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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Übertreibung. Robilio wußte mit Worten umzugehen, und die Anstrengung, sich klar und verständlich auszudrücken, hatte ihn nach anderthalb Stunden ermüdet. Rohr überließ ihn Cable zum Kreuzverhör, und Richter Harkin, der einen Kaffee brauchte, ordnete eine Unterbrechung an.
    Hoppy Dupree tauchte am Montag morgen zum erstenmal im Gerichtssaal auf und erschien ungefähr in der Mitte von Robilios Aussage. Millie erhaschte in einem stilleren Moment seinen Blick und freute sich, daß er erschienen war. Aber sein plötzliches Interesse an dem Prozeß war merkwürdig. Er hatte gestern abend vier Stunden lang über nichts anderes geredet.
    Nach einer zwanzigminütigen Kaffeepause trat Cable ans Rednerpult und fiel über Robilio her. Sein Ton war schneidend, fast niederträchtig, als sähe er in dem Zeugen einen Verräter an der Sache, einen Renegaten. Cable erzielte sofort einen Treffer mit der Enthüllung, daß Robilio für seine Aussage bezahlt wurde und daß er selbst sich an die Anwälte der Klägerin gewandt hatte. Außerdem wurde er noch bei zwei weiteren Tabakfällen honoriert.
    »Ja, ich werde für mein Hiersein bezahlt, Mr. Cable, genau wie Sie«, sagte Robilio, wie alle Experten reagierend. Aber daß er Geld nahm, sorgte unvermeidlich für leichte Zweifel an seinem Charakter.
    Cable brachte ihn zu dem Eingeständnis, daß er erst mit dem Rauchen angefangen hatte, als er fast fünfundzwanzig gewesen war, verheiratet, zwei Kinder, also keineswegs ein von den gerissenen Werbeleuten aus der Madison Avenue verführter Teenager. Robilio hatte ein aufbrausendes Temperament, was er während einer zweitägigen Marathon-Vernehmung fünf Monate zuvor allen Anwälten gegenüber bewiesen hatte. Cable war entschlossen, diese Tatsache auszunutzen. Seine Fragen waren scharf, schnell und auf Provokation angelegt.
    »Wie viele Kinder haben Sie?« fragte Cable.
    »Drei.«
    »Hat eines von ihnen je regelmäßig Zigaretten geraucht?«
    »Ja.«
    »Wie viele?«
    »Alle drei.«
    »Wie alt waren sie, als sie anfingen?«
    »Unterschiedlich.«
    »Im Durchschnitt?«
    »Knapp zwanzig.«
    »Welche Anzeigen machen Sie für ihr Rauchen verantwortlich?«
    »Das weiß ich nicht mehr genau.«
    »Sie können den Geschworenen nicht sagen, welche Anzeigen dafür verantwortlich waren, daß Ihre eigenen Kinder mit dem Rauchen anfingen?«
    »Es gab so viele Anzeigen. Gibt es immer noch. Es ist unmöglich, die eine, die zwei oder die fünf zu benennen, die es geschafft haben.«
    »Also waren es die Anzeigen?«
    »Ich bin sicher, daß die Anzeigen ihre Wirkung taten. Und es noch immer tun.«
    »Also war jemand anders daran schuld?«
    »Ich habe sie nicht zum Rauchen ermutigt.«
    »Sind Sie sicher? Sie wollen den Geschworenen weismachen, daß Ihre eigenen Kinder, die Kinder eines Mannes, dessen Job es war, die Welt zum Rauchen zu ermutigen, mit dem Rauchen anfingen, weil sie auf raffinierte Werbung hereingefallen waren?«
    »Ich bin sicher, daß die Werbung dazu beigetragen hat. Schließlich zielte sie darauf ab.«
    »Haben Sie zu Hause geraucht, in Gegenwart Ihrer Kinder?«
    »Ja.«
    »Und Ihrer Frau?«
    ›Ja.«
    »Haben Sie je einen Besucher gebeten, in Ihrem Haus nicht zu rauchen?«
    »Nein. Damals nicht.«
    »Kann man demnach sagen, daß in Ihrem Haus eine raucherfreundliche Atmosphäre herrschte?«
    »Ja. Damals.«
    »Aber Ihre Kinder fingen mit dem Rauchen an, weil sie durch gerissene Werbung dazu verführt wurden? Ist es das, was Sie den Geschworenen sagen wollen?«
    Robilio holte tief Luft, zählte langsam bis fünf, dann sagte er: »Ich wollte, ich hätte in vielen Dingen anders gehandelt, Mr. Cable. Ich wollte, ich hätte nie zu meiner ersten Zigarette gegriffen.«
    »Haben Ihre Kinder mit dem Rauchen aufgehört?«
    »Zwei von ihnen haben es getan. Es ist ihnen sehr schwer gefallen. Der dritte versucht es seit mittlerweile zehn Jahren.«
    Cable hatte die letzte Frage aus einem Impuls heraus gestellt und wünschte sich jetzt, er hätte es nicht getan. Zeit, das Thema zu wechseln. Er schaltete in einen anderen Gang. »Mr. Robilio, sind Ihnen die Bemühungen der Tabakindustrie bekannt, das Rauchen bei Teenagern einzuschränken?«
    Robilio kicherte, was sich in der Verstärkung durch sein Mikrofon wie ein Gurgeln anhörte. »Keine sonderlich ernsthaften Bemühungen«, sagte er.
    »Vierzig Millionen Dollar im vorigen Jahr an Smoke Free Kids?«
    »Hört sich an wie etwas, das sie sich nicht entgehen lassen würden. Macht einen guten Eindruck,

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