Das Urteil
Kelso, den Supervisor in Los Angeles, bei seinem Wahlkampf finanziell unterstützt hatte als auch ein Mitglied des Aufsichtsrats der BMG war. Da mußte einfach eine Querverbindung bestehen. Er brauchte zehn Minuten mit Villars allein - er mußte sie dazu bringen, ihm zuzuhören.
»Euer Ehren, könnten wir vielleicht in camera miteinander reden?«
Villars lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Nein«, sagte sie. »In einem Fall, bei dem es um die Todesstrafe geht, gibt es nichts außer Protokoll. Niemand wird hier irgendwelche privaten Deals machen.«
Ihr Zorn auf Hardy war spürbar.
»Euer Ehren, ich muß etwas sagen.« Powell nutzte die Gesprächspause, höflich, aber bestimmt. Villars wandte sich ihm zu. »Ich hätte gern, daß Sie noch eine andere Möglichkeit in Betracht ziehen - wie auch Mr. Hardy es Ihnen soeben nahelegt. Und zwar folgende: Unabhängig von Ihrer Entscheidung und davon, wie die Geschworenen bei einem anderen Verlauf der Dinge geurteilt hätten, ziehen wir doch einmal die Möglichkeit in Betracht, daß Jennifers erster Ehemann, Ned, in der Tat vor zehn Jahren von dem gleichen Killer umgebracht wurde. Wenn wir das annehmen, könnte die Sache dann, um Mr. Hardys Worte zu benutzen, eine plausible Verteidigungsstrategie ergeben?« Powell fuhr herum und stellte sich direkt vor Hardy in Positur. »Das ist doch absurd. Das ist beleidigend.«
Villars hatte bereits jeden Hinweis darauf gegeben, daß sie genug hatte, doch Powells reductio ad absurdum traf den Nagel auf den Kopf. Die Richterin nickte, beugte sich vor. »Ich stimme Ihnen zu«, sagte sie. »Wissen Sie, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört, Mr. Hardy. Ich habe wirklich aufgepaßt. Ich habe mich doppelt und dreifach angestrengt, denn, wie Sie unterstreichen, geht es hier um einen Fall, in dem möglicherweise die Todesstrafe verhängt wird. Aber ich kann einfach beim besten Willen keinen Grund dafür erkennen, weshalb dies zugelassen werden sollte.«
»Euer Ehren, es muß eine Verbindung geben.« Glaubte er das wirklich? Oder hatte seine Verzweiflung das Wort ergriffen? »Geben Sie mir eine Verhandlungsunterbrechung für ein paar Tage, ich werde nach Los Angeles fliegen ...«
»Euer Ehren, bitte!«
Sie hielt eine Hand hoch, hatte Powells Einwurf nicht nötig. »Das wird nicht geschehen. Wir haben bereits mehr als zwei Monate des Lebens der Geschworenen in Anspruch genommen.« Sie setzte sich in ihren Sessel zurück, immer noch in ihrer Amtstracht und mit ernstem Gesicht. Sie senkte die Stimme, was ihr eher noch mehr Autorität verlieh, obwohl sie das nicht nötig hatte; es gab keinerlei Zweifel daran, wer in Villars' Räumen der Boß war. »Wissen Sie, Mr. Hardy, ich habe versucht herauszufinden, was für ein Mensch Sie sind. Ich habe gehört, daß Sie ein ziemlich guter Staatsanwalt waren, als Sie für die Justizbehörden gearbeitet haben. Sie machen den Eindruck, ein aufrichtiger Mann zu sein. Sie scheinen hart zu arbeiten. Doch immer wieder während dieses Prozesses ist mir Ihre Weigerung gegen den Strich gegangen, zu akzeptieren, wie wir es in diesem Staat oder in jedem anderen Staat, der mir bekannt ist, nun einmal halten. Im Verlauf der vergangenen Wochen habe ich mir anhören müssen, daß ich mich Ihnen gegenüber feindselig verhalten und daß das meine Entscheidungen beeinflußt hätte. Dann tischen Sie uns dieses BWG-Gespenst auf, das Sie nur einmal thematisieren und dann, ohne Beweise beizubringen, wieder fallenlassen. Heute haben Sie Ihre erste wirkliche Gelegenheit, um etwas vorzubringen, was Ihrer Mandantin helfen könnte, irgendwelche Zeugen, die sich über ihren Charakter oder ihren sozialen Background oder irgend etwas anderes positiv äußern könnten ...«
»Euer Ehren ...«
Villars schlug mit der Hand auf den Schreibtisch, hob jedoch nicht die Stimme. »Mr. Powell hat recht. Die Phase der Schuldfindung ist beendet. Wir haben uns strikt an die Regeln gehalten. Ihre Partei hat verloren. So halten wir die Sache nun einmal. Deswegen ist sie auch gerecht.«
Hardy wartete einen Moment lang ab, um sicherzugehen, daß er sie nicht unterbrach, daß sie fertig war. »Es mag ja gerecht sein, Euer Ehren, aber die Entscheidung war falsch. Jennifer hat ihren Ehemann und ihren Sohn nicht umgebracht ...«
»Dann beweisen Sie das, wenn dieser Teil des Prozesses vorbei ist. Ich versichere Ihnen, wenn Sie einen anderen Mörder finden, wird Mrs. Witt freigelassen. Doch bis dahin ist es Ihre Aufgabe, für eine Strafmilderung zu
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