Das Urteil
schaffte. Sie waren bis über beide Ohren verliebt, und nichts sonst war von Bedeutung. Außerdem hatte sie ein bißchen Geld, so daß sie nicht unter Druck standen. In den Semesterferien seines zweiten und letzten Studienjahrs verbrachten sie Weihnachten auf Jamaica.
Als er das Studium endgültig aufgab, war sie drei Jahre in Lawrence gewesen und bereit, weiterzuziehen. Er würde ihr überallhin folgen.
Am Sonntag nachmittag hatte Marlee nicht viel über den Brand herausgebracht. Sie verdächtigten Fitch, konnten aber keinen Grund erkennen. Der einzige Wertgegenstand war der Computer gewesen, und Nicholas war fest überzeugt, daß sie sein Sicherheitssystem nicht knacken konnten. Die wirklich wichtigen Disketten lagen in einem Tresor in Marlees Wohnung. Was konnte Fitch gewinnen, indem er eine schäbige Wohnung in Brand steckte? Einschüchterung vielleicht, aber das ergab keinen Sinn. Die Brandexperten führten eine Routineuntersuchung durch. Brandstiftung schien unwahrscheinlich.
Sie hatten schon an schöneren Orten als dem Siesta Inn miteinander geschlafen, und auch an häßlicheren. Im Laufe von vier Jahren hatten sie in vier Städten gelebt, waren in ein halbes Dutzend Länder gereist, hatten fast ganz Nordamerika gesehen, waren in Alaska und Mexiko gewandert, waren zweimal auf einem Floß den Colorado River hinuntergefahren und einmal auf dem Amazonas gewesen. Außerdem waren sie den Tabakprozessen gefolgt, und diese Reise hatte sie gezwungen, ihre Zelte in Orten wie Broken Arrow, Allentown und jetzt Biloxi aufzuschlagen. Zusammen wußten sie mehr über Nikotingehalt, Karzinogene, statistische Wahrscheinlichkeiten von Lungenkrebs, Geschworenen-Auswahl, Verfahrenstaktiken und Rankin Fitch als jede erdenkliche Gruppe hochbezahlter Experten.
Nach einer Stunde unter der Bettdecke ging neben dem Bett ein Licht an, und Nicholas kam mit zerzaustem Haar zum Vorschein und griff nach seinen Sachen. Marlee zog sich an und lugte durch die Jalousie auf den Parkplatz.
Direkt unter ihnen versuchte Hoppy nach Kräften, die skandalösen Enthüllungen von Lawrence Krigler zu diskreditieren, die Millie offenbar so beeindruckt hatten. Sie tischte sie Hoppy in großen Dosen auf und wunderte sich über sein Verlangen, sich so ausgiebig mit ihr darüber auseinanderzusetzen.
Nur zum Spaß hatte Marlee ihren Wagen einen halben Block von Wendall Rohrs Kanzlei entfernt stehenlassen. Sie und Nicholas operierten unter der Annahme, daß Fitch jeden Schritt verfolgte, den sie tat. Es amüsierte sie, sich vorzustellen, wie er von dem Gedanken gepeinigt wurde, daß sie dort war, in Rohrs Büro, ihm tatsächlich von Angesicht zu Angesicht gegenübersaß und sich mit ihm auf wer weiß was einigte. Zu dem persönlichen Besuch war sie in einem Mietwagen erschienen, einem von vielen, die sie in den letzten Monaten benutzt hatte.
Nicholas hatte plötzlich genug von dem Zimmer, einer genauen Replik von dem, in das er eingesperrt war. Sie unternahmen einen langen Ausflug an der Küste entlang; sie fuhr, er trank Bier. Sie wanderten eine Pier oberhalb des Strandes entlang und küßten sich, während unter ihnen das Wasser leise plätscherte. Über den Prozeß sprachen sie kaum.
Um halb elf stieg Marlee zwei Blocks von Rohrs Kanzlei entfernt aus dem Mietwagen aus. Sie eilte den Gehsteig entlang, und Nicholas folgte ihr unauffällig. Ihr Wagen stand allein da. Joe Boy sah sie einsteigen und funkte Konrad an. Als sie abgefahren waren, kehrte Nicholas in dem Mietwagen ins Motel zurück.
Rohr steckte mitten in einer hitzigen Sitzung, der täglichen Zusammenkunft der acht Prozeßanwälte, von denen jeder eine Million beigesteuert hatte. Das Thema an diesem Sonntag abend war die Anzahl der noch aufzurufenden Ze ugen, und wie üblich gab es acht verschiedene Meinungen darüber, wie sie weiter vorgehen sollten. Zwei grundsätzliche Richtungen, aber acht sehr entschlossene und sehr unterschiedliche Ansichten darüber, welche davon die wirkungsvollste sein würde.
Die drei Tage der Geschworenen-Auswahl eingeschlossen, hatte der Prozeß bisher drei Wochen gedauert. Morgen würde die vierte Woche beginnen, und die Vertreter der Klägerin verfügten über genügend Experten und andere Zeugen für mindestens weitere zwei Wochen. Cable hatte sein eigenes Heer von Experten, aber in der Regel brauchte die Verteidigung in derartigen Fällen kaum halb soviel Zeit wie die Anklage. Sechs Wochen war eine vernünftige Schätzung, was bedeutete, daß die Geschworenen
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