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Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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der Lamuese Street, bis er den Vieux Marché erreicht hatte, eine Fußgängerzone mit hübschen Läden, die einmal das Haupt-Geschäftszentrum von Biloxi gewesen war. Er kannte die Gegend gut, weil sie nur eine Viertelmeile von dem Haus entfernt war, in dem er wohnte. Er mochte die Cafés und Imbißstuben am Vieux Marché. Hier gab es auch eine gute Buchhandlung. Er bog nach links ab und betrat kurz darauf ein großes, altes, weißes Gebäude, das Mary Mahoney's beherbergte, ein am Ort berühmtes Restaurant, in dem die meisten Juristen der Stadt aßen, wenn ein Prozeß im Gange war. Er hatte diesen Spaziergang eine Woche zuvor geprobt und sogar an einem Tisch in der Nähe von dem des ehrenwerten Frederick Harkin gegessen.
    Nicholas betrat das Restaurant und fragte die erste Kellnerin, die er sah, ob Richter Harkin hier aß. Ja. Und wo war er zu finden? Sie sagte es ihm, und Nicholas durchquerte schnell die Bar und ein kleines Foyer und betrat dann einen großen Speisesaal mit Fenstern und Sonnenschein und massenhaft frischen Blumen. Er entdeckte Richter Harkin an einem Vierertisch. Harkin sah ihn kommen, und seine Gabel, auf der eine fleischige gegrillte Garnele steckte, erstarrte auf halbem Wege. Er erkannte das Gesicht als das von einem seiner Geschworenen, und er sah den auffälligen rotweißen Jury-Button.
    »Es tut mir leid, Sie stören zu müssen, Sir«, sagte Nicholas und blieb neben dem Tisch stehen, auf dem warmes Brot, Salatteller und große Gläser mit Eistee standen. Auch Gloria Lane, die Kanzleivorsteherin, war einen Moment lang sprachlos. Die zweite Frau war die Protokollantin und die dritte Harkins Sekretärin.
    »Was tun Sie hier?« fragte Harkin. An seiner Unterlippe hing ein Bröckchen Ziegenkäse.
    »Ich bin wegen Ihrer Jury hier.«
    »Was ist passiert?«
    Nicholas beugte sich vor, um kein Aufsehen zu erregen. »Wir haben Hunger«, sagte er und gab seinem Zorn durch zusammengebissene Zähne Ausdruck. Er wurde von den vier betroffenen Gesichtern deutlich registriert. »Während Sie hier gemütlich beim Lunch sitzen, warten wir da drüben in einem engen Zimmer auf unser Imbißessen, das aus irgendeinem Grund nicht seinen Weg zu uns findet. Wir haben Hunger, Sir, mit allem nötigen Respekt. Und wir sind ziemlich aufgebracht.« Harkins Gabel knallte hart auf seinen Teller, die Garnele flog herunter und landete auf dem Fußboden. Er warf seine Serviette auf den Tisch und murmelte etwas völlig Unverständliches. Er sah die drei Frauen an, wölbte die Augenbrauen und sagte:
    »Los, sehen wir nach.« Er stand auf, die Frauen folgten ihm, und alle fünf stürmten aus dem Restaurant.
    Lou Dell und Willis waren nirgendwo zu sehen, als Nicholas und Richter Harkin und die drei Frauen den Korridor betraten und die Tür zum Geschworenenzimmer öffneten. Der Tisch war leer - kein Essen. Es war fünf Minuten nach eins. Die Geschworenen verstummten und starrten Seine Ehren an. »Wir warten seit fast einer Stunde«, sagte Nicholas und deutete auf den leeren Tisch. Wenn die anderen Geschworenen erstaunt waren, den Richter hier zu sehen, dann verwandelte ihre Verblüffung sich rasch in Zorn.
    »Wir haben ein Recht auf anständige Behandlung«, fauchte Lonnie Shaver, und das gab Richter Harkin den Rest. »Wo ist Lou Dell?« fragte er in Richtung der drei Frauen. Alle schauten zur Tür, und plötzlich kam Lou Dell angerannt. Sie blieb wie angewurzelt stehen, als sie Seine Ehren sah.
    Harkin musterte sie kalt.
    »Was geht hier vor?« fragte er entschlossen, aber beherrscht. »Ich habe gerade mit dem Imbiß gesprochen«, sagte sie, atemlos und verängstigt, mit Schweißperlen im Gesicht. »Da ist irgend etwas schiefgelaufen. Sie behaupten, jemand hätte angerufen und gesagt, der Lunch würde erst um halb zwei gebraucht.«
    »Diese Leute sind am Verhungern«, sagte Harkin, als wäre das nicht auch Lou Dell inzwischen bekannt. »Halb zwei?« »Es ist nur ein Mißverständnis. Da muß jemand etwas durcheinandergebracht haben.«
    »Welcher Imbiß?«
    »O'Reilly's.«
    »Erinnern Sie mich daran, daß ich mit dem Besitzer spreche.« »Ja, Sir.«
    Der Richter wandte seine Aufmerksamkeit den Geschworenen zu. »Das tut mir alles sehr leid. Es wird nicht wieder vorkommen.« Er schwieg eine Sekunde, sah auf die Uhr, dann lächelte er sie freundlich an. »Ich lade Sie ein, mir zu Mary Mahoney's zu folgen und mir beim Essen Gesellschaft zu leisten.« Er wandte sich an seine Sekretärin und sagte: »Rufen Sie Bob Mahoney an und sagen

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