Das Urteil
den Parkplatz herausquoll, trennten sich Pang und Dubaz und verdrückten sich unauffällig nach hinten. Sirenengeheul war zu hören. Rauch erschien an den Fenstern von zwei Wohnungen im ersten Stock - in der von Easter und der daneben. Weitere Leute rannten aus dem Haus, zum Teil in Decken gehüllt und mit Säuglingen und Kleinkindern auf dem Arm. Sie gesellten sich zu der Menge und warteten ungeduldig auf die Feuerwehr.
Als sie eingetroffen war, schlichen sich Pang und Dubaz noch weiter in den Hintergrund, dann waren sie verschwunden.
Niemand kam ums Leben. Niemand wurde verletzt. Vier Wohnungen waren vollständig ausgebrannt, elf schwer beschädigt, fast dreißig Familien bis nach den Aufräum- und Renovierungsarbeiten obdachlos.
Easters Festplatte erwies sich als unlesbar. Er hatte so viele Paßworte, Geheimcodes, Eindringsperren und Virenschutzbarrieren verwendet, daß Fitchs Computer-Experten nichts mit ihr anfangen konnten. Er hatte sie am Samstag aus Washington kommen lassen. Sie waren ehrliche Leute, die keine Ahnung hatten, wo die Festplatte und die Disketten herkamen. Fitch setzte sie einfach in ein Zimmer mit einer Anlage, die mit der von Easter identisch war, und sagte ihnen, was er wollte. Die meisten Disketten waren auf ähnliche Art geschützt. Aber nachdem sie ungefähr den halben Stapel durchprobiert hatten, konnten sie aufatmen. Sie konnten auf einer älteren Diskette, bei der Easter es unterlassen hatte, sie ebenso gut zu sichern, die Paßworte umgehen. Dem Verzeichnis zufolge enthielt sie sechzehn Dokumente mit Namen, die nichts verrieten. Fitch wurde informiert, als sie das erste Dokument ausdruckten. Es war eine sechsseitige Aufstellung von neuerem Zeitungsmaterial über die Tabakindustrie, mit dem Datum des 11. Oktober 1994. Artikel aus der Times, dem Wallstreet Journal und Forbes wurden erwähnt. Das zweite Dokument war eine zweiseitige Zusammenfassung eines Dokumentarfilms über Prozesse wegen Brustimplantationen. Das dritte war ein schlechtes Gedicht, das er über Flüsse geschrieben hatte. Das vierte war eine weitere Aufstellung von Zeitungsartikeln über Lungenkrebs-Prozesse.
Fitch und Konrad lasen jede Seite genau. Der Text war klar und sachlich, offensichtlich in Eile geschrieben, weil die Tippfehler das Lesen mühsam machten. Er schrieb wie ein unvoreingenommener Reporter. Es ließ sich unmöglich sagen, ob Easter Rauchern Sympathie entgegenbrachte oder ob er sich nur für Produkthaftungsprozesse interessierte.
Es folgten weitere fürchterliche Gedichte. Eine abgebrochene Kurzgeschichte. Und dann endlich ein Volltreffer. Dokument Nummer fünfzehn war ein zweiseitiger Brief an seine Mutter, eine Mrs. Pamela Blanchard in Gardner, Texas. Er trug das Datum 20. April 1995 und begann: »Liebe Mom, ich lebe jetzt in Biloxi, Mississippi, an der Golfküste«, dann erklärte er, wie sehr er Salzwasser und Strände liebte, und daß er nie wieder in einer Gegend mit Farmland leben könnte. Er entschuldigte sich ausführlich, daß er nicht früher geschrieben hatte, entschuldigte sich über zwei lange Absätze hinweg für seinen Hang zum Herumziehen und versprach, in Zukunft öfter zu schreiben. Er erkundigte sich nach Alex, sagte, er hätte seit drei Monaten nicht mit ihm gesprochen und könnte es nicht glauben, daß er es tatsächlich geschafft hatte, nach Alaska zu fahren und dort einen Job als Anglerführer zu finden. Alex schien ein Bruder zu sein. Ein Vater wurde nicht erwähnt, ebensowenig eine Freundin, und schon gar nicht jemand namens Marlee.
Er schrieb, er hätte einen Job in einem Kasino gefunden, der ihm im Moment Spaß machte, aber keine große Zukunft hätte. Er dächte immer noch daran, einmal Anwalt zu werden, und das mit dem Jurastudium täte ihm leid, aber er bezweifelte, daß er je an die Universität zurückkehren würde.
Er behauptete, er wäre glücklich, lebte einfach mit wenig Geld und noch weniger Verantwortlichkeiten. Und jetzt muß ich Schluß machen. Alles Liebe. Grüße an Aunt Sammy, und ich rufe bald einmal an.
Die Unterschrift lautete einfach ›Jeff‹. ›Alles Liebe, Jeff. ‹ Nirgendwo in dem Brief tauchte ein Nachname auf.
Eine Stunde nach der ersten Lektüre des Briefes saßen Dante und Joe Boy in einem Privatjet. Fitch hatte sie beauftragt, nach Gardner zu fliegen und sämtliche Privatdetektive in der Stadt anzuheuern.
Die Computerspezialisten knackten noch eine weitere Diskette, die vorletzte. Auch in diesem Fall konnten sie die Eindringsperren mit
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