Das Urteil
den Geschworenen ein zuversichtliches Grinsen zu und sagte zu Rivera: »Danke sehr, Sir. Keine weiteren Fragen.«
Powell, der Blut geleckt hatte, stand rasch auf und sagte, daß er noch eine kurze Frage oder auch zwei im Anschluß an das Kreuzverhör stellen wollte. »Mr. Rivera, als Matt mit dem Paket weglief, was tat Dr. Witt?«
»Was er getan hat? Ich glaube, er hat das Klemmbrett genommen, auf die Uhr geschaut, unterschrieben und es mir zurückgegeben.«
»Hat er mit seinem Sohn geredet?«
»Nein, ich hab Ihnen ja gesagt, daß der Junge hinter ihm weglief.«
»Ja, das haben Sie gesagt. Er hat den Jungen aber nicht beispielsweise daran erinnert, daß seine Mutter nicht zu Hause war?«
»Einspruch!« Freeman war wie aus der Kanone geschossen aufgesprungen.
Villars zeigte auf Powell. »Stattgegeben. Mr. Powell. Sie wissen doch, daß das nicht korrekt ist. Streichen Sie die letzte Frage.« Und sie wies die Geschworenen an, dieser Frage keine Beachtung zu schenken, was diese auch versuchen würden. Aber Powell hatte noch etwas mehr Schaden angerichtet, und er wußte es, als er den Zeugen freundlich entließ.
Freeman kochte vor Wut. Trotz Jennifers Einwänden hatte er darauf bestanden, daß Hardy und er in die Kanzlei in der Sutter Street zurückfuhren. Er mußte Dampf ablassen und wollte es nicht vor seiner Mandantin tun. »Er hat nie, kein einziges Mal erwähnt, daß Matt irgend jemandem irgendwas zeigen wollte!«
Hardy trank Preiselbeersaft aus der Flasche und angelte sich Salzbrezeln aus einer Tüte in der Mitte des Konferenz- tischs. »Na ja, er hat es heute getan, David. Haben Sie ihn da nach gefragt?«
»Scheiße.«
»Soll das heißen, Sie haben es nicht getan?«
Nichts dämpfte Freemans Appetit, wie es aussah. Er aß ein Roggenbrötchen mit Leberwurst und Zwiebeln und trank dazu eines der beliebten alkoholfreien Biere, die in San Fran cisco so überaus politisch korrekt, aber in Hardys Augen ein Fluch waren. »Ich habe ihn zehnmal gefragt, ob er Jennifer ge sehen hat. War Jennifer da? Sind Sie sicher, daß Sie sie nicht gesehen haben?«
»Glauben Sie denn, daß sie zu Hause gewesen ist?« Free man schluckte den Bissen herunter, auf dem er herumkaute. »Die Geschworenen denken, daß sie zu Hause gewesen ist, Diz. Wir müssen sie davon überzeugen, daß sie nicht zu Hause gewesen ist, denn wenn doch, raten Sie mal.«
Hardy wußte die Antwort auf diese Frage nur zu genau. Er saß einen Augenblick lang da, und ein Teil von ihm genoß das Schauspiel, daß Freeman die übliche Arroganz im Hals stecken blieb, weil er das Opfer seiner eigenen Nachlässigkeit geworden war.
Nach dem Mittagessen hakten sie erneut Dr. Strout, den amt lichen Leichenbeschauer, ab, der diesmal seine Zeugenaussage ohne Zwischenfälle machte. Es war keine Überraschung, daß sowohl Larry als auch Matt aus nächster Nähe mit Larrys Pistole erschossen worden waren und beinahe auf der Stelle ihren Verletzungen erlagen. Freeman hätte das meiste von dem, was Strout zu sagen hatte, ohne Befragung gelten lassen können, aber er klammerte sich an die winzige Hoffnung, daß der Pathologe wieder einmal einen Unterton in seine Aussage legen würde, der Zweifel an den wichtigsten und unstreitigen Fakten aufkommen ließe. Das passierte aber nicht.
Es hatte wenig Sinn, die Geschworenen zu langweilen. Freeman war bereit, das Ergebnis des gerichtsmedizinischen Berichts zu akzeptieren, demzufolge Larrys Pistole als die Mordwaffe identifiziert worden war. Was freilich die Fingerabdrücke anging, hatte er ein paar Ideen.
Die Zeugin hierzu war Aja Farek, die Spezialistin der Kriminalpolizei, eine attraktive Pakistanerin von etwa fünfunddreißig Jahren. Powell hatte ihr die Aussage entlockt, daß Jennifers Fingerabdrücke sowohl auf den Patronenhülsen als auch auf dem Magazin, in dem sie steckten, nachgewiesen worden waren.
Freeman schlurfte ins Zentrum der Bühne. »Mrs. Farek, haben Sie sonst irgendwelche Fingerabdrücke außen auf der Pistole gefunden - am Lauf, am Kolben, sonst irgendwo?«
»Nein. Abgesehen von denen der Person, die die Waffe gefunden hat, versteht sich.«
»Die Person, die die Waffe gefunden hat? Wer war das?«
Mrs. Farek zog ihre Unterlagen zu Rate. »Sein Name ist Sid Parmentier. Er ist der Mann, der die Waffe in dem Müllcontainer gefunden hat, glaube ich.«
»In dem Müllcontainer? In was für einem Müllcontainer?«
Freeman wußte alles über den Müllcontainer. Trotzdem zog er die Augenbrauen hoch und schloß
Weitere Kostenlose Bücher