Das Urteil
stimmt's?«
»Ist Ihnen bekannt, daß die Industrie nachweislich Gesetze unterstützt, die die Aufstellung von Zigarettenautomaten an Stellen verbietet, an denen Jugendliche zusammenkommen?«
»Ich glaube, ich habe davon gehört. Auch eine hübsche Masche.«
»Ist Ihnen bekannt, daß die Industrie im vorigen Jahr dem Staat Kalifornien zehn Millionen Dollar für ein landesweites Kindergartenprogramm gezahlt hat, das den Zweck hat, Minderjährige vor dem Rauchen zu warnen?«
»Nein. Was ist mit dem Rauchen von Volljährigen? Haben sie den Kleinen gesagt, es wäre okay, wenn sie nach dem achtzehnten Geburtstag mit dem Rauchen anfingen? Vermutlich haben sie das getan.«
Cable hatte eine Liste und schien sich damit begnügen zu wollen, seine Fragen abzufeuern und die Antworten zu ignorieren.
»Ist Ihnen bekannt, daß die Industrie ein Gesetz in Texas unterstützt, das das Rauchen in allen Fastfood-Lokalen verbietet, die von Teenagern frequentiert werden?«
»Ja, und wissen Sie, weshalb sie derartige Dinge tut? Ich werde es Ihnen sagen. Um Leute wie Sie anheuern zu können, damit Sie Geschworenen wie diesen hier davon erzählen können. Das ist der einzige Grund - es hört sich vor Gericht gut an.«
»Ist Ihnen bekannt, daß die Industrie nachweislich Gesetze unterstützt, nach denen Supermärkte sich strafbar machen, wenn sie Tabakprodukte an Minderjährige verkaufen?«
»Ja, ich glaube, davon habe ich auch gehört. Es ist Augenwischerei. Sie spendieren hier und dort ein paar Dollar, um sich in ein gutes Licht zu setzen und sich Respektabilität zu erkaufen. Sie tun es, weil sie die Wahrheit kennen, und die Wahrheit ist, daß jährlich zwei Milliarden Dollar für die Werbung garantieren, daß die Sucht die nächste Generation ergreift. Und wenn Sie das nicht glauben, sind Sie ein Narr.«
Richter Harkin beugte sich vor. »Mr. Robilio, das kann ich nicht durchgehen lassen. Sagen Sie so etwas nicht wieder. Ich will, daß es aus dem Protokoll gestrichen wird.«
»Es tut mir leid, Euer Ehren. Ich entschuldige mich auch bei Ihnen, Mr. Cable. Sie tun nur Ihren Job. Es ist Ihr Mandant, den ich nicht ausstehen kann.«
Cable war aus dem Konzept geraten. Er brachte ein lahmes »Weshalb?« heraus und wünschte sich sofort, er hätte den Mund gehalten.
»Weil diese Tabakleute so verlogen sind. Sie sind klug, intelligent, gebildet, skrupellos, und sie schauen Ihnen ins Gesicht und behaupten allen Ernstes, daß Zigaretten nicht süchtig machen. Und sie wissen, daß das eine Lüge ist.«
»Keine weiteren Fragen«, sagte Cable, bereits auf dem Rückweg zu seinem Tisch.
Gardner war eine Stadt mit achtzehntausend Einwohnern in der Nähe von Lubbock. Pamela Blanchard lebte im alten Teil des Ortes, zwei Blocks von der Main Street entfernt in einem um die Jahrhundertwende gebauten und hübsch renovierten Haus. Auf dem Rasen standen leuchtend rote und goldene Ahornbäume. Kinder auf Fahrrädern und Skateboards bevölkerten die Straße.
Um zehn Uhr am Montag morgen wußte Fitch das Folgende: Sie war mit dem Präsidenten der örtlichen Bank verheiratet, einem Mann, der schon einmal verheiratet gewesen und dessen erste Frau vor zehn Jahren gestorben war. Er war nicht der Vater von Nicholas Easter oder Jeff oder wie immer er auch heißen mochte. Die Bank war während der Ölkrise Anfang der achtziger Jahre fast zusammengebrochen, und viele Einheimische scheuten immer noch davor zurück, ihr ihr Geld anzuvertrauen. Pamelas Mann stammte aus der Stadt, sie nicht. Möglicherweise war sie aus Lubbock zugezogen, vielleicht auch aus Amarillo. Sie hatten vor acht Jahren in Mexiko geheiratet, und die Lokalzeitung hatte kaum etwas darüber berichtet. Kein Hochzeitsfoto. Nur eine kurze Notiz neben den Nachrufen, daß N. Forrest Blanchard jr. Pamela Kerr geheiratet hatte. Nach kurzen Flitterwochen in Cozumel würden sie in Gardner leben.
Die beste Quelle am Ort war ein Privatdetektiv mit Namen Rafe, der zwanzig Jahre lang Polizist gewesen war und behauptete, jedermann zu kennen. Nach Erhalt eines beachtlichen Honorars in bar arbeitete Rafe die Sonntagnacht durch. Er schlief keine Minute, trank dafür aber massenhaft Bourbon, und bei Tagesanbruch roch er nach saurer Maische. Dante und Joe Boy arbeiteten neben ihm in seinem schäbigen Büro an der Main Street und lehnten immer wieder den Whiskey ab.
Rafe sprach mit jedem Polizisten in Gardner und fand schließlich einen, der sich mit einer Dame unterhalten konnte, die den Blanchards gegenüber
Weitere Kostenlose Bücher