Das Vamperl
trinken?«
Frau Anna und Frau Maringer blickten einander an.
»Nein, danke«, sagte Frau Maringer streng. »Wir müssen mit Ihnen reden.« »Bitte sehr«, sagte Frau Lizzi. Sie bot den beiden
Damen Stühle an.
Frau Anna wollte sich schon setzen, aber Frau Maringer schüttelte den Kopf. Da richtete sich auch Frau Anna wieder auf. »Sie
kennen doch die Hausordnung?«, fragte Frau Maringer.
»Natürlich kenne ich sie«, sagte Frau Lizzi. »Wenn es um den Kellerschlüssel geht, den habe ich vor meiner Abfahrt...«
Frau Anna unterbrach sie: »Es geht nicht um den Kellerschlüssel.« Frau Maringer räusperte sich. Frau Anna verstummte. »Sie
wissen doch, dass das Halten von Haustieren ohne ausdrückliche Genehmigung des Hausbesitzers verboten ist?«, fragte Frau Maringer.
»Natürlich«, sagte Frau Lizzi.
»Ebenso wie jegliche Gefährdung anderer Hausbewohner strengstens untersagt ist«, fuhr Frau Maringer fort.
»Selbstverständlich«, sagte da Frau Lizzi. »Verzeihung, ich muss nur die Tür zumachen. Es zieht hier so.« Sie schloss die
Tür zum Zimmer. Fang bloß nicht an zu fiepen, dachte sie. Sie atmete tief ein. »Wenn es um das Tier geht«, begann sie, »können
Sie ganz beruhigt sein.«
Frau Anna seufzte erleichtert auf. Sie wandte sich an Frau Maringer: »SehenSie? Ich war ja gleich dagegen, zur Polizei zu gehen. Aber Sie müssen ja immer mit großem Geschütz auffahren.« Frau Maringer
runzelte die Stirn. »Wieso ich? Sie haben gesagt, dass Sie kein Auge zutun werden!«
Die beiden musterten einander giftig.
Frau Maringer tappte ungeduldig mit dem Fuß. Dann sagte sie: »Übrigens hat Ihr lieber Flocki erst unlängst wieder vor meiner
Tür... Sie wissen schon!«
»Mein Flocki!«, rief Frau Anna entrüstet. »Passen Sie doch besser auf Ihren Bello auf! Erst neulich hat er meinen Flocki angeknurrt
und angefletscht, dass der Arme vor Schreck drei Stufen hinuntergefallen ist. Ich musste mit ihm zum Tierarzt gehen!«
Die beiden Frauen kamen immer mehr in Fahrt.
Erst als Frau Lizzi sie zu beruhigen versuchte, wandten sie sich wieder an sie.
»Es war ja auch Ihretwegen, Frau Lizzi«,sagte Frau Anna. »Weil es doch schade wäre um Sie. Sie nehmen es uns doch nicht übel, nicht wahr?«
Frau Maringer trat einen Schritt vor. »Was ich noch fragen wollte: Wie haben Sie denn – die Angelegenheit erledigt, Frau Lizzi?«
Frau Lizzi war nahe daran, sie hinauszuwerfen.
Dann überlegte sie: Das bringt doch nur neuen Ärger.
Frau Maringer blickte erwartungsvoll.
»Jetzt ist aber Schluss!«, sagte Frau Anna. »Sie merken doch, wie Sie die Frau Lizzi quälen. Hauptsache, sie hat es getan.
Ist doch egal, ob sie ihn ins Klo geworfen hat oder in den Müll, ob sie ihn zertreten oder...«
»Das ist ganz und gar nicht egal, meine gute Frau Anna! Aus der Mülltonne hätte er wieder herauskriechen können. Man wäre
seines Lebens nicht mehr sicher!« Frau Maringer ging einen Schritt näher zu Frau Lizzi und sah ihrtief in die Augen. »Sagen Sie mir ehrlich: Haben Sie ihn in den Mülleimer geworfen?«
»Nein«, sagte Frau Lizzi.
Und das war die reine Wahrheit.
Endlich gingen die beiden.
Frau Lizzi öffnete die Zimmertür wieder.
Der kleine Vampir hatte das Taschentuch fortgestrampelt. Frau Lizzi hoffte, dass er sich nicht verkühlt hatte. Die Sonne schien
schon lange nicht mehr auf das Fensterbrett.
Die spitze Vampirschnauze begann sich zu bewegen.
Die haarigen Beine begannen zu strampeln.
Die haarigen Arme begannen zu rudern.
Dann fiepte der Vampir. Das Fiepen war nicht laut, aber es war durchdringend.
Frau Lizzi rannte in die Küche und füllte Milch in die Puppenflasche. Sie steckte dem Vampir den Sauger in den Mund.
»Sei still! Sei um Himmels willen still! Das ist wichtig, verstehst du? Du musst es ganz einfach verstehen! Auch wenn du es
nicht verstehen kannst.«
Sie wiegte den kleinen Vampir hin und her.
»Dass ich die beiden angelogen habe, das tut mir gar nicht Leid. Die sind selbst schuld. Solche wie die muss man anlügen.
Weißt du, Kleiner, ich bin ja auch ganz schön erschrocken. Man isteben nicht gefasst auf einen wie dich. Aber wir schaffen das schon, wir zwei. Ich bitte dich nur um alles in der Welt, sei
still, wenn jemand da ist. Es darf dich keiner hören. Und erst recht keiner sehen. Die Leute haben keinen Sinn für eine Vampirschönheit,
verstehst du? Denn schön finden sie nur, was ihnen ähnlich sieht.«
Frau Lizzi wusste genau, dass der kleine Vampir sie
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