
    «Ich verstehe, was Sie meinen…»
    Blake fuhr mehr zu sich selbst als zu Poirot sprechend fort:
    «Es war einer der Gründe, weswegen ich Crale Vorwürfe machte. Er war fast zwanzig Jahre älter als das Mädchen.»
    «Ach, wie selten kann man einem Menschen etwas ausreden», meinte Poirot. «Wenn sich jemand in etwas

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