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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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hohem Niveau hielten, damit die Leute süchtig wurden.
    Sucht war das Wort, das Robilio immer und immer wieder gebrauchte. Er hatte von den Konzernen bezahlte Untersuchungen gesehen, bei denen alle möglichen Tiere durch das Nikotin schnell nikotinsüchtig geworden waren. Er hatte Untersuchungen gesehen und bei ihrer Unterdrückung geholfen, die ohne jeden Zweifel bewiesen, daß bei Rauchern, die schon im jugendlichen Alter damit angefangen hatten, die Zahl derjenigen, die es sich wieder abgewöhnten, wesentlich geringer war. Sie wurden zu Kunden auf Lebenszeit.
    Rohr legte Robilio einen Karton mit dicken Berichten zur Identifizierung vor. Die Untersuchungen wurden als Beweismaterial zugelassen, als hätten die Geschworenen Zeit, sich durch Zehntausende von Seiten hindurchzuwühlen, bevor sie ihr Urteil fällten.
    Robilio bedauerte viele der Dinge, die er als Lobbyist getan hatte, aber seine größte Sünde, die ihm täglich zu schaffen machte, waren die geschickt formulierten Dementis gewesen, die er verfaßt und in denen er behauptet hatte, die Werbung der Industrie sei nicht auf Teenager gerichtet. »Nikotin macht süchtig. Sucht bedeutet Profit. Das Überleben der Tabakindustrie hängt davon ab, daß sich jede neue Generation das Rauchen angewöhnt. Jugendliche erhalten durch die Werbung mehrdeutige Botschaften. Die Industrie gibt Milliarden dafür aus, Zigaretten als cool und großartig, sogar als harmlos hinzustellen. Jugendliche sind leichter verführbar und bleiben länger an der Angel. Also sind sie unweigerlich die wichtigste Zielgruppe.«
    Robilio schaffte es, durch seinen künstlichen Sprechapparat Bitterkeit zu vermitteln. Und er schaffte es auch, gleichzeitig einen bösen Blick zum Tisch der Verteidigung hinüber zu werfen und die Geschworenen anzulächeln.
    »Wir gaben Millionen für Umfragen unter Jugendlichen aus. Wir wußten, daß sie die drei Zigarettenmarken benennen konnten, für die am intensivsten geworben wird. Wir wußten, daß fast neunzig Prozent der rauchenden Jugendlichen unter achtzehn eine dieser drei meistbeworbenen Marken rauchten. Und was taten die Konzerne daraufhin? Sie verstärkten die Werbung.«
    »Wissen Sie, wieviel die Tabakkonzerne am Zigarettenverkauf an Kinder verdienen?« fragte Rohr, der die Antwort bereits kannte.
    »Ungefähr zweihundert Millionen im Jahr. Und das nur durch Verkäufe an Jugendliche im Alter von achtzehn Jahren oder darunter. Natürlich wußten wir das. Wir haben es alljährlich ermittelt und unsere Computer mit den Daten gefüttert. Wir wußten alles.« Er verstummte und schwenkte seine rechte Hand in Richtung auf den Tisch der Verteidigung, so verächtlich, als wäre er von Leprakranken umgeben. »Sie wissen es immer noch. Sie wissen, daß jeden Tag dreitausend Jugendliche mit dem Rauchen anfangen, und sie können Ihnen die genauen Absatzzahlen der Marken nennen, die sie kaufen. Sie wissen, daß praktisch alle erwachsenen Raucher als Jugendliche angefangen haben. Und wieder müssen sie zusehen, daß sie die nächste Generation an die Angel bekommen. Sie wissen, daß ein Drittel der dreitausend Jugendlichen, die heute mit dem Rauchen anfangen, schließlich an ihrer Sucht sterben werden.«
    Die Jury war fasziniert von Robilio. Rohr blätterte eine Sekunde in seinen Papieren herum, damit der dramatische Augenblick nicht so schnell vorüberging. Er machte hinter seinem Pult ein paar Schritte zurück und wieder vor, als müßte er seine Beine auflockern. Er kratzte sich am Kinn, schaute zur Decke, dann fragte er: »Als Sie beim Tobacco Focus Council arbeiteten - wie sind Sie da gegen die Argumente vorgegangen, daß Nikotin süchtig macht?«
    »Die Tabakkonzerne haben eine Generalstrategie; ich habe bei ihrer Formulierung geholfen. Sie lautet ungefähr so: Die Leute entschließen sich zum Rauchen. Also ist es eine freie Entscheidung. Zigaretten machen nicht süchtig, aber selbst wenn sie es täten, wird schließlich niemand zum Rauchen gezwungen. Es ist alles eine Sache der freien Entscheidung. Zu jener Zeit, damals, konnte ich dafür sorgen, daß sich das gut anhört. Und meine Nachfolger sorgen dafür, daß es sich auch heute noch gut anhört. Das Problem ist nur, daß es nicht wahr ist.«
    »Weshalb ist es nicht wahr?«
    »Weil es hier um Sucht geht, und ein Süchtiger kann keine freie Entscheidung treffen. Und Jugendliche werden viel schneller süchtig als Erwachsene.«
    Rohr entsagte ausnahmsweise einmal dem allen Anwälten eigenen Drang zur

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