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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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Mord zweiten Grades angesagt war. Aber in dem Fall hier ...« Er ließ den Satz in der Schwebe, schüttelte den Kopf. »In dem Fall hier haben wir Jennifer und Jennifers Waffe und Jennifers mutmaßliches Motiv. Wir brauchen sehr dringend irgendwen anderen, auf den wir mit dem Finger zeigen können.«
    »Der berühmte andere Kerl.« Hardy kam hinter seinem Schreibtisch hervor und blätterte in seinem gelben Notizblock. »Genau das ist es, was ich die ganze Zeit über gemacht habe, David. Das Problem ist nur, daß es nicht gerade eine Menge gibt. Vorerst dürfte es Sie beruhigen, zu erfahren, daß ich nicht nur zum Zeitvertreib Darts werfe. Ich habe eine Verabredung in einer anderen Sache. Tatsächlich war die Verabredung vor rund einer Viertelstunde angesetzt, aber Mr. Frankl hat sich verspätet.«
    Freeman, am Fenster stehend, drehte sich halb um. »Wer ist Frankl?«
    »Mein Mandant wegen Trunkenheit am Steuer. Er will den Prozeß durchziehen.«
    »Der Kerl mit den 1,6 Promille?« In Kalifornien genügten 0,8 Promille, um wegen Trunkenheit am Steuer verurteilt zu werden. Wenn dieser Sachverhalt unstrittig war, war man schuldig.
    Hardy nickte. »Er sagt, er hat sich eine überzeugende Verteidigung ausgedacht.«
    »Für Trunkenheit am Steuer? Die würde ich gerne hören. Das könnte uns zu reichen Leuten machen.«
    Das Telefon auf Hardys Schreibtisch klingelte. »Das ist er. Ich halte Sie auf dem laufenden.«
    Freeman verließ gerade den Raum, als Hardy abhob. Aber es war nicht Mr. Frankl. Es war Sam Bronkman von der Mission Hills Clinic, und ihm war soeben etwas Persönliches zu Larry Witt eingefallen, das Hardy interessieren könnte.
    Am späten Nachmittag parkte Hardy sein Auto im langen Schatten der Mission Hills Clinic. Der Abendwind zerrte an seinem Sakko, als er ausstieg und sich anschickte, erneut die Reihe der Demonstranten zu durchqueren. Dieselben Leute, dasselbe Gebäude, derselbe Wind.
    Im dunklen Warteraum vor der Abteilung Geburtshilfe/Gynäkologie war kein Mensch zu sehen, auch die Jalousie hinter dem Schalter bei der Anmeldung war heruntergelassen. Hardy spürte, wie sich seine Muskeln verkrampften, und um ein Haar hätte er kehrtgemacht, doch dann rang er sich dazu durch, an die Glasscheibe zu klopfen. Nun war er einmal hier. Da konnte er sich ebensogut vergewissern.
    Er bemerkte einen Spalt in der Jalousie, und dann gingen die Lamellen auf. Sam lächelte und winkte ihm zu, deutete auf die Tür zu den Verwaltungsräumen und schloß die Lamellen wieder. Hardy durchquerte den Raum.
    Die Tür ging einen Spalt auf, und Sams Kopf tauchte auf, wie bei einer Schildkröte, die aus ihrem Fenster vorlugt. Sam packte Hardy am Arm und zog ihn durch die Tür. »Die Luft ist rein«, sagte er. »Sie würden es nicht glauben. Wir machen um halb fünf dicht. Die Leute kommen um fünf Uhr angetanzt und denken sich, wir warten nur auf sie. Wenn man den Schalter besetzt läßt, sitzt man die ganze Nacht hier.«
    Sam geleitete ihn unter unablässigem Geplapper in einen Aufenthaltsraum für das Klinikpersonal - gelbe Plastikstühle, weißlackierte Metalltische, Getränkeautomaten, ein Mikrowellenherd. Es war ein Zimmer ohne Fenster, in dem sich niemand aufhielt. Sie setzten sich an einen der Tische.
    »Ich hätte mich schon daran erinnern sollen, als Sie das letzte Mal hier waren, besonders als Sie das mit den persönlichen Sachen ansprachen, aber ...« - Sam schnippte mit den Fingern ... »... das Gehirn, manchmal will's einfach nicht so recht. In einem Moment ist man voll auf Draht, im nächsten ...« - seine Hände beschrieben einen Explosionspilz - »puff, niemand zu Hause.«
    »Geht schon in Ordnung, Sam. Ich bin sehr dankbar, daß Sie mich angerufen haben, als es Ihnen wieder eingefallen ist, und Ihnen ist doch etwas eingefallen?«
    Sam nickte nachdrücklich. »Übers Wochenende. Haben Sie den Zeitungsartikel gelesen über den Senator, der nicht erlaubt hat, daß seine Tochter eine Abtreibung vornehmen läßt? Na ja, jedenfalls ... ich war bei Jason - Jason ist mein Freund -, und ich hab gelesen, und plötzlich, es war, ich weiß nicht recht, wie eine Vision oder sonst was, einfach...« - erneut ließ er die Hände flattern- »peng, da war's wieder.«
    Hardy lächelte. »War was wieder, Sam?«
    »Dr. Witt. Genau dieselbe Sache.«
    »Dr. Witt hatte eine Tochter?«
    »Nein. Unmöglich.« Sam streckte die Hand vor und patschte Hardy auf den Arm. »Nein, hören Sie, die persönliche Sache, die Verbindung ist folgende -

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