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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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wollte.«
    Freeman wirkte aufgeregt, und er hatte Grund dazu. Falls die Staatsanwaltschaft nachweisen konnte, daß Jennifer um 9:30 Uhr zu Hause gewesen war - und bis dahin war den Unterlagen nichts zu entnehmen, daß sie dies könne -, dann wäre das höchst unangenehm.
    Villars rollte fast mit den Augen. »Ich bin sicher, daß Mr. Powell das anders formulieren wird.«
    Powell, der sich nicht aus dem Tritt bringen ließ, lächelte Rivera an und sagte: »Dr. Witt reichte also das Paket an den Jungen hinter der Tür weiter. Hat der Junge dann irgendwas gesagt?«
    »Er sagte: Ich werd das Mom zeigen .«
    Powell wandte sich Freeman zu und hielt inne, um sicherzugehen, daß die Geschworenen begriffen, was Rivera gesagt hatte. »Ihr Zeuge.«
    Das war ein klassisches Exempel, dachte sich Hardy, warum Prozesse so suchterzeugend wie nervenaufreibend waren. Freeman hatte sich zweimal mit Rivera unterhalten, und der war immer ganz sicher bei seiner Aussage geblieben - er hatte Jennifer nicht zu Gesicht bekommen. Er wollte zum Wagen zurück und den Golden Oldie hören, eine Reise nach Hawaii gewinnen. Er hatte maximal eine Minute lang mit Dr. Witt an der Tür zu tun gehabt.
    Also hatte Freeman in diesen Unterhaltungen auf nichts anderes abgezielt, als den Zeitpunkt der Paketübergabe zu klären - ob Matt nach oben gerannt war und nach seiner Mutter rief, hatte überhaupt nicht zur Debatte gestanden.
    Der alte Bär stand langsam auf, doch in dem Moment, als er seinen Platz vor dem Zeugentisch erreicht hatte, wies nichts darauf hin, daß er soeben einen Schlag hatte einstecken müssen. Er schenkte dem Zeugen ein Lächeln, nickte der Jury zu. »Mr. Rivera, wir haben uns ein paarmal im Verlauf der letzten Monate unterhalten, richtig?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Und habe ich Sie bei diesen Unterhaltungen jemals danach gefragt, ob Sie Jennifer Witt gesehen haben, als Sie das Paket am 28. Dezember abgeliefert haben?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Und was haben Sie geantwortet?«
    »Ich habe gesagt, daß ich sie nicht zu Gesicht bekommen habe.«
    »Haben Sie sie gehört? Sang sie beispielsweise unter der Dusche oder etwas Ähnliches? Räumte sie die Möbel um?«
    Freeman nützte hier die Regel aus, derzufolge die Verteidigung Zeugen im Kreuzverhör bei der Hand nehmen durfte, und außerdem verfiel Freeman auf seinen neckischen Ton, um mit Fred wieder einen lockeren Umgang hinzubekommen und ihm zu zeigen, was er für ein umgänglicher Zeitgenosse sein konnte.
    Er bekam seine kleine Belohnung. Rivera grinste und entspannte sich. »Nein, ich habe niemanden gehört, der gesungen oder irgendwelche Möbel umgeräumt hat.«
    »Als der Junge fortlief, rief er da nach seiner Mutter? Lief er die Treppe hoch und rief Mom! oder so etwas in der Art?«
    Eine riskante Frage - falls die Antwort Ja lautete, wäre das fatal. Aber angesichts des verklemmten Umgangstons im Hause Witt, der ihnen bestens bekannt war, würde sich das Risiko lohnen, dachte Hardy.
    Rivera überlegte einen Augenblick. Hardy blickte hinüber zu den Geschworenen. Sie ließen sich auch nicht die kleinste Kleinigkeit entgehen. Alle sahen Rivera an. »Nein, daran kann ich mich nicht erinnern.«
    Nachdem der Schaden vielleicht einigermaßen behoben war, erlaubte sich Freeman eine Verschnaufpause. »Lassen Sie uns bitte auf das zurückkommen, was Matt zu seinem Vater gesagt hat. Können Sie uns noch mal sagen, was das war?«
    Da er diese neue Falle erkannte, sprang Powell auf die Füße. »Das steht im Protokoll, Euer Ehren. Die Stenographin kann vorlesen, was Mr. Rivera gesagt hat.«
    Villars erwog Powells Einspruch eine Idee zu lange, was Freeman Unbehagen bereitete. Und weil er wußte, daß Fallensteller sich manchmal in der eigenen Falle fingen, zog er die Frage zurück. Er hatte kein Interesse daran, daß die Geschworenen noch einmal hörten, wie Matt gesagt hatte, »ich werde das Mama zeigen«. Er hatte nur ein wenig im Trüben gefischt und gehofft, daß Fred dieselbe Aussage etwas umformulieren würde, vielleicht so etwas vorbrächte wie »Mal sehen, wie das Mama gefällt, wenn sie heimkommt«. Aber soviel Dusel hatte er nicht.
    Lächelnd wandte sich Freeman wieder an den Zeugen. »Um es also zusammenzufassen, haben Sie Jennifer Witt um 9:30 Uhr nicht im Haus gesehen?«
    »Das ist richtig.«
    »Sie haben Sie auch nicht gehört?«
    »Nein, das hab ich nicht.«
    Freeman machte eine Pause und merkte, daß er nichts Besseres herausschlagen würde und daß das nicht allzu gut war. Also warf er

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