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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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nutzte die Gelegenheit, die er dadurch geschaffen hatte, um nach vorn zu preschen, ohne dabei unterbrochen zu werden. »Wir haben eine Pistole in einem Müllcontainer, genau wie wir Jahre früher eine Nadel in einem Bein hatten.« Freeman wandte sich direkt an die Jury, hob plötzlich die Stimme, klang plötzlich zornig. »Sie sehen, was er da macht, oder etwa nicht? Mr. Powell läßt dauernd die handelnden Personen aus dem Spiel, die diese Gegenstände an ihr Ziel bringen. Er möchte, daß Sie annehmen, daß es Jenni fer Witt gewesen ist, und das darf er nicht tun.« Bumm bumm bumm.
    Powell war aufgesprungen. »Einspruch! Euer Ehren ...« Villars klang verärgert: »Mr. Freeman, reißen Sie sich zu sammen. In diesem Stil sprechen Sie nicht mit den Geschwo renen. Die Gerichtsstenographin wird die letzten Bemerkun gen aus dem Protokoll streichen.«
    Aber Freeman sprach mit unverminderter Lautstärke wei ter, empört, außer sich. »Euer Ehren, es geht hier um das Leben meiner Mandantin, und es gibt keinerlei Beweise dafür, daß Jennifer Witt diese Waffe auch nur in der Hand gehalten hat, die aus irgendeinem Grund in dem Container gelandet ist.«
    »Euer Ehren!« Powell war um seinen Tisch herumgegan gen, stand jetzt in der Mitte des Gerichtssaals. »Ihre Fingerab drücke befanden sich auf der Waffe.«
    Villars benutzte wieder ihren Hammer. »Setzen Sie sich, Mr. Powell, darüber debattieren wir jetzt im Augenblick nicht.« Sie zeigte mit dem Finger. »Sie, Mr. Freeman, beneh men sich daneben. Sind Sie jetzt mit dem Zeugen fertig oder nicht?«
    »Ich bin außer mir ...«
    Villars knallte den Holzhammer auf den Tisch, daß das Echo in dem weiten, hohen Saal widerhallte. Neben Hardy zuckte Jennifer zusammen.
    »Etwas anderes als Ja oder Nein, und Sie sitzen im Gefäng nis, Mr. Freeman.«
    Plötzlich hatte sich Freeman wieder im Griff. Er nickte, schluckte kräftig. »Jawohl, Euer Ehren.«
    »Jawohl was?«
    »Jawohl, ich bin mit dem Zeugen fertig.«
    Die Richterin hielt noch immer den Hammer in der Hand, war bereit, ihn wieder auf den Tisch zu knallen. Aber die Krise war vorbei, Powell saß wieder an seinem Platz, Freeman ging soeben zu dem seinen zurück.
    Villars betrachtete sich von ihrer Richterbank aus einge hend den Saal. Da niemand anderer da war, den sie anspre chen konnte, sah sie auf Mr. Parmentier hinunter. »Der Zeuge ist entlassen«, sagte sie. »Die Verhandlung wird kurz unterbrochen.«
    »Sie hassen Sie«, sagte Jennifer.
    Freeman spazierte vor dem Fenster herum, sah hinaus, dann wieder ins Zimmer, war mit sich selbst zufrieden. Er, Hardy und Jennifer hatten sich für die Verhandlungsunterbrechung in ihren halbprivaten Beratungsraum hinter dem Bereich der Justizwachtmeister zurückgezogen.
    »Ich glaube nicht, daß die Geschworenen ihn hassen«, sagte Hardy.
    »Sie lieben mich«, verkündete Freeman.
    »Aber Mr. Powell hat recht.« Jennifer saß auf dem Schreib tisch, hatte die Arme verschränkt und die Beine übereinandergeschlagen. »Es gibt etwas, das mich und diese Waffe in Verbindung bringt - sie gehört mir und Larry -, auch wenn ich sie nicht in den Müllcontainer geworfen habe. Es ist nicht dasselbe wie bei der Nadel.«
    »Das ist unerheblich«, sagte Freeman. »Nach dem, was die Richterin bei Ned verfügt hat, wird jedermann in der Jury das in Erinnerung behalten haben. Sie werden denken, daß es wieder einmal ein trickreicher Winkelzug von Powell ist, weil sie genau danach suchen werden. Ich denke, wir haben sie jetzt...«
    Hardy stand mit den Händen in der Hosentasche neben der Tür, war ganz Aug und Ohr. »Da geht es um grundverschiedene Tatsachen, David. Ich denke, die Jury wird sich an die Tatsachen halten.«
    Freeman tigerte zurück ans Fenster, blickte hinaus und nach unten. »Ihr seid ein Haufen von Spielverderbern.«
    Es klopfte, und die Tür ging auf. Einer der Justizwachtmeister steckte den Kopf herein, warf Hardy einen Blick zu und sagte zu Freeman, daß die Richterin sich gerne mit ihm in ihrem Zimmer unterhalten würde.

35
    Hardy beschloß, daß es eine gute Idee wäre, am Olympia Way vorbeizufahren und eine Stunde am frühen Morgen damit zu verbringen, seine Notizen noch einmal durchzugehen und darauf zu hoffen, daß die Phantom-Joggerin erneut auftaucht. Falls sie diese Strecke auch nur einigermaßen regelmäßig lief, bestand durchaus die Chance, daß sie ihnen nützlich sein konnte. Die Verteidigung würde in der nächsten Woche ihr Eröffnungsplädoyer halten, und er wollte,

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