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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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zwar während einer fünfzehnminütigen Pause, nach der Hardy Ali Singh aufrufen und alles auf eine Karte setzen würde.
    »Jennifer, ist Ihnen denn nicht klar, daß die Leute da draußen versuchen, sich einen Begriff davon zu machen, wer Sie sind? Genau darum geht es letztlich. Und Sie nennen Powell vor aller Welt Arschloch, Sie benutzen den Sachverständigen der Staatsanwaltschaft als Aschenbecher und reden davon, daß Sie notfalls andere Leute umbringen würden. Sie schaufeln sich selbst Ihr Grab, Jennifer, wissen Sie das eigentlich?«
    »Was soll ich denn sonst tun, eine Schau abziehen?«
    Es gab eine Zeit, in der er ihr genau das unterstellt hatte. Jetzt nicht mehr. »Ja! Das wäre großartig! Gerade jetzt würde ich liebend gerne sehen, wie Sie eine kleine Schau abziehen. Zeigen Sie den Leuten eine andere Jennifer, etwas Freundlichkeit hinter der rauhen Schale. Oder hören Sie endlich damit auf, so zu tun, als gehe Sie das alles nichts an.«
    »Warum? Warum soll ich es ihnen zeigen?«
    Hardy näherte sein Gesicht dem ihren. »Bitte. Uns bleiben nur noch ein paar Tage, Jennifer. Könnten Sie es mal versuchen ... ?« Er drehte sich um, von ihr weg. »Verdammt noch mal«, sagte er.
    »Sie sind böse auf mich.«
    Er ging hinüber zum Fenster, blickte hinaus auf die Schnellstraße, auf die Häuser mit den tristen Fassaden dahinter, auf den grauen Himmel.
    »Sie sind böse.«
    »Na schön, ich bin böse auf Sie. Na und?«
    Er merkte, daß sie näher kam, sich hinter ihn stellte. Sie preßte sich gegen seinen Rücken. Er spürte, wie ihre Hand sich zu seinem Bauch vortastete, dann weiter nach unten glitt.
    Er wirbelte herum, fuhr zurück, daß er gegen das Fenster stieß. »Was zum Teufel machen Sie da?«
    Sie sah zu ihm auf, machte ganz erstaunte Augen. »Seien Sie nicht böse auf mich«, flüsterte sie.
    Hardy versuchte, einen Schritt zurückzumachen, doch da war kein Platz. Sie trat noch einen halben Schritt näher an ihn heran, direkt an seinen Körper.
    Das durfte nicht geschehen. Eine Sekunde lang sah er kein Zimmer, kein Licht mehr. Er packte sie an den Schultern und stieß sie zurück, so fest er nur konnte. So schnell dies auch geschah, irgendwann mittendrin kam er halbwegs wieder zu sich und hielt Jennifer fest, verkniff es sich, sie quer durchs ganze Zimmer zu schleudern.
    Er hielt sie mit ausgestreckten Armen von sich fern. Als er wieder bei Besinnung war, merkte er, wie fest er sie an den Schultern gepackt hatte. Sie sah ihn an wie ein geprügelter Hund. Er ließ sie los. »Tun Sie das nie, nie wieder.«
    Sie wich zurück.
    Er mußte sich einfach noch einmal umdrehen, um irgend etwas außerhalb dieses Raumes wahrzunehmen. Der Nebel, dieselbe Schnellstraße, die Stadt dahinter. Er schnappte nach Luft, versuchte durchzuatmen, den rasenden Puls zu beruhigen.
    Hinter ihm flüsterte sie: »Es ist einfach nur ...« und brach ab. »Tut mir leid, vergessen Sie das Ganze.«
    Er stierte eine kleine Ewigkeit lang durchs Fenster hinaus aufs Nichts. Er wußte, sie würde sich jetzt nicht vom Fleck rühren. Sie wartete ab. Er holte noch einmal tief Luft und drehte sich dann um. »Sagen Sie nicht Es tut mir leid «, sagte er. Mit wackeligen Knien ging er quer durch den Raum zur Tür. Er ließ sie allein. Der Justizwachtmeister konnte auf sie aufpassen, bis die Verhandlung weiterging.
    »Sagen Sie nicht Es tut mir leid «, wiederholte er. »Ändern Sie sich.«
    Sie hatten sich wieder bei Villars im Zimmer versammelt. Powell hatte Hardy Ali Singh zehn Minuten lang befragen lassen, bevor er um diese nichtöffentliche Besprechung bat. Villars hatte - wie immer widerstrebend - eingewilligt.
    »Euer Ehren« - Powell stand neben Hardy vor Villars' Schreibtisch -, »die Anklagevertretung hat Mr. Singhs faszinierender Geschichte geduldig zugehört, aber ich sehe keinerlei Bedeutung, die das für unser Verfahren hätte. Wir haben schon einmal darüber debattiert, und Mr. Hardy sagt dauernd, daß er die Sache mit den Morden an den Witts in Verbindung bringen will. Ich glaube jedoch nicht, daß er das kann.«
    Villars dachte darüber nach, sagte dann: »Mr. Hardy, da muß ich zustimmen. Können Sie uns denn sagen, worauf Sie hinaus wollen?«
    Hardy überlegte eine Weile und präsentierte ihnen dann, so gut er konnte, die kurze Version - daß die Opfer in beiden Szenarios mit ihrer eigenen Waffe erschossen worden waren, der hohe Geldbetrag, der im Spiel war, der Verdacht der Polizei in Los Angeles, daß ein bezahlter Killer für den

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