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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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weh, wenn man lacht«, sagte sie. »Ich meine, wenn man auf seinen Ehemann mit dem Messer losgeht. Ich denke, es heißt, daß die Ehe vorbei ist. Jetzt weiß ich nicht, was ich unternehmen soll. Was wird geschehen?«
    Hardy mußte das nicht für sie beantworten, und abgesehen davon, hielt er es für das Beste, wenn sie das selbst herausfand. Seiner Meinung nach hatte sie ihre Sache bis jetzt nicht so schlecht gemacht. »Was sagt die Polizei?« fragte er. »Wird man Anklage gegen Sie erheben?«
    »Angeblich nicht. Vorerst jedenfalls noch nicht.« Sie besah sich ihren Körper, der jetzt unter der Bettdecke lag. »Sie sagen, Phil hätte mich womöglich totgeschlagen. Ich glaube, er hat einfach nicht begriffen ...« Sie fiel sich selbst ins Wort. »Nein. Ich werde das nicht länger machen. Nicht mehr. Er wußte, was er tat, er schlug einfach immer weiter zu. Ich hab ihn gebeten aufzuhören, ich hab ihn angefleht...«
    »Und das ist es, was Sie der Polizei erzählt haben?«
    »Das ist es, was passiert ist«, sagte sie. Sie sah ihm in die Augen. »Also wann soll ich vor Gericht aussagen?«
    »Wann kommen Sie denn raus?«
    Sie schüttelte trotzig den Kopf. Ein Echo von Jennifer. »Nach dem hier ...« Sie setzte von neuem an. »Sie sagen mir einfach, wann Jennifer mich braucht, und ich werde kommen, und wenn ich auf allen vieren kriechen muß.«

46
    Am Mittwoch nachmittag beendete die Anklagevertretung ihre Zeugenvernehmung. Fast vier Tage lang hatte Powell grundsolide Zeugen aufgerufen. Daß sich keiner von ihnen als Eiferer hervortat, war bemerkenswert; der Ankläger hatte sie immerhin in den Zeugenstand gerufen, weil er die Geschworenen dazu bringen wollte, die Todesstrafe zu verhängen.
    Die Geschworenen hatten augenscheinlich gebannt zugehört, als der von Powell aufgerufene Psychiater seine professionelle Meinung - die er nach drei Gesprächen mit Jennifer gewonnen hatte, bei denen sie, wie er es nannte, unkooperativ geblieben war - darlegte: Jennifer sei unverbesserlich asozial, unzugänglich, feindselig, gefährlich.
    Eine derartige Darstellung durch einen Psychiater wäre überhaupt nicht zulässig gewesen, es sei denn, daß Hardy das Thema seinerseits aufgebracht hätte, indem er einen eigenen Psychiater als Zeugen berief; doch Jennifer hatte der Anklagevertretung einen großen Gefallen getan, indem sie deren Psychiater attackiert hatte. Und infolgedessen war die Zeugenaussage zulässig, ob Hardy nun einen Psychiater aufrief oder nicht. Während des letzten Gesprächs mit dem Psychiater hatte sie diesem nämlich eine Brandwunde zugefügt, indem sie ihre Zigarette auf seinem Handrücken ausdrückte. (»Ich habe ihn kaum berührt. Außerdem hat er mich gefragt, ob ich Matt womöglich umgebracht habe, um ihm den Mund zu stopfen, weil ich ihn sexuell mißbraucht hätte! War das etwa eine Möglichkeit, die ich bisher nicht wahrhaben wollte? Hatte ich etwa Angst, mich dem zu stellen?«)
    Dann kam Rhea Thompson, die Frau aus dem Gefängnis, die im vergangenen Frühjahr mit Jennifer die Identität getauscht hatte, damit diese ausbrechen konnte. Hardy hatte den Verdacht, daß Rhea eine gewiefte Opportunistin war, die ihre Information freiwillig preisgegeben hatte, um für sich selbst bessere Konditionen herauszuschlagen. Doch als sie der Jury erzählte, daß Jennifer geäußert hatte, sie würde »einfach jedermann umbringen müssen«, der sich ihr bei der Flucht in den Weg stellte, wirkte es durchaus glaubwürdig.
    »Das war doch nur ein Scherz. Das war doch jedem klar«, hatte Jennifers Kommentar gelautet.
    Wenn Jennifers Leben zu Hause mit ihren Ehemännern Parallelen zu dem aufwies, wie sie sich Hardy gegenüber verhielt - zu gleichen Teilen schlechtes Benehmen und schlechtes Urteilsvermögen -, dann glaubte er einen Begriff davon zu bekommen, wie sie die Männer unter Umständen gereizt haben mochte. Natürlich war es nicht so, daß er ihnen verziehen hätte, nicht, daß es auch nur eine Minute lang akzeptabel ge wesen wäre, aber so viel von dem, was Jennifer tat, schien eine selbstzerstörerische Qualität zu haben. Es hatte ganz den Anschein, als ob es ihr ein inneres Bedürfnis sei, zu verlieren und sich in eine Position hineinzubugsieren, von der aus sie sagen konnte: Siehst du, ich hab dir doch gesagt, daß ich nichts tauge. Und das zu beweisen, beherrschte sie anscheinend am allerbesten.
    Hardy kam zu dem Schluß, daß es an der Zeit war, mit Jennifer Klartext zu reden.
    Sie saßen gerade in ihrer Suite und

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